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Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Titel: Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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brauchte einen Dr. Antigonis, und es brauchte eine Esha Ness. Wer von den beiden nun auch immer die helle und wer die dunkle Seite der Macht vertrat.
    Jedenfalls war es einem symbiotischen Schwarzkäfer zu verdanken, daß Georg Stransky noch lebte. Desprez und seine Leute konnten Stransky nicht einfach mit Granaten bewerfen. Sie konnten nicht riskieren, einen cyborgschen Schlüsselanhänger zu zerstören, welchen sie, langsam vertrocknend, ihrer Chefin in Paris vorzulegen hatten. Spielstein acht.
    Desprez wollte warten, bis es dunkel war. Er war jetzt darauf angewiesen, den Vorteil der besseren Ausrüstung zu nutzen. Seine Leute verfügten über Nachtsichtgeräte und Blendgranaten, und ihre Waffen zeichneten hübsche rote Pünktchen auf die angepeilten Opfer. Und die Gegenseite? Nun, die Gegenseite besaß einen Spiridon Kallimachos. Die Gegenseite brauchte keine Nachtsichtgeräte.
    Dunkel wurde es in jedem Fall. Sehr dunkel. Nur noch ein schwacher Rest von Licht glimmte. Ein Marstag ging zu Ende. Die Dronten aber verblieben in einer ständigen Unruhe, einer Unruhe, die nicht ausartete, nicht zu einem Geplärr oder zu heftigen Bewegungen führte, aber auch in keinem Moment völlig zum Erliegen kam. Diese Kolonie erinnerte an ein städtisches Wohnhaus zu später Stunde, wenn ständig jemand aufs Klo ging oder sich im Bett wälzte oder im Kühlschrank nach dem Rechten sah.
    Lilli Steinbeck hatte mehrmals versucht, Dr. Antigonis via Satellit zu erreichen. Aber das kleine Gerät in der Art einer Puderdose funktionierte nicht. Das ist das Prinzip solcher Geräte: Gehässigkeit gegen die Menschen, die sie benutzen. Es ist die Gehässigkeit purer Technik. Ganz anders besagte Schlüsselanhänger.
    »Wir sollten langsam etwas unternehmen«, forderte Steinbeck. »Wenn wir hier einfach sitzen bleiben, wird uns Desprez bequem den Hals umdrehen.«
    »Ich will aber nicht«, erklärte Stransky, »daß wegen dieser dummen Sache auch nur eine Dronte noch stirbt.«
    Kallimachos sagte nichts. Am Boden sitzend, lehnte er gegen die Konstruktion des Solarmoduls und schlief. Eine rasche Flucht, wenn sie denn möglich war, kam nicht in Frage, nicht zusammen mit diesem Mann.
    Eigentlich rechnete Steinbeck damit, daß jeden Moment das Geräusch heraufziehender Helikopter erklingen und ein Spezialtrupp von Fallschirmjägern auf Seilen in die Höhle eindringen würde. Antigonis’ Leute natürlich. Denn es konnte doch beim besten Willen nicht sein, daß Esha Ness hartgesottene Elitesoldaten ins Rennen schickte, während sich Dr. Antigonis auf eine deutsche Polizistin und einen Hundertvierzigkilomann, so sehr jede Kugel diesen auch schneiden mochte, verließ. Das wäre ein merkwürdiges Ungleichgewicht gewesen.
    Doch genau so schien es zu sein. Niemand fiel vom Himmel, keine Fallschirmjäger, keine Topagenten, kein Stavros Stirling, kein Kommissar Pagonidis, nicht einmal Baby Hübner, keine Marsmännchen, keine Bombe, kein Meteorit.
    »Bedauerlich«, dachte Steinbeck, und zwar dachte sie vor allem an Stavros Stirling, den jungen Athener Polizisten mit den Porzellanaugen, welcher vielleicht gerade mit seiner Frau und dem schreienden kleinen Leon zusammen auf dem Sofa saß. Entnervt, mag sein. Aber wieviel besser war es, ein Kind, ein noch so anstrengendes, im Arm zu wiegen, als zwischen toten Dronten zu hocken und sich nicht auszukennen. Steinbeck wäre jetzt gerne Mutter gewesen. Nicht die Adoptivmutter einer großjährigen Tochter, die sie ja tatsächlich war, nein, Mutter eines Babys.
    Ihre innere Stimme aber meinte: »Das wünschst du dir immer, wenn du nicht weiter weißt.«
    Ja, da hatte die innere Stimme wohl recht.
    »Hey, Desprez!« rief Steinbeck in die Dunkelheit hinein. »Können Sie mir vielleicht erklären, warum Sie über eine ganze Mannschaft gutausgebildeter Raufbolde verfügen, während ich, eine Urlauberin – vergessen Sie das nicht! –, mich mit einem schlafenden Mann und einem unschuldigen Zoologen versteckt halte?«
    »Schlafender Mann?«
    »Kallimachos macht eine Pause«, erklärte Steinbeck.
    »Der ist auch der einzige hier, der sich so was leisten kann«, meinte Desprez.
    »Sie haben meine Frage nicht beantwortet. Warum?«
    »Weil Sie auf der Seite der Götter stehen. Götter leisten sich solche Extravaganzen. Jemand in den Krieg zu schicken, der nicht nach Krieg aussieht«, erklärte Desprez. Danach gab er seinen Leuten über Funk die Anweisung, sich bereitzumachen.
    »Na, wenn Sie recht haben«, meinte Steinbeck,

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