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Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Titel: Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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betrachte sich eine Prinzessin in ihrer Verwandlung zum grauhaarigen Konzernchef – erschien das Gesicht des Dr. Antigonis. Er lächelte freundlich und berichtete im Plauderton, eben erst von ihr, Steinbeck, erzählt zu haben. Hinter Antigonis erkannte man die drängelnde Masse irgendeiner feierlichen Gesellschaft, die sich durch eine Kunstgalerie bewegte. Antigonis redete, als sei Steinbeck eine alte Freundin, die er um Rat frage, ob es sich lohne, den angebotenen Renoir zu kaufen. Oder doch lieber den kleinen Degas.
    Steinbeck freilich war in Eile. Sie unterbrach Dr. Antigonis und sagte: »Ich habe Stransky.«
    »Lebendig, hoffe ich.«
    »Er steht neben mir. Allerdings haben wir das Problem, auf der Île Saint Paul zu sitzen und nicht wegzukommen. Desprez hat unser Flugzeug und die beiden Piloten in die Luft gesprengt. Und er hat diesen Finnen, Vartalo, erschossen.«
    »Damit habe ich gerechnet.«
    »Schön, daß Sie das haben.«
    »Wo sind Sie jetzt genau?«
    »Wo sind wir?« wandte sich Steinbeck an Stransky.
    Stransky vermutete, daß man sich auf der sogenannten Terrasse des Pingouins befand.
    »Sehr gut«, meinte Antigonis, »dann brauchen Sie nicht lange laufen. Diese Insel ist ja eher eine Sandkiste für Naturliebhaber, nicht wahr?«
    »Eine unwegsame Sandkiste«, ergänzte Steinbeck.
    »Sie schaffen das schon«, versicherte Antigonis im jovialen Arbeitgeberton und wies Steinbeck an, sich in südlicher Richtung auf den Pointe Quest zuzubewegen, wo sich eine kleine, natürliche Plattform eröffne.
    »Dort wartet ein Hubschrauber auf Sie«, erklärte Antigonis. »Die Signallichter dürften nicht zu übersehen sein. Er bringt Sie zu einem japanischen Frachter, der vor Nouvelle Amsterdam ankert.«
    »Wollen Sie uns nach Japan verfrachten?« fragte Steinbeck.
    »Man wird Sie nach Angola bringen. Sie gehen in Namibe von Bord. Dort steigen Sie in ein Flugzeug. Mehr brauchen Sie vorerst nicht zu wissen.«
    Es entsprach nicht wirklich einer strategischen Maßnahme, daß Antigonis die Hafenstadt Namibe ausgewählt hatte, welche an der Grenze der regenarmen und nebelreichen Namib-Wüste lag. Eher war es eine Laune, eine Laune des Zufalls und eine Laune des Dr. Antigonis. Er fand es schlichtweg reizvoll, daß, wenn Steinbeck und Stransky in Namibe das Schiff verließen, es sich ergab, daß der in ein Batmankostüm gesperrte und von viel Technik durchdrungene kleine Schwarzkäfer für einen Moment in seine heimatlichen Gefilde zurückkehren würde.
    Gibt es das, Heimweh bei Tieren? Gibt es sentimentale Käfer?
    Dr. Antigonis schmunzelte bei diesem Gedanken.
    »Was ist so lustig?« fragte Steinbeck. »Sie hätten uns ruhig ein wenig früher aus der Patsche helfen können.«
    »Sie machen das ganz hervorragend, liebe Madame«, erklärte der Grieche. Und ohne etwa nach dem Verbleib des Spiridon Kallimachos sich erkundigt zu haben, unterbrach er die Verbindung.
    »Na, dann los«, meinte Steinbeck, »bevor Desprez uns wieder im Nacken sitzt.«
    »Was ist mit den Dronten?« jammerte Stransky.
    »Hören Sie auf zu jammern. Den Tieren geht es gut.«
    »Wie? Weil sie jetzt tot sind?«
    »Ich spreche von denen, die nicht tot sind. Die passen schon auf sich auf. Und sobald wir wieder zu Hause sind, geben Sie eine Pressekonferenz. Mit allen Schikanen. Man wird Saint Paul unter Denkmalschutz stellen …«
    Steinbeck meinte natürlich »Naturschutz«. Sie klagte, sie habe Kopfschmerzen und wolle jetzt endlich los.
    »Also gut!«
    Freilich war da weit und breit kein Wanderweg. Man mußte ein Stück aufwärts steigen, um über eine Fläche aus niedrigem Gras hinüber zum westlichsten Punkt zu gelangen. Tatsächlich waren bald die blitzenden Lichter des Helikopters zu erkennen.
    »Gott, bin ich froh, von dieser Insel zu kommen«, meinte Steinbeck.
    Stransky aber blickte zurück wie auf die Liebe seines Lebens.

18
    Ein Baby bei der Arbeit
    Roy, der Restaurator, betrat die Bahnhofshalle. Es war früher Nachmittag. Den Vormittag hatte er geschwänzt. Wunden geleckt. Er bemühte sich, nicht gleich hinüber zum Roulettetisch zu sehen, sondern blickte geradeaus, ging zur Selbstbedienungstheke, nahm eine Kaffeeschale und füllte sie aus einer der hohen Thermoskannen. Es waren schöne Thermoskannen, bläulich schimmerndes Metall. Schade nur, daß der Kaffee so schmeckte, wie er schmeckte. Es war erst das zweite Mal, daß Roy sich hier bediente. Pure Verlegenheit. Doch auch ein schlechter Kaffee schwimmt in einer Tasse, hinter der man sich

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