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Lilly Höschen (01): Walpurgismord

Lilly Höschen (01): Walpurgismord

Titel: Lilly Höschen (01): Walpurgismord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Exner
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Freund Eddy an:
    »Hallo Eddy, zieh deine Wanderschuhe an. Ich hole dich gleich ab. Ich brauche Bewegung, nachdem wir uns gestern abend derart vollgefressen haben. Und dir tut etwas Bewegung auch gut. Vielleicht finden wir ja Pilze.«
    Gegen diesen Redeschwall konnte sich Eddy mit seinem behäbigen Schwäbisch gar nicht erwehren. Er sagte nur: »Ja mei Gottele, wenn’s denn sei musch. Und heute abend fresse ma uns denn wieder voll, mit Pilze.«
    Lilly legte lachend auf und machte sich auf den Weg talabwärts zu Eddys Haus. Von dort aus waren sie in zehn Minuten im Hochwald. Wie üblich fand Lilly die meisten Pilze. Als Eddys Bewegungsbedarf gedeckt war, setzte er sich auf einen Baumstumpf und Lilly gesellte sich zu ihm. Aus ihrem Korb holte sie je eine kleine Flasche Wasser für Eddy und sich.
    »Ach, was ist das für eine Ruhe hier«, sagte sie und atmete tief durch.
    »Ruhe hasch noch genug, wenn de tot bisch.«
    »Ach, bist du heute mal wieder geistreich. Als ob ich nicht genug um die Ohren hätte. Im Moment habe ich drei junge Leute bei mir, die richtig Leben in die Bude bringen. Das ist ja auch prima so. Aber ab und zu muss ich eben mal ausspannen. Und das kann ich am besten im Wald.«
    Da kam zwischen den Bäumen, die von hohem Farn umgeben waren, ein Mann auf sie zu, lächelte, sagte aber kein Wort.
    »Mein Gott, haben Sie mich jetzt erschreckt«, rief Lilly ihm zu. »So plötzlich aus dem Nichts sind Sie auf einmal da.«
    Der Mann, mittelgroß, schlank, kurzes graues Haar, mochte vielleicht an die sechzig sein. Er gab keine Antwort, schaute Lilly nur ins Gesicht und ging gemächlichen Schrittes weiter. Als er wieder aus ihrem Blickfeld war, sagte sie zu Eddy:
    »Na, das ist ja vielleicht ein unhöflicher Zeitgenosse. Ich rede mit ihm, und er gibt keine Antwort.«
    Dann machten sich die beiden auf den Heimweg. Eddy kam mit zu Lilly. Heute abend würden sie die drei jungen Leute mit einem Pilzgericht überraschen. Doch zunächst setzten sie sich auf den Balkon, der nach vorn zur Straße hinausging, um sich von der Wanderung zu erholen und einen Kaffee zu trinken. Nach einer längeren Pause ohne Unterhaltung sagte Lilly schließlich:
    »Mir geht dieser Mann nicht aus dem Kopf. Taucht urplötzlich im Wald auf, erschreckt mich und geht, ohne ein Wort zu sagen, weiter. Normalerweise redet man doch miteinander, wenn man sich im Wald trifft und angesprochen wird. Und je länger ich nachdenke, kommt mir dieser Mann auch bekannt vor. Ich komme aber nicht drauf.«
    »Vielleicht ist er ja aus dem Ort«, meinte Eddy.
    »Nein, das glaube ich nicht. Hier im Ort habe ich ihn noch nie gesehen. Ich meine ja auch nicht, dass er..., nein, ich meine, dass ich ihn von früher irgendwie kenne.«
    Auf der Straße kamen gerade zwei Männer und eine Frau vorbei geschlendert und blieben vor dem Haus stehen. Der eine Mann war aus dem Ort. Lilly kannte ihn, wusste aber seinen Namen nicht. Die drei unterhielten sich angeregt, ohne im geringsten auf Lilly und Eddy zu achten. Er deutete auf Lillys Garten, und man konnte einzelne Wortfetzen aufschnappen: Frau ermordet, Leiche auf der Bank .
    »Kann ich Ihnen vielleicht behilflich sein«, rief Lilly. »Morgen früh veranstalte ich eine Führung unter dem Motto Mord und Totschlag mit Fernblick . Eintritt fünf Euro.«
    »Sowas passiert ja net alle Taach, da muss man dochemal kucken könne«, gab der Mann in bester harzerischer Mundart von sich. »Oder is das Ihre Straaß? Mir könne hier gehn und stehn wie ma wolln.«
    »Ich kann ja ein paar Stühle rausbringen, du Harzer Schmandrachen!« war Lillys lautstarke Antwort, während Eddy lachte und der Mann erbost antwortete:
    »Das saachste net nochemal.«
    Dann verschwanden die drei Schaulustigen eiligen Schrittes, und Lilly lachte leise in sich hinein.
    Am Abend freuten sich die drei jungen Leute über Lillys Pilzmahlzeit. Nach dem Essen fragte Klaus:
    »Habt ihr denn gar keine Angst gehabt im Wald? Ich meine, die ganze Sache mit dem mysteriösen Mord und den Verdächtigungen von Herrn Gutbrodt?«
    »Ich habe mich tatsächlich erschrocken«, antwortete Lilly. »Da tauchte plötzlich ein Mann auf wie aus dem Nichts. Und ich bin immer noch am Grübeln, ob ich ihn schon mal gesehen oder früher vielleicht mal gekannt habe. Irgendwie ist mir unheimlich zumute.«
    »Wie sah er denn aus?« fragte Amadeus.
    »Ach, mein Gott, wie Männer Ende fünfzig, Anfang sechzig halt so aussehen. Mittelgroß, graues Haar. Schlank war er. Und er hat die ganze Zeit

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