Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lilly Höschen (01): Walpurgismord

Lilly Höschen (01): Walpurgismord

Titel: Lilly Höschen (01): Walpurgismord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Exner
Vom Netzwerk:
Tisch.«
    Der Kommissar streifte Handschuhe über und holte den Ball aus dem Paket. Hans Gutbrodt wurde bleich im Gesicht und sagte:
    »Diesen Ball hat Georg zu seinem 13. Geburtstag bekommen. Er hat ihn gehütet wie seinen Augapfel. Meist lag er eingeschlossen in seinem Schrank. Und ab und zu hat er ihn herausgeholt und bewundert, nur ganz vorsichtig angefasst, damit die Unterschriften darauf nicht leiden.«
    »Dafür sieht er jetzt aber recht ramponiert aus«, entgegnete Kommissar Schneider.
    »Tja, und eines Tages war er weg. Wir haben ihn überall gesucht. Georg war außer sich. Wir haben ihn damals nicht gefunden. So, wie er jetzt aussieht, hat wohl jemand damit gespielt. Aber Georg hat mir nie gesagt, dass er ihn wiederbekommen hat. Vielleicht hat er sich so geärgert, dass irgend jemand den Ball so zugerichtet hat. Entschuldigung...«
    Hans Gutbrodt wurde schwarz vor Augen und setzte sich hin.
    »Um Gottes Willen, Herr Gutbrodt«, sagte Lilly ganz bestürzt. »Ich hole Ihnen schnell ein Glas Wasser.«

Lautenthal, 15. August 2010
     
    Die Kriminalpolizei informierte Lilly und Gutbrodt darüber, dass man an dem Ball DNA von Georg Besserdich gefunden hatte. Das war ja auch nicht anders zu erwarten gewesen. Kommissar Schneider wähnte Herrn Gutbrodt, aber auch Amadeus und Lilly in Gefahr. Sie sollten ständig, rund um die Uhr, bewacht werden. Ganz offensichtlich handelte es sich bei dem Täter um einen geistig oder seelisch gestörten Menschen, dem es darauf ankam, Angst zu säen. Das war ihm auch gelungen.
    »Herr Gutbrodt, ach was, ich sage jetzt einfach Hans. Und ich bin Lilly. Einverstanden?«
    »Es ist mir eine Ehre«, gab dieser etwas steif von sich.
    »Hans, ich habe in diesem ganzen Chaos noch gar nicht gesagt, wie leid es mir um deine Frau tut. Ganz egal, wie du zu ihr gestanden hast, ihr Tod muss dich sehr mitgenommen haben. Und in all diesem Tohuwabohu hattest du wahrscheinlich gar keine Zeit, richtig zu trauern.«
    Lilly, Hans und Amadeus saßen an diesem Abend zusammen im Wohnzimmer, um über den Stand der Dinge zu reden.
    »Danke, Lilly. Ich hatte über Jahre ein gutes Verhältnis zu meiner Frau. Sie war ja auch ein prima Typ. In den letzten Jahren ist alles etwas abgekühlt. Wahrscheinlich war ich ihr einfach zu langweilig. Und sie wollte wohl mal austesten, wie gut sie bei jungen Männern noch ankommt. Das übliche Spiel also. Ich habe ihr auf jeden Fall verziehen. Es tut mir nur leid, dass ich ihr das nicht mehr persönlich sagen kann.«
    »Es tut mir auch leid, dass du vom Fehltritt deiner Frau auf diese Art und Weise, im Gerichtssaal, erfahren musstest. Aber ich konnte das ja schließlich nicht wissen.«
    »Ist schon gut. Ich war ja nicht der Einzige, den du mit deiner Aussage zur Weißglut gebracht hast. Wenn ich daran denke, wie du den Richter abgebügelt hast, wie du den ehrenwerten Herrn Vorsitzenden als liderlichen Bengel bezeichnet hast, dann könnte ich schreien vor Vergnügen.«
    Jetzt fingen Hans und Amadeus an zu lachen und Lilly sagte ganz ernst:
    »Er ist ein liderlicher Bengel, mit und ohne Robe.«
    »Wenn er mich mal wieder ärgert«, meldete sich nun Amadeus zu Wort, »sage ich, dass ich gleich meine Großtante hole.«
    »Na, so schrecklich bin ich nun auch wieder nicht.«
    »Noch viel schrecklicher.«
    »Amadeus, ich enterbe dich.«
    Nach dem heiteren Teil der Unterredung versuchte Lilly, es auf den Punkt zu bringen:
    »So, meine Herren, und nun zum Ernst des Lebens: Was machen wir denn jetzt? Wir können uns doch nicht für den Rest unseres Lebens von der Polizei bewachen lassen. Mal ganz davon abgesehen, dass der freundliche Herr Kommissar uns etwas husten wird. Entweder der Missetäter wird gefunden oder wir kommen in unserem Leben nicht mehr zur Ruhe. Es ist so, als ob ein Damoklesschwert über einem schwebt.«
    »Wir müssen den Kerl finden, so einfach ist das«, sagte Hans.
    »Aber wir wissen noch nicht einmal, wer dieser Kerl ist«, entgegenete Lilly. »Du verdächtigst Georg, der seit zwanzig Jahen spurlos verschwunden ist. Aber du weißt es natürlich nicht. Als Staatsanwalt hat man ja sicherlich auch so seine Feinde.«
    »Ach Lilly, am Amtsgericht werden doch nur Kinkerlitzchen verhandelt. Ich habe es mit Verkehrsrowdies und kleinen Dieben zu tun. Gelegentlich gibt es mal eine Schlägerei zwischen Nachbarn, weil die Sträucher zu dicht am Gartenzaun stehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass einer aus meiner Kundschaft deshalb einen Mord begeht. Außerdem: Der anonyme

Weitere Kostenlose Bücher