Lily und der Major
Schreiben
beigebracht, sie vor seinen eigenen Eltern beschützt und für sie gesorgt, als
die Sommers gestorben waren. Er wollte nur ihr Bestes. »Alles in Ordnung,
Marshal«, sagte Lily gelassen und wich Ruperts Blicken aus.
»Wer hat hier um Hilfe geschrien?«
erkundigte sich der Gesetzeshüter mißtrauisch.
Lily biß sich auf die Lippen.
»Wir haben nichts gehört«, warf
Rupert ein, nahm Lilys Arm und zog sie mit sich fort.
Doch als sie aus den Augenwinkeln
sah, daß der Marshal kopfschüttelnd in den, Saloon zurückkehrte, blieb sie
stehen. »Ich bin neunzehn Jahre alt, Rupert«, sagte sie. »Ich baue mir ein
eigenes Leben auf, und du hast kein Recht, dich einzumischen!«
Rupert schaute sie stirnrunzelnd an,
aber Lily konnte sehen, daß er schon etwas zugänglicher geworden war. »Was
meintest du damit, als du gesagt hast, du hättest jetzt eigenes Land?«
»Ich habe mir eine Parzelle zuweisen
lassen und beabsichtige, dort zu leben«, antwortete Lily tapfer.
»Unverheiratete Frauen bekommen
keine Parzellen in diesem Staat!«
»Du irrst
dich, Rupert. Ich kann es dir beweisen.«
»Bist du
von allen guten Geistern ...«
»Wenn du mich nach Hause zurückbringst,
reiße ich nur wieder aus.«
Rupert seufzte und fuhr sich mit der
Hand durchs Haar. Er sah bemitleidenswert aus nach der langen Reise und Lilys
Angriff mit den Pasteten. »Verdammt noch mal, Lilyl«
Sie stellte sich auf die
Zehenspitzen und küßte ihn aufs Kinn. »Deinetwegen habe ich meinen Job
verloren«, seufzte sie, »und ich weiß nicht, wie ich einen neuen finden soll.«
»Dann mußt du eben mit mir nach
Hause kommen«, beharrte Rupert. »Außerdem war es nicht meine Schuld. Die
Kündigung hast du dir selber zuzuschreiben.«
Ihm zu widersprechen, hatte wenig
Sinn. »Komm mit«, sagte Lily ergeben und schob ihren Arm unter Ruperts. »Ich
bringe dich zu Mrs. McAllister und frage sie, ob du bei ihr baden kannst.«
»Vielen Dank«, schnaubte Rupert. »Das
tue ich im Hotel. Dort steht schließlich auch mein Gepäck.«
»Na schön. Dann laß uns zurückgehen.
Während du badest, überrede ich Charlie, mich wieder einzustellen.«
Rupert verdrehte die Augen, aber er
sagte nichts. Gemeinsam gingen sie zum Hotel zurück.
Der Speisesaal war voll besetzt mit
Mühlenarbeitern, die auf Kaffee und Kuchen warteten, und Charlie hatte alle
Hände voll damit zu tun, ihnen Kaffee einzuschenken und zu erklären, warum kein
Kuchen da war.
Lily ging auf ihn zu und nahm ihm
die schwere Kaffeekanne aus der Hand. »Ich mache das schon«, sagte sie heiter.
»Geh ruhig wieder in die Küche und sieh zu, daß du mit dem Backen weiterkommst,
damit wir beim Dinner nicht das gleiche Problem haben wie jetzt.«
Charlie warf ihr einen ärgerlichen
Blick zu, aber er ließ sie bleiben. Rupert holte seinen Koffer und mietete sich
ein Zimmer.
»Du wirst mich doch nicht zwingen,
nach Spokane zurückzukehren?« fragte Lily, als sie eine Stunde später vor
einem Berg abzuwaschendem Geschirr stand und Rupert zu ihr in die Küche kam.
Aus alter Gewohnheit nahm er ein
Handtuch und trocknete die Teller ab. »Das sollte ich.«
»Aber du läßt mich bleiben?«
»Ich glaube nicht, daß ich eine
andere Wahl habe. Es ist mir immerhin ein Trost zu wissen, wo du bist. Ich habe
mir große Sorgen um dich gemacht, Lily.«
Sie wich seinen Blicken aus. »Ich
weiß«, sagte sie leise. »Und es tut mir leid.«
»Was diesen Major betrifft, mit dem
du ausgefahren bist ...«
»Das war schon in Ordnung, Rupert. Ich hatte Mrs.
McAllisters Erlaubnis.«
Ruperts Augen wurden schmal.
»Besteht eine Chance, daß du diesen Mann heiratest?«
Lily enttäuschte ihn nicht gern. Es
hätte ihn bestimmt beruhigt, zu wissen, daß seine Schwester einen Mann wie
Caleb Halliday heiratete. »Nicht die geringste«, antwortete sie aufrichtig.
»Er ist Soldat. Außerdem würde aus ihm nie ein Farmer werden.«
»In Spokane haben wir genug Farmer,
wenn es das ist, was du willst.«
»Ich will keinen Farmer heiraten«,
erinnerte Lily Rupert geduldig. »Ich will selber Farmer werden.«
»Ich lasse dich hier, damit du deine
Erfahrungen machen kannst, Lily. Aber du mußt mir versprechen, nach Spokane
zurückzukommen, wenn etwas schiefgeht.«
Sie lächelte und strich ihm über die
Wange. »Gut, Rupert, das kann ich dir versprechen. Wenn es mir nicht gelingen
sollte, eine Farm zu führen, komme ich nach Hause.«
Rupert nickte, wenn auch etwas
unsicher, und begleitete Lily nach ihrer Arbeit zu Mrs.
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