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Lily und der Major

Lily und der Major

Titel: Lily und der Major Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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angekommen war. »Aber ich fürchte,
nur die Armee kann sich auf ihn verlassen. Wir anderen müssen mit dem
vorliebnehmen, was danach noch für uns übrigbleibt.«
    »Sandra«, mahnte Mrs. Tibbet mit
leisem Vorwurf.
    Sandra deutete mit ihrer elegant
behandschuhten Hand auf den Exerzierplatz auf der anderen Straßenseite. »Da ist
er. Er macht eine phantastische Figur, nicht wahr?«
    Lily war steif vom langen Sitzen in
der Kutsche, aber das war schnell vergessen, als sie die Kompanie beim
Exerzieren sah. Caleb war der Kommandant; er ritt seinen schwarzen Wallach, der
nervös tänzelte, während Caleb seine Befehle gab.
    Mrs. Tibbet und Sandra waren für
einen Moment vergessen, als Lily auf die andere Straßenseite ging, um das
faszinierende Schauspiel zu beobachten. Da es sehr heiß war, nahm sie ihren Hut
ab und ließ ihr Gesicht von der leichten Brise kühlen.
    Eine Truppe Soldaten kam in
perfekter Formation auf sie zugeritten, doch als Lily ihren Hut abnahm,
entstand ein Chaos. Der erste Reiter stieß einen vergnügten Schrei aus und
raste in wildem Galopp auf Lily zu. Seine blaue Mütze rutschte ihm vom Kopf und
wurde von den Pferden der nachkommenden Soldaten, die genauso wüst auf Lily
zustürmten, achtlos zertrampelt.
    Aus Angst, niedergeritten zu werden,
wich Lily zurück, dann erst schaute sie zu dem beeindruckenden Mann mit den
gelben Streifen an der Hose auf.
    Caleb bellte einen Befehl, und die
sechs Ausreißer wendeten ihre Pferde und kehrten in die Formation zurück. Dort
blieben sie, mit starren Gesichtern und stur nach vorn gerichtetem Blick,
während der kommandierende Offizier auf Lily zuritt.
    Er tippte sich an seinen Hut und
sagte: »Ich freue mich, dich zu sehen, Lily«, aber seine Miene strafte seine
Worte Lügen. »Aber du solltest nicht hier stehen. Du lenkst meine Männer ab.«
    Lily errötete. »Ich hatte erwartet,
daß du mich an der Kutsche abholtest. Du hattest es versprochen.«
    Caleb seufzte. »Ich hielt es für
besser, das Mrs. Tibbet zu überlassen.«
    Lily nickte steif. Wahrscheinlich
hatte sie zuviel erwartet, schließlich hatte der Major nie behauptet,
ernsthafte Gefühle für sie zu empfinden. Was auch von ihrer Seite aus nicht
anders war, denn sie gedachte Caleb genauso zu benutzen, wie er es mit ihr
vorzuhaben schien. »Du hast sicher recht«, erwiderte sie und wollte sich
abwenden.
    Doch Calebs leise Worte hielten sie
zurück. »Du siehst aus wie die helle Frühlingssonne in diesem gelben Kleid.«
    Nervös befeuchtete Lily ihre Lippen.
Eine andere Antwort als ein gemurmeltes »Danke« fiel ihr nicht ein.
    »Wir sehen uns später bei den
Tibbets.« Caleb tippte noch einmal an seinen Hut, drehte sich um und ritt zu
seinen Männern zurück.
    Mrs. Tibbet und ihre Nichte waren zu
ihr herübergekommen und standen nur wenige Schritte von ihr entfernt. Sandra
hielt Lilys alte Reisetasche in den Händen.
    »Das war aber ein Schauspiel, was
die Männer sich da geleistet haben«, bemerkte Sandra. »Um nichts auf der Welt
möchte ich jetzt in ihrer Haut stecken.«
    Lily wandte alarmiert den Kopf und
sah, daß Caleb an der Reihe der sechs Sünder vorbeiritt. Obwohl seine Stimme
nicht zu vernehmen war, wußte Lily, daß er den Männern eine Strafpredigt
hielt, und irgendwie taten sie ihr leid. »Was wird er mit ihnen tun?« fragte
sie besorgt.
    Gertrude Tibbet berührte ihren Arm.
»Sie in die besten Sol daten der Armee verwandeln«, sagte sie beruhigend.
»Kommen Sie, Lily, lassen Sie uns nach Hause gehen. Sie können jetzt sicher
eine gute Tasse Tee vertragen.«
    Lily schaute sich noch einmal nach
Caleb um, bevor sie ihrer Gastgeberin und Sandra folgte.
    »Tante Gertrude hat mir gesagt, daß
Caleb an Ihnen Gefallen gefunden hat, Lily«, bemerkte Sandra auf dem Weg.
    »Ich muß doch sehr bitten, Sandra«,
warf Mrs. Tibbet warnend ein. »Lily ist unser Gast. Bring sie bitte nicht in
Verlegenheit«, fügte sie hinzu und schob ihre Hand unter Lilys Arm.
    Sandra lachte hell. »Hör auf,
Tantchen«, sagte sie. »Ich werde Lily schon nicht schockieren.«
    Lily bekam allmählich das Gefühl,
sich am Rande eines tiefen Abgrunds zu befinden. Sie hielt die Spannung nicht
länger aus. »Sie tragen den gleichen Namen wie Caleb«, sagte sie zu Sandra.
    Die junge Frau schwieg zunächst,
dann legte sie freundschaftlich den Arm um Lily. »Wahrscheinlich bekomme ich drei
Tage Arrest dafür«, scherzte sie, »aber ich finde, daß es Ihnen jemand sagen
muß. Caleb und ich waren verheiratet.«
    Obwohl Lily so

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