Lily und der Major
beschuldigte
sie ihn.
»Das ist nicht wahr«, erwiderte
Caleb ruhig. »Ich bin weder mit Sandra noch mit einer anderen Frau verheiratet.
Ich habe ein Recht, dich zu einem Ball einzuladen.«
»Du hättest sie wenigstens erwähnen
können!«
»Das hätte ich auch noch getan. Sie
war aber nicht hier, als ich dir begegnete – sie erschien erst an dem Tag, als
ich ins Fort zurückkehrte.«
Lily biß sich auf die Lippen. Seine
Antwort klang vernünftig. »Aber sie liebt dich.«
Caleb seufzte schwer. »Das behauptet
sie. Aber Sandra redet viel. Wichtig ist nur, daß ich ihre Gefühle nicht
erwidere.«
Lily stellte sich vor, wie es sein
mochte, die Liebe dieses Mannes zu besitzen und sie dann wieder zu verlieren,
und eine unfaßbare Traurigkeit befiel sie plötzlich. »Wie kannst du so kalt und
nüchtern davon sprechen? Sie war deine Gattin!«
Jegliche Wärme wich aus Calebs
Augen. »Das kommt ganz darauf an, wie man das Wort Gattin definiert«,
erwiderte er. »Aber sag mir jetzt lieber, ob du mich zum Ball begleiten wirst
oder ob Sandra dich schon überzeugt hat, daß ich ein Schuft bin?«
Trotz allem war Lily entzückt von
dem Gedanken, einen ganzen Abend in den Armen dieses Mannes zu verbringen. Sie
senkte den Blick, dann aber zwang sie sich, Caleb wieder in die Augen zu sehen.
»Ja, ich begleite dich«, antwortete sie leise.
Sein Gesicht hellte sich auf. »Gut!«
flüsterte er und beugte sich vor, um Lily ganz sacht auf den Mund zu küssen.
Seine Lippen schmeckten nach Brandy,
und die Berührung mit ihnen löste wieder jene seltsame Sehnsucht in ihr aus.
»Ich bin wieder da«, verkündete Mrs.
Tibbet heiter, als sie mit einer dampfenden Tasse Kaffee und einem Teller
Keksen den Raum betrat. Sie reichte Caleb die Tasse und stellte den Tel ler
auf das Tablett. »Hast du den Colonel heute morgen schon gesehen, Caleb?«
»Nein. Er hat sich in seinem Büro
verschanzt und stellt ein Budget auf.«
»Mrs. Tibbet lachte. »Das versetzt
ihn immer in die beste Laune. «
Caleb nickte. »Richtig. Und es erklärt
wahrscheinlich auch, warum Costner und Phillips heute mit ihren Truppen zu
einer Patrouille ausgeritten sind.«
Das heitere Geplauder entspannte
Lily etwas. »Sie werden doch rechtzeitig zum Ball zurück sein?« bemerkte sie,
um an der Unterhaltung teilzunehmen.
Caleb warf ihr einen warnenden Blick
zu. »Das macht keinen Unterschied für dich, Miss Chalmers. Du wirst nämlich nur
mit mir tanzen.«
Lilys Wangen röteten sich bei seinem
vertraulichen Ton. Man hätte glauben können, Mrs. Tibbet sei nicht anwesend,
so, wie er mit ihr sprach! »Ich kann tanzen, mit wem ich will«, entgegnete
Lily trotzig.
»Solange ich derjenige bin mit dem
du tanzen willst«, versetzte Caleb ungerührt.
Im gleichen Augenblick erschien
Sandra in der Tür. Obwohl ihre Augen leicht gerötet waren, schien sie
beherrscht. Lächelnd ging sie auf Caleb zu, und er stand höflich auf.
Sandras Hände schlossen sich um
seine, sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küßte ihn auf beide Wangen.
»Hallo, Liebling«, sagte sie.
Er maß sie mit einem ärgerlichen
Blick. »Hallo, Sandra.«
»Alle werden froh sein, zu wissen,
daß es mir besser geht«, verkündete sie, während sie sich einen Keks nahm und
sich auf die Stelle setzte, wo Caleb eben noch gesessen hatte. Sie nahm seinen
Hut auf den Schoß, strich zärtlich über die Goldtressen und sagte in wehmütigem
Ton: »Ich nehme an, du hast mit Lily über den Ball gesprochen.«
Caleb nahm ihr seinen Hut ab. »Ich
hörte, daß du mit Lieutenant Costner hingehst«, bemerkte er.
»Das
stimmt«, gab Sandra lächelnd zu.
»Dann wünsche ich dir viel
Vergnügen«, meinte Caleb knapp und überraschte alle Anwesenden damit, daß er
Lilys Hand nahm und Lily auf die Füße zog. »Komm mit«, befahl er.
Sie war zu verblüfft, um ihm zu
widersprechen, und zu begierig, den Raum zu verlassen, der ihr plötzlich
unerträglich überfüllt vorkam.
Caleb führte sie über die Veranda in
einen kleinen Wintergarten. »Was Sandra dir auch sagen mag«, erklärte Caleb,
»ich will, daß du etwas nicht vergißt.«
Lily starrte ihn an. »Was?« fragte
sie, als er sie an sich zog und sie die harten Goldknöpfe auf seinem Hemd an
ihrem Busen spürte.
Statt einer Antwort küßte Caleb sie,
anfangs noch sanft, dann immer leidenschaftlicher. Lily wehrte sich zunächst
ein wenig, doch dann überließ sie sich den Gefühlen, die dieser Kuß in ihr
erzeugte.
Als Caleb sie freigab, war sie
Weitere Kostenlose Bücher