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Lily und der Major

Lily und der Major

Titel: Lily und der Major Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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einem vernichtenden Blick auf Lily, der sie die Einmischung sehr
übelnahm, begann sie das Fleisch zu servieren.
    »Mr. Robbins erzählte uns gerade,
daß er gar nicht beabsichtigt hatte, dich am Altar stehenzulassen«, sagte Lily
strahlend. »Er hatte einen Unfall – du hast ja sicher gesehen, daß er hinkt –
und zu dem Zeitpunkt, als ihr getraut werden solltet, lag er in der nächsten
Stadt im Krankenhaus.«
    Velvet runzelte die Stirn. »Du
hättest eine Nachricht schicken können«, sagte sie zu Hank.
    »Das habe ich getan«, erwiderte er.
    »Aber ich vermute, daß dein lieber
Vater sie einfach nicht weitergegeben hat. Weil er wollte, daß du mit ihm nach
Westen gingst – damit er jemanden hatte, der für ihn kochte und ihm seine
Wäsche wusch.«
    Velvet dachte, daß eine solch
hinterhältige Handlungsweise durchaus zu ihrem Pa gepaßt hätte – möge seine
Seele in Frieden ruhen.
    »Ich finde, ihr solltet einen
Spaziergang machen und euch in Ruhe aussprechen«, schlug Lily vor.
    Velvet spürte, wie ihr die Tränen
kamen. »Du hast ja keine Ahnung, was ich in all dieser Zeit getan habe!«
schluchzte sie und stürzte aus dem Raum.
    Sie lief durch die Küche in den
Garten, aber dort blieb sie mit hängenden Schultern und von heftigem Schluchzen
geschüttelt stehen.
    Hank erschien plötzlich hinter ihr –
Velvet spürte seine Anwesenheit, noch bevor er ihre Schulter berührte und ihren
Namen sagte.
    Sie zwang sich, den Kopf zu wenden
und ihn anzusehen, aber noch immer brachte sie kein Wort über ihre Lippen.
    »Was ist es?« fragte er ruhig. »Was
ist das Schreckliche, was du in all diesen Jahren getan hast?«
    Eine entsetzliche Panik erfaßte
Velvet. Wenn Hank die Wahrheit über sie erfuhr, würde er ihr nie verzeihen,
aber sie hatte keine Kraft mehr zur Flucht, und belügen wollte sie ihn auch nicht.
Nicht diesen Mann. Nicht Hank. Sie nahm das Taschentuch, das er ihr reichte,
und trocknete ihre Tränen.
    »Es war sehr hart für mich, als Pa
und Eldon starben«, begann sie leise.
    Hank nickte. Sein zärtlicher Blick
ermutigte sie, fortzufahren.
    Velvet holte tief Luft und
umklammerte das Gartentor. Zum ersten Mal in ihrem Leben befürchtete sie,
ohnmächtig zu werden. »Ich habe für andere Leute saubergemacht, bis ich nach
Fort Deveraux kam. Dort, so hörte ich, konnte man viel Geld verdienen, indem
man Wäsche für die Soldaten wusch.« Sie machte eine Pause und schaute zur
untergehenden Sonne hinüber, als könne sie Kraft aus ihrem Anblick schöpfen.
»Doch bald merkte ich, daß es hier zu viele Frauen und zu wenig Wäsche gab. Ich
... zum Schluß habe ich Geld von den Männern genommen.«
    Hank war leichenblaß geworden.
»Wofür?« fragte er rauh. Velvet fühlte sich, als würde sie ganz langsam in
Stücke gerissen. Zuerst senkte sie den Blick, dann hob sie den Kopf und
schaute Hank offen in die Augen. Er wußte Bescheid, das sah sie, aber
anscheinend wollte er, daß sie es aussprach. »Dafür, daß ich mit ihnen
geschlafen habe«, sagte sie tonlos.
    Mit einem
unterdrückten Ausruf wandte Hank sich ab.
    Velvet hob eine Hand und ließ sie
wieder sinken. Sie hatte ihn ein zweites Mal verloren, und das war eine so
schmerzliche Erfahrung, daß sie glaubte, sich nie wieder davon zu erholen. »Es
tut mir leid«, flüsterte sie.
    Hank drehte sich so abrupt um, daß
Velvet erschrak und vor ihm zurückwich. Sein Gesicht war verzerrt von Schmerz
und Qual.
    »Du warst meine Frau«, flüsterte er
erbost. »Wie konntest du dich von einem anderen Mann anfassen lassen?«
    Velvets unverwüstliches Temperament,
das ihr geholfen hatte, all diese harten Jahre zu überleben, half ihr auch über
diesen schwierigen Moment hinweg. »Ich war nicht deine Frau«, fuhr sie Hank
zornig an. »Ich war keines Mannes Frau! Ich stand ganz allein auf dieser
Welt und habe nur getan, was ich tun mußte, um zu überleben!«
    Zögernd berührte Hank ihr Gesicht
und strich mit seinem Daumen eine Träne fort. »Es ist keine Nacht und kein Tag
vergangen, wo ich nicht an dich gedacht habe, Velvet.«
    Velvet traute weder seinem sanften
Ton, noch wagte sie, sich Hoffnungen zu machen. »Ich habe keinen dieser Männer
geliebt«, fuhr sie traurig fort. »Ich hielt es nur aus, daß sie mich berührten,
weil ich mir vorstellte, du wärst es.«
    Hanks Lächeln war traurig, aber
zärtlich. »Ich will dich nicht noch einmal verlieren«, sagte er. »Es gefällt
mir nicht, daß du von diesen Männern Geld genommen hast, aber ich glaube, ich
liebe dich

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