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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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dehnen.
    »Sie wissen, wo das Mädchen ist?«
    »Schätze schon.«
    »Großartig. Wirklich großartig!« Die Stimme des Mannes klang erleichtert und dankbar. Grand Cherokee verzog die Mundwinkel. Der Typ konnte noch so sehr versuchen, den lieben Onkel zu spielen, ganz sicher war er nicht hinter Yoyo her, um sie in Watte zu packen. Wahrscheinlich Geheimdienst oder Polizei. Unwichtig. Fakt war, er hatte Geld, und er war bereit, einiges davon lockerzumachen. Dafür würde der Kerl Informationen bekommen, die Grand Cherokee gar nicht besaß, denn tatsächlich hatte er nicht den blassesten Schimmer, wo Yoyo sich aufhielt, noch wo sie sich aufhalten könnte. Ebenso wenig wusste er, wer oder was das Mädchen veranlasst hatte, unterzutauchen, nicht einmal, ob sie wirklich untergetaucht oder einfach nur unangekündigt in den Urlaub entwichen war. Sein Kenntnisstand glich seinem Kontostand, hier wie da nichts zu holen.
    Andererseits, wie würde es klingen, wenn er die Wahrheit sagte:
    »Yoyo arbeitet im World Financial Center bei Tu Technologies weiter unten. Ich mach oben den Bahnhofswärter für alle, die sich im freien Fall vollpissen wollen. So hab ich sie kennengelernt. Sie tauchte hier auf, weil sie den Drachen reiten wollte. Also hab ich sie reiten lassen und ihr hinterher gezeigt, wie man den Drachen steuert, und das fand sie – nun ja –«
    Die Wahrheit, Grand Cherokee, die Wahrheit!
    »– um einiges geiler als mich, obwohl das sonst immer funktioniert, ich meine, umsonst fahren lassen, dann ein Trip mit mir zusammen, anschließend was trinken, klar? Sie war scharf auf den Drachen, und sie suchte 'ne Bleibe, weil sie mit ihrem Alten irgendwie nicht zurechtkam, und Li und ich hatten gerade was frei. Obwohl – Li war wenig begeistert. Er findet, Mädchen stören die Chemie, gerade, wenn sie so aussehen wie Yoyo, weil dann alles Denken in den Schwanz wechselt und Freundschaften auseinandergehen, aber ich hab drauf bestanden, und Yoyo ist eingezogen. Ist keine zwei Wochen her.«
    Ende der Geschichte. Vielleicht noch:
    »Ich dachte, wenn Yoyo bei uns wohnt, krieg ich sie in die Kiste, aber da läuft nix. Sie ist 'n Partyhuhn, sie singt und findet alles gut, was auch ich gut finde, eigentlich unverständlich.«
    Und dann noch:
    »Manchmal hab ich gesehen, wie sie sich mit Typen aus den Verlierer-Vierteln rumgetrieben hat. Motorradfahrer. Könnte 'ne Gang sein. Sie haben so Sticker auf den Jacken: City Demons, glaube ich. Ja, City Demons.«
    Was die einzige Information war, die den Namen verdiente.
    Aber dafür würde er kaum Geld bekommen. Also wurde es Zeit, sich etwas auszudenken.
    »Und wo ist sie gerade?«, wollte die Stimme im Handy wissen.
    Cherokee zögerte. »Das sollten wir nicht am Telefon –«
    »Wo sind Sie? Ich kann sofort losfahren.«
    »Nein, nein, das schaffe ich nicht. Nicht mehr heute. Sagen wir, morgen früh. Um elf.«
    »Elf ist nicht früh.« Der andere machte eine Pause. »Wenn ich das richtig verstanden habe, wollen Sie Geld verdienen, oder?«
    »Das haben Sie richtig verstanden! Und Sie wollen was von mir, stimmt's? Wer macht also die Spielregeln?«
    »Sie, mein Freund.« Täuschte er sich, oder hörte er den Mann leise lachen? »Trotzdem, was halten Sie von zehn?«
    Grand Cherokee überlegte. Um zehn musste er die Achterbahn warten, um halb elf öffnete sie. Andererseits war es vielleicht gar nicht so dumm, alleine mit Mister Big Money zu sprechen. Wenn Scheine den Besitzer wechselten, sollte man die Zahl der Zuschauer gering halten, und um zehn wären sie ganz alleine, er, der Mann und der Drache.
    »Geht klar.« Außerdem würde ihm bis dahin etwas eingefallen sein. »Ich sag Ihnen, wo Sie hinkommen müssen.«
    »Gut.«
    »Und bringen Sie ein satt gefülltes Portemonnaie mit.«
    »Keine Sorge. Sie werden keine Gelegenheit zur Klage finden.«
    Das klang gut.
    Klang es gut? Die Waggons rasten heran und bremsten ab. Die Fahrt war zu Ende. Grand Cherokee sah 24 Paar Zitterknien entgegen. Mental richtete er sich darauf ein, die schlimmsten Fälle zu stützen.
    Doch, es klang gut!
     

JERICHO
     
    Yoyos Wohngemeinschaft lag in der Tibet Lu inmitten eines Viertels identisch aussehender Betontürme. Noch vor wenigen Jahren war hier ein Nachtmarkt gewesen. Geduckte Giebelhäuser hatten sich im Schatten der Wolkenkratzer aneinandergedrängt, eine Insel der Armut und des Verfalls auf knapp vier Quadratkilometern, mit unzureichender Wasserversorgung und ständig ausfallendem Strom. Händler hatten ihre

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