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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Yoyo zu finden ist?«
    »Wo Yoyo zu –« Grand Cherokee stockte. Aus unerfindlichen Gründen schien ihn die Frage zu verblüffen. »Das ist ja –«, murmelte er. »Na so was!«
    »Ich müsste sie sprechen.«
    »Geht nicht.«
    »Ich weiß, Yoyo ist verschwunden«, ergänzte Jericho. »Darum bin ich hier. Ihr Vater sucht sie, und er macht sich große Sorgen. Falls Sie also etwas über ihren Verbleib wissen –«
    Grand Cherokee starrte ihn an. Etwas an dem Burschen, besser gesagt an seinem Verhalten, irritierte Jericho.
    »Wie gesagt«, wiederholte er. »Sollten Sie –«
    »Augenblick.« Grand Cherokee hob die Hand. Einige Sekunden verharrte er so, dann glätteten sich seine Züge.
    »Yoyo.« Er lächelte jovial. »Aber natürlich. Möchten Sie nicht reinkommen?«
    Immer noch irritiert, betrat Jericho die schmale Diele, von der mehrere Räume abzweigten. Grand Cherokee eilte ihm voraus, öffnete die letzte Tür und wies mit einer Kopfbewegung ins Innere.
    »Ich kann Ihnen ihr Zimmer zeigen.«
    Allmählich sah Jericho klar. So viel Kooperation grenzte an Kalkül. Langsam betrat er das Zimmer und schaute sich um. Nichtssagend. Kaum etwas ließ darauf schließen, welche Person hier wohnte, sah man von einigen Postern ab, die populäre Vertreter der Mando-Prog-Szene zeigten. Auf einem der Bilder war Yoyo selbst zu sehen, in Bühnenpose. An einer Pinnwand über einem billigen Schreibtisch pappte ein Zettel. Jericho trat näher heran und studierte die wenigen Schriftzeichen.
    »Dunkles Sesamöl«, las er. »300 Gramm Hühnchenbrust –«
    Grand Cherokee ließ ein dezentes Hüsteln hören.
    »Ja?« Jericho drehte sich zu ihm um.
    »Ich könnte Ihnen Hinweise liefern, wo Yoyo ist.«
    »Prima.«
    »Na ja.« Grand Cherokee spreizte vielsagend die Finger. »Sie hat 'ne Menge erzählt, wissen Sie? Ich meine, die Kleine mag mich. War ziemlich zutraulich in den letzten Tagen.«
    »Waren Sie auch zutraulich?«
    »Sagen wir mal, ich hatte die Möglichkeit.«
    »Und?«
    »Also, wirklich, das ist schon Vertrauenssache, Mann!« Grand Cherokee rang sichtlich um Empörung. »Natürlich können wir über alles reden, aber –«
    »Nein, schon gut. Wenn es Vertrauenssache ist.« Jericho ließ ihn stehen. Ein Wichtigtuer, wie er befürchtet hatte. Nacheinander zog er die Schubladen des Schreibtischs auf. Dann ging er zu dem schmalen Wandschrank neben der Tür und öffnete ihn. Jeans, ein Pulli, ein Paar Turnschuhe, die ihre besten Tage hinter sich hatten. Zwei Dosen Spray für Wegwerfkleidung. Jericho schüttelte sie. Halb voll. Offenbar hatte Yoyo in großer Eile einen Teil ihrer Habe zusammengepackt und überstürzt das Haus verlassen.
    »Wann haben Sie Ihre Mitbewohnerin zum letzten Mal gesehen?«
    »Zum letzten Mal?«, echote Grand Cherokee.
    »Zum letzten Mal.« Jericho schaute ihn an. »Das ist der Zeitpunkt, nach dem Sie Yoyo nicht mehr gesehen haben, also wann war das?«
    »Ja, also –« Grand Cherokee schien aus schwerer See aufzutauchen. »Am Abend des 23. Mai. Wir hatten 'ne kleine Party. Li ist irgendwann ins Bett, und Yoyo hing noch bei mir rum. Wir haben gequatscht und was getrunken, dann ist sie rüber zu sich. Irgendwann später höre ich sie plötzlich rumpoltern und die Schränke aufreißen. Kurz danach ist die Haustür ins Schloss gefallen.«
    »Wann genau?«
    »Zwischen zwei und drei, schätze ich.«
    »Schätzen Sie?«
    »Es war auf jeden Fall vor drei.«
    Jericho durchsuchte weiterhin Yoyos Zimmer, da Grand Cherokee kein Bemühen erkennen ließ, ihn davon abzuhalten. Aus den Augenwinkeln sah er den Studenten unschlüssig herumschleichen. Jerichos Desinteresse an seiner Person schien ihn zu verwirren.
    »Ich könnte Ihnen mehr erzählen«, sagte er nach einer Weile. »Falls es Sie interessiert.«
    »Raus damit.«
    »Morgen vielleicht.«
    »Warum nicht jetzt?«
    »Weil ich ein paar Leute anrufen muss, um – ich meine, mir ist schon klar, wo Yoyo rumhängt, aber vorher –« Er streckte die Arme aus und drehte die Handflächen nach oben. »Sagen wir einfach, alles hat seinen Preis.«
    Das war deutlich.
    Jericho beendete die Observierung und trat zurück in die Diele.
    »Sofern es seinen Preis wert ist«, sagte er. »Bei der Gelegenheit, wo steckt überhaupt Ihr Mitbewohner?«
    »Li? Keine Idee. Der weiß eh nichts.«
    »Kommt es mir nur so vor, oder wissen Sie auch nichts?«
    »Ich? Doch, schon.«
    »Aber?«
    »Kein Aber. Ich dachte nur, vielleicht fällt Ihnen ja was ein, wie man festsitzendes Wissen lösen kann.«

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