Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
Geschäftstermine in Dongtan City wahrnehmen, einem Trabanten Shanghais auf der Yangtse-Insel Chongming, der den Rekord als umweltfreundlichste Stadt der Welt hielt. Tu Technologies hatte eine virtuelle Wasserstraße für die von Kanälen durchzogene Metropole entwickelt, einen gläsernen Tunnel, der die Illusion vermittelte, durch die Zeit der drei Reiche zu fahren, eine wegen ihrer Ergiebigkeit an Geschichten beliebte Epoche zwischen Han-Dynastie und Jin-Dynastie.
    »Wir sind nun mal die größte Dreckschleuder der Welt«, erklärte Tu zum Thema Dongtan. »Niemand verpestet den Planeten so nachhaltig wie China, nicht mal die Vereinigten Staaten von Amerika. Andererseits findest du nirgendwo eine derartige Konsequenz in der Umsetzung alternativer Konzepte wie hier. Was immer wir unternehmen, scheint zwanghafter Radikalisierung unterworfen zu sein. Das ist es, was wir heute unter Yin und Yang verstehen: die Auslotung von Extremen.«
    Der riesige Hangar war hell erleuchtet. Gestrandeten Walen gleich ruhten die hauseigenen Senkrechtstarter nebeneinander. Während Tu seine Flunder über die Startbahn steuerte, schob sich die verglaste Front des Hangars auseinander. Er kippte die vier Turbinen des Gefährts in die Horizontale und beschleunigte. Ein Aufheulen flutete die Halle, dann schoss der Silver Surfer über die Gebäudekante hinaus und fiel dem Huangpu entgegen. Zweihundert Meter über dem Erdboden fing Tu die Maschine ab und steuerte sie in einer weitläufigen Kurve über den Fluss.
    »Ich werde Hongbing eine entschärfte Version vorsetzen«, sagte er. »Dass Yoyo nicht von der Polizei gesucht wird, es aber möglicherweise glaubt. Und dass sie noch in Quyu ist.«
    »Falls sie noch in Quyu ist«, gab Jericho zu bedenken.
    »Wie auch immer. Was willst du als Nächstes tun?«
    »Das Netz durchstöbern in der Hoffnung, dass Yoyo eine weitere Nachricht abgesetzt hat. Eine Imbisskette namens Wongs World unter die Lupe nehmen.«
    »Nie gehört.«
    »Gibt's wahrscheinlich nur in Quyu. Yoyos Papierkorb quoll über von Wongs World Verpackungen. Drittens brauche ich Informationen über die aktuellen Projekte der Wächter. Und zwar lückenlos«, fügte er mit einem Seitenblick hinzu. »Keine kosmetischen Korrekturen, keine verdeckten Karten.«
    Tu erweckte den Eindruck eines Ballons, dem man die Luft herausgelassen hatte. Erstmals, seit Jericho ihn kannte, wirkte er ratlos. Die Brille hing invalid auf seiner Nase.
    »Was ich weiß, werde ich sagen«, versicherte er mit Büßerstimme.
    »Das ist gut.« Jericho tippte auf seinen Nasenrücken. »Sag mal, kannst du damit eigentlich was sehen?«
    Der Chinese öffnete wortlos ein Fach in der Mittelkonsole, entnahm ihm eine identisch aussehende Brille, setzte sie auf und warf die alte hinter sich. Jericho verwandte einen Augenblick des Grübelns auf die Frage, ob seine Sinne ihm einen Streich gespielt hatten. Lagerte da tatsächlich ein Dutzend weiterer Brillen?
    »Warum flickst du Wegwerfbrillen mit Klebeband?«, fragte er.
    »Wieso? Die war doch noch in Ordnung.«
    »Sie war keineswegs – ach egal. Was Hongbing angeht, meine ich schon, dass er irgendwann die ganze Wahrheit erfahren muss. Oder? Er ist immerhin Yoyos Vater. Er hat ein Recht darauf.«
    »Aber nicht jetzt.« Tu überflog den Bund, ließ den Silver Surfer weiter absacken und zog nach Süden. »Hongbing ist ein rohes Ei, man muss sehr genau überlegen, wie weit man bei ihm geht. Was anderes: die Angelegenheit mit Grand Rokokos Überresten, oder wie der Kerl hieß – also, ich halte es für aussichtslos, an seine Sachen zu gelangen, werde es aber zum Gegenstand weiterer Überlegungen machen. Du bist vor allem an seinem Handy interessiert, richtig?«
    »Ich will wissen, mit wem er nach Yoyos Verschwinden telefoniert hat.«
    »Gut, ich tue, was ich kann. Wo soll ich dich absetzen?«
    »Zu Hause.«
    Tu drosselte die Geschwindigkeit und steuerte den Skyport Luwan an, der nur wenige Gehminuten von Xintiandi entfernt lag. So weit man blicken konnte, staute sich der Verkehr in den Straßen, nur auf den COD-Trassen rasten die Kabinen dahin. Seine Finger berührten das holografische Feld mit den Navigationsinstrumenten, und die Turbinen kippten in die Vertikale. Wie in einem Fahrstuhl sanken sie nach unten. Jericho sah aus dem Seitenfenster. Am Rand des Start- und Landefelds parkten zwei städtische Gyrokopter, beide als Krankentransporter ausgewiesen. Ein weiterer hob gerade ab, stieg beängstigend dicht vor ihnen empor und

Weitere Kostenlose Bücher