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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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gerufen. Ein Motorradverein erregte keinen Verdacht, galt nicht als intellektuell und subversiv. Man konnte sich ohne Probleme treffen, zumal in Quyu. Drei weitere Mitglieder waren im vergangenen Jahr hinzugekommen. Vielleicht, dachte Daxiong, während er seine drei Zentner auf sein Motorrad wuchtete, war der Zeitpunkt gekommen, sie einzuweihen. Genau genommen blieb ihm nicht mal eine Wahl. Wen immer sie zum Gegner hatten, fest stand, dass die Wächter aufgeflogen waren.
    Im Losfahren wählte er eine Nummer.
    Es schellte. Zu lange, viel zu lange. Dann meldete sich die Stimme des Jungen.
    »Wo warst du, verdammt noch mal?«, schnauzte Daxiong.
    Lau Ye gähnte und redete gleichzeitig.
    Dann fragte er etwas.
    »Frag nicht, Ye«, schnaufte Daxiong ins Handy. »Trommel Xiao-Tong und Mak zusammen. Sofort! Fahrt zum Hochofen und räumt die Zentrale aus, alles, was ihr findet, Computer, Displays.«
    Der Junge stotterte etwas, dem Daxiong entnahm, dass er nicht wusste, wo die anderen waren.
    »Dann finde sie!«, schrie er. »Ich erklär's dir später. – Was? – Nein, bringt das Zeug nicht ins ANDROMEDA, auch nicht in die Werkstatt. – Dann denk dir was aus. Irgendeinen Ort, mit dem man uns nicht in Verbindung bringt. Ach, und Ye –« Er schluckte. »Ihr werdet Leichen finden. Reißt euch zusammen, hörst du?«
    Er beendete das Gespräch, bevor Ye doch noch Fragen stellte.
     
    Jerichos Maschine erhielt einen Schlag, als das Airbike des Blonden gegen die Karosse prallte. Immer wieder hatte er versucht, den Luftraum über der Stahlarbeitersiedlung anzusteuern. Jedes Mal zwang ihn der Blonde zurück, starrte wild zu ihnen hinüber und versuchte, sie ins Visier zu nehmen. Unter ihnen raste die Mondlandschaft der Schlackenfelder dahin. Erneut versuchte Jericho einen Ausfall nach links. Der Blonde beschleunigte und drängte ihn in die Gegenrichtung.
    »Wo willst du eigentlich hin?«, gellte Yoyos Stimme in seinen Ohren.
    »Wir hängen ihn ab!«
    »Du hast keine Chance auf freiem Feld! Lock ihn in die Anlage.«
    Das Airbike des Blonden schoss nach oben und stieß unvermittelt auf sie herab. Jericho sah den Fischbauch der Maschine dicht über sich und ging tiefer. Knapp über dem Erdboden eierten sie dahin.
    »Pass doch auf!«, schnauzte Yoyo.
    »Ich weiß, was ich tue!« Zorn kochte in ihm hoch, doch tatsächlich war er sich keineswegs sicher, was er tun sollte. Unmittelbar vor ihnen wuchs ein gewaltiger Schornstein aus dem Boden.
    »Rechts!«, kreischte Yoyo. »Nach rechts!«
    Die Maschine des Blonden drückte sie weiter nach unten. Das Bike schrammte über eingetrocknete Schlacke, begann zu hopsen, geriet in heftiges Schlingern, dann waren sie um den Schornstein herum, nur um sich vor einer hangargroßen Halle wiederzufinden. Kein Weg führte an dem Gebäude vorbei, keiner darüber hinweg. Sie waren zu nah, viel zu nah. Keine Chance, auszuweichen, abzudrehen, sie vor der Kollision zu bewahren.
    Doch! Das Hallentor stand einen Spaltbreit offen.
    Unmittelbar vor dem drohenden Aufprall verzog Jericho die Maschine und schoss hindurch.
     
    Lau Ye hetzte durch die dämmrige Konzerthalle des ANDROMEDA. Er lief, so schnell ihn seine schmächtigen Beine trugen.
    Stell keine Fragen. Frag nicht.
    Er war einiges von Daxiong gewohnt in dieser Hinsicht, und er hatte sich niemals beklagt. Lau Ye war Novize im Orden der City Demons, als Letzter hinzugekommen und bei Weitem der Jüngste. Er respektierte Daxiong und Yoyo, Ziyi und Maggie, Tony und Jia Wei. Ebenso respektierte er Ma Mak und Hui Xiao-Tong, obwohl auch sie erst nachträglich in den Club aufgenommen worden waren. Nachträglich insofern, als die anderen den Verein gemeinsam ins Leben gerufen hatten, mit Daxiong als Begründer und Yoyo in der Rolle der Vizepräsidentin.
    Doch Ye war nicht blind.
    Kurz nach Stilllegung des Stahlwerks in der Siedlung geboren, ohne Schulbildung, dafür umso intimer vertraut mit Xaxus Eigentümlichkeiten und denen seiner Bewohner, hatte er von Anfang an nicht geglaubt, dass die Demons bloß ein Motorradclub waren. Auch Daxiong stammte aus Quyu, galt jedoch als Grenzgänger zwischen der Welt der Vernetzten und Netzlosen. Niemand bezweifelte, dass er eines schönen Morgens auf der anderen Seite aufwachen, sich die Augen reiben, mit einem schicken Wagen in ein klimatisiertes Hochhaus fahren und dort einer gut bezahlten Tätigkeit nachgehen würde. Yoyo hingegen, Maggie, Ziyi, Tony und Jia Wei gehörten ebenso wenig nach Quyu wie ein Streichquartett ins

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