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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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ANDROMEDA. In der alten Steuerzentrale hatten sie eine Art Cyber Planet für Privilegierte eingerichtet, und Yoyo hatte all die superteuren Computer vollgepackt mit geilen Spielen, doch sie war keine von ihnen. Sie ging auf die Uni. Jeder von denen ging auf die Uni, um etwas zu studieren, das Eltern gemeinhin als sinnvoll erachteten.
    Na ja. Nicht seine.
    Lau Yes Eltern kümmerten sich nicht groß um ihn. Mit seinen sechzehn Jahren hätte er ebenso gut auf dem Mond leben können. Die Arbeit in Daxiongs Werkstatt und die City Demons waren alles, was er hatte, und er liebte es, dazuzugehören. Darum fragte er auch nicht. Fragte nicht, ob seine Wenigkeit, Xiao-Tong und Mak eventuell nur dazu dienten, ein konspiratives Studentenclübchen slumtauglich zu tarnen. Fragte nicht, was die sechs während der vielen Treffen in der Zentrale veranstalteten, wenn er, Xiao-Tong und Mak nicht zugegen waren. Bis vor wenigen Tagen, als Yoyo völlig abgehetzt in der Werkstatt aufgekreuzt war. Da hatte er Daxiong dann doch gefragt.
    Die Antwort war vertraut ausgefallen.
    »Frag nicht.«
    »Ich will nur wissen, ob ich was tun kann.«
    »Yoyo hat Ärger. Am besten, du bleibst vorübergehend in der Werkstatt und meidest die Zentrale.«
    »Was für Ärger hat sie denn?«
    »Frag nicht.«
    Frag nicht. Bloß, drei Tage später war dieser Typ mit den blonden Haaren und den blauen Augen aufgetaucht, über den Daxiong später gesagt hatte, er sähe aus wie ein – Skanavier? Skandinavier! Ye hatte sich mit dem Mann unterhalten und erfahren, dass er ins ANDROMEDA wollte.
    »Cool«, hatte er später zu Daxiong gesagt. »Den hast du ja vielleicht ins Unkraut geschickt. Warum eigentlich?«
    »Frag –«
    »Doch. Ich frage.«
    Daxiong hatte sich die Glatze gerieben und das Kinn, in seinen Ohren gestochert, an seinem falschen Bart gezupft und endlich geknurrt:
    »Kann sein, dass wir unliebsamen Besuch bekommen. Miese Typen.«
    »Solche wie der vorhin.«
    »Genau.«
    »Und was wollen die von uns? Ich meine, was wollen die von euch? Was habt ihr gemacht, ihr – sechs?«
    Daxiong hatte ihn lange angesehen.
    »Wenn ich dir demnächst was anvertraue, kleiner Ye, wirst du dann die Klappe halten und es niemandem weitererzählen?«
    »Okay.«
    »Auch nicht Mak oder Xiao-Tong?«
    »O – okay.«
    »Habe ich dein Wort?«
    »Natürlich. Ähm – worum geht's denn?«
    »Frag nicht.«
    Doch selbst an jenem denkwürdigen Tag hatte die Standardabfuhr nicht so verzweifelt und zornig geklungen wie gerade eben. Was Ye seit Langem schon vermutet hatte, schien sich zu bestätigen. Die sechs pflegten verschwörerische Rituale. Er zitterte an allen Gliedern, als er den Innenraum durchquerte, der nach dem gestrigen Konzert noch völlig verwüstet und kaum passierbar war vor lauter Essensresten, Flaschen, Kippen und Drogenbesteck. Alkohol, kalter Rauch und Pisse formierten sich zu einem Generalangriff auf seine Chemorezeptoren. Mak und Xiao-Tong waren seit vier Wochen zusammen und ebenso auf dem Konzert gewesen wie er. Anschließend hatten sie es ordentlich krachen lassen. Erst gegen Morgen war Ye zugedröhnt in Yoyos verlassene Sommerresidenz über der Bühne gekrochen. Auch jetzt noch fühlte sich sein Schädel an wie ein Aquarium, in dem bei jeder Bewegung das Wasser umherschwappte, doch Daxiong vertraute ihm.
    Ihr werdet Leichen finden –
    Etwas Schreckliches musste geschehen sein. Ye ahnte, wo die beiden anderen zu finden sein würden. Ma Mak schlief zusammen mit ihren Eltern und Geschwistern in der Ruine eines halb abgerissenen Hauses am Rande der Siedlung. Die Familie teilte sich einen einzigen Raum, während Hui Xiao-Tong alleine in einem höhlenartigen Verschlag ganz in der Nähe hauste. Dort würde er sie aufstöbern.
    Er taumelte ins grelle Licht hinaus, kniff die Augen zusammen und lief über den Platz zu seinem Motorrad.
     
    Im Innern der Halle war es dämmrig, ein Raum von kolossalen Ausmaßen, die Decke zwischen 20 und 30 Meter hoch, genietete Wände, Stahlträger. Große Gestelle ließen darauf schließen, dass hier früher gegossener Stahl gelagert hatte.
    Hinter ihnen krachten Schüsse. Ihr Echo wurde von Wänden und Decken zurückgeworfen, akustische Querschläger.
    »Pass verdammt noch mal auf, wo du hinfliegst«, schrie Yoyo.
    Jericho wandte den Kopf und sah den Blonden aufholen.
    »Geh tiefer!«
    Ihr Verfolger näherte sich. Erneut peitschten Schüsse durch die Halle. Mit heulender Turbine jagten sie zwischen den Gestellen hindurch der rückwärtigen

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