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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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war schnell und kam zügig näher. Helles Fauchen eilte ihm voraus. Ein Fluggerät. Wie ein Motorrad, nur ohne Räder. Jemand saß im Sattel und steuerte das Ding, steuerte es geradewegs auf die Zentrale zu –
    Ye blinzelte, schirmte die Augen mit der Hand gegen die Sonne ab.
    Daxiong?
    Allmählich konnte er Einzelheiten ausmachen. Nicht, wer die Maschine flog, aber dass der Fahrer oder Pilot oder wie immer man so jemanden nannte, etwas Längliches hielt, das kurz in der Sonne aufblitzte –
    »Hey«, rief er. »Kommt euch das mal anseh –«
    Etwas löste sich von dem fliegenden Motorrad und schoss mit der Geschwindigkeit einer Rakete heran.
    Es war eine Rakete.
    »– hen«, flüsterte er.
    Sein letzter Gedanke war, dass er das alles nur träumte. Dass es gar nicht geschah, weil es nicht geschehen konnte, nicht durfte.
    Frag nicht.
     
    Xin drehte ab.
    Das kleine Haus auf dem Gerüst schien sich kurz aufzublähen, als hole es tief Luft. Dann flog der Vorderteil in einer feurigen Wolke auseinander und schleuderte Trümmer in alle Richtungen. Krachend schlugen sie in die Aufbauten des Hochofens, in die Fassaden der angrenzenden Gebäude, auf den Vorplatz. Xin legte sich in die Kurve und feuerte weitere Granaten in die Rückfront. Was an Seitenwänden verblieben war, zerbarst, das Dach kollabierte. Wie Streichhölzer knickten die Verstrebungen des Gitterturms weg, auf denen die Plattform mit der wild lodernden Ruine ruhte. Langsam geriet sie ins Rutschen, während es brennende Teile regnete, brach in der Mitte auseinander und prasselte Funken sprühend durch den Gitterturm nach unten.
    Jähe Befriedigung durchfuhr Xin, als er im Geschosshagel Jerichos Toyota erkannte. Dann war von dem Wagen nichts mehr zu sehen. Die Bestandteile der alten Zentrale verteilten sich über den Erdboden, bis nur noch Reste der Gitterkonstruktion aufragten, ein Scheiterhaufen, Fanal der exorzierenden Kraft schwerer Bewaffnung.
     
    Jericho fühlte sein Herz kalt und klamm in seiner Brust, als er aus dem Dunkel der Lagerhalle schoss. Er sah Menschen über die Schlackenfelder laufen und durcheinanderschreien, angelockt vom Brüllen des Feuers, dessen schwarze, vom Funkenflug gesprenkelte Rauchsäule sich weit über den Ofen erhob und nach der blassen, frühen Sonne griff.
    War Yoyo in dem Gebäude gewesen? Waren sie und Daxiong dorthin zurückgekehrt? Hatte Zhao sie am Ende doch noch erwischt?
    Nein, Zhao, Kenny oder wie immer er hieß, musste das Gebäude aus einem anderen Grund zerstört haben. Weil Yoyo ihn in dem Glauben gelassen hatte, ihr Computer befinde sich dort. Er hatte den Großteil der Wächter ausgelöscht und nun auch deren Treffpunkt mitsamt aller darin befindlichen Elektronik, die Organisation enthauptet, jene getötet, denen Yoyo sich anvertraut haben mochte.
    Inständig hoffte er, dass ihr Vorsprung ausgereicht hatte, Zhao zu entkommen.
    Er flog näher heran. Das Airbike ließ sich schwieriger steuern als vor dem Crash in der Konverterhalle. Möglicherweise war eine der Düsen verzogen und ließ sich nicht präzise justieren. Bemüht, die Schräglage der Maschine auszugleichen, begriff er nicht gleich, was er da eigentlich sah. Skizzenhaft entstand das Bild seines Wagens in seiner Erinnerung, abgestellt unter dem Gitterturm. Erst als er dem Feuer nahe genug war, dass ihn die Hitze zum Abdrehen zwang, ereilte ihn die Gewissheit, dass am Grunde der Flammensäule sein Toyota verkohlte.
    Angst, Erschöpfung, alles wurde hinweggefegt von einer Welle des Zorns. Unbändige Wut erfasste ihn. Fieberhaft suchte er nach dem Mechanismus, der die Seitenfächer öffnete, um Zhao mit seinen eigenen Waffen vom Himmel zu schießen. Doch nichts öffnete sich, und Zhao war nirgendwo auszumachen.
    Der Platz füllte sich mit Menschen. Von überall her kamen sie, zu Fuß, auf Fahrrädern und Bikes. Wongs World ergoss sich in Richtung Hochofen, selbst der Cyber Planet öffnete seine Türen und entließ blässliche, von der Wirklichkeit überforderte Gestalten.
    Es half alles nichts. Unter solchen Umständen war sogar damit zu rechnen, dass sich die Polizei der vergessenen Welt erinnerte. Jericho stieg höher. Er bemerkte, dass verschiedentlich auf ihn gezeigt wurde, gab Schub und zog über die Siedlung hinweg.
     
    Xin sah das Airbike kleiner werden.
    Ein gutes Stück vom Geschehen entfernt thronte er auf der Spitze eines Schornsteins wie ein Bussard. Kurz hatte er erwogen, auch Jericho mit einem gezielten Schuss zu erledigen, doch der Detektiv

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