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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Elektromotor und verschwand aus seinem Blickfeld. Am Rande der Selbstbeherrschung wuchtete Xin das Airbike herum, flog zurück in die Halle, stürzte sich in den Rauch, preschte durch das Walzwerk und die Lagerhalle zurück nach draußen. Über den Schlackenhalden drehte er eine weiträumige Kurve, dankbar für die frische Luft, öffnete die Abdeckung der zweiten Waffenkammer und langte hinein. Als er die Hand wieder herauszog, lag etwas Schweres, Langes in seinem Arm.
    Mit Höchstgeschwindigkeit hielt er auf den Hochofen zu.
     
    Jericho spuckte und hustete. Der Rauch wälzte sich in jeden Winkel. Ein weiteres Gefecht in dieser Hölle konnte er unmöglich verkraften. Wenn er nicht augenblicklich hier herauskam, wäre ohnehin alles zu spät. Wenige Minuten noch, und er konnte ebenso gut hier liegen bleiben und seine Lungen mit Teer füllen, bis sie die Farbe von Lakritz angenommen hätten.
    Inständig hoffte er, dass Yoyo es geschafft hatte. Alles war unwirklich schnell gegangen. Ihre Flucht unter den Schutz der Empore. Zhaos Maschine. Dann plötzlich Daxiong. Der Killer musste ihn gesehen haben, doch etwas hatte ihn davon abgehalten, sofort zu reagieren, Feuer vielleicht, quellender Rauch. Die Zeit hatte ausgereicht, dass sie zu Daxiong herüberlaufen konnten, der seine Maschine umgehend stoppte und mit laufendem Motor verharrte. In den Augenschlitzen des Hünen war Ratlosigkeit aufgeflackert, wie er sie beide auf seinem schmalen Sozius unterbringen sollte.
    »Geh, Yoyo«, hatte Jericho gesagt.
    »Ich kann dich doch nicht –«
    »Geh, verdammt noch mal! Halt keine Volksreden, hau endlich ab! Ich komme klar.«
    Sie hatte ihn angesehen, rußgeschwärzt, zerzaust und vom Schock gezeichnet, zugleich Wut und Entschlossenheit im Blick. Und mit einem Mal hatte er jene seltsame Traurigkeit an ihr wahrgenommen, die ihm von Chens Aufnahmen her bekannt war. Dann war Yoyo auf Daxiongs Sozius gesprungen, und Zhao hatte die beiden entdeckt.
    Jericho klammerte sich an die Hoffnung, dass sie dem Killer entwischt waren. Die Sicht wurde zunehmend schlechter. Den Ärmel vor Mund und Nase gepresst, hangelte er sich hoch zur Empore und inspizierte das Airbike. Übel zugerichtet, doch die Schäden schienen eher kosmetischer Natur zu sein. Er hoffte, dass die Steuerung nicht beschädigt war, bückte sich und wuchtete die Maschine hoch.
    Sein Blick fiel auf etwas Kleines.
    Es lag neben dem Airbike auf dem Boden, ein flaches, silbrig glänzendes Ding. Verwundert griff er danach, betrachtete es, drehte es hin und her –
    Yoyos Computer!
    Sie musste ihn hier verloren haben. Beim Sturz von dem Bike.
    Er hatte Yoyos Computer gefunden!
    Schnell ließ er das Gerät in seine Jacke gleiten, schwang sich auf den Sattel und startete die Maschine. Das vertraute Fauchen erklang.
    Nichts wie raus hier.
     
    Es war noch schlimmer gekommen, als er befürchtet hatte. Ma Mak hatte sich umgehend erbrochen, Xiao-Tong schrie abwechselnd Verwünschungen und die Namen der Toten und erweckte den Eindruck, als sei er für nichts anderes mehr zu gebrauchen.
    Ye weinte.
    Er wusste, dass er diese Bilder nie mehr loswerden würde. Nie wieder in seinem ganzen Leben.
    Frag nicht.
    »Wir müssen das Zeug zusammenpacken«, schniefte er.
    »Ich kann nicht«, heulte Mak.
    »Wir haben es Daxiong versprochen. Es hat was mit der Sache hier zu tun. Alles muss raus.« Er begann, Rechner von ihren Schnittstellen zu lösen und Displays abzubauen. Xiao-Tong glotzte ihn wie betäubt an.
    »Was ist hier bloß passiert?«, flüsterte er.
    »Weiß nich'.«
    »Wo ist Yoyo?«
    »Keine Ahnung. Hilfst du mir jetzt?«
    Mak wischte sich über den Mund, ergriff eine Tastatur und koppelte sie ab. Endlich packte auch Xiao-Tong mit an. Sie verstauten die Gerätschaften in Kartons und schafften sie hinaus auf die Empore. Die Leichen berührten sie nicht, versuchten sie nicht anzusehen, nicht durch die noch feuchten Blutlachen zu gehen, ein Ding der Unmöglichkeit. Alles war voller Blut, der Raum, der Tisch, die Bildschirme, einfach alles. Mak umfasste einen Karton, hob ihn hoch und stellte ihn wieder ab. Ye sah ihre Schultern zucken. Ihr Kopf pendelte hin und her, negierte uhrwerkartig die Tatsachen. Er streichelte ihren Rücken, nahm ihr den Karton aus den Händen und zog ihn durch Tonys Blut – oder war es das Jia Weis oder Ziyis? – nach draußen.
    Einen Moment hielt er inne, verschnaufte und schaute zum Himmel.
    Was war das?
    Von jenseits der Hallen näherte sich etwas aus der Luft. Es

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