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Limit

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Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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kleiner Küstenstaat mit mächtig viel Öl. Und der Kerl mit dem Stiernacken –«
    »– ist Mayé«, bestätigte Jericho. »Besser gesagt, er war es. Sein Ehrgeiz, an der Macht zu bleiben, ist ihm nicht gut bekommen. Sie haben ihn und seine gesamte Clique in die Luft gesprengt. Keiner hat überlebt. Die Sache ging '24 durch die Medien.«
    »Ich erinnere mich. Wir wollten damals über Äquatorialguinea recherchieren. Als wir uns noch für Außenpolitik interessierten.«
    »Warum eigentlich nicht mehr?«
    Yoyo zuckte die Achseln. »Was willst du machen, wenn sich der Dreck vor deiner Haustür stapelt? Du gehst durch die Straßen und siehst die Wanderarbeiter wie eh und je auf der Baustelle schlafen, wo sie auch vögeln, gebären und verrecken. Du siehst die Illegalen ohne Papiere, ohne Arbeitsgenehmigung, ohne Krankenversicherung. Den Unrat in Quyu. Die Schlangen vor den Beschwerdeämtern, die Schlägertrupps, die nachts anrücken und dich durchbläuen, bis du vergessen hast, worüber du dich eigentlich beschweren wolltest. Zugleich verkündet Reporter ohne Grenzen, die Situation der Meinungsfreiheit in China habe sich nachweislich verbessert. Ich weiß, es klingt zynisch, aber irgendwann werden dir die Probleme ausgebeuteter Afrikaner so egal wie Rotz im Gully.«
    Chen senkte peinlich berührt den Blick.
    »Bleiben wir erst mal bei Vogelaar«, beschied Tu. »Was kannst du uns noch über ihn sagen?«
    Jericho projizierte ein Chart auf die Wand. »Ich hab ihn durchleuchtet, so gut es ging. 1962 in Südafrika geboren als Sohn holländischstämmiger Einwanderer, Wehrdienst, Studium an der Militärakademie. 1983, mit 21 Jahren, heuert er als Unteroffizier bei der berüchtigten Koevoet an.«
    »Nie gehört«, sagte Yoyo.
    »Koevoet war eine paramilitärische Einheit der südafrikanischen Polizei zur Bekämpfung der SWAPO, einer Guerillatruppe, die für die Unabhängigkeit Südwestafrikas stritt, dem heutigen Namibia. Damals weigerte sich die Südafrikanische Union trotz UN-Resolution, die Provinz rauszurücken, und baute stattdessen Koevoet auf, übrigens das niederländische Wort für Brecheisen. Ein ziemlich harter Haufen. Vornehmlich einheimische Stammeskrieger und Fährtenleser. Nur die Offiziere waren weiß. Sie jagten die SWAPO-Rebellen in Panzerwagen und töteten mehrere Tausend Menschen. Man sagt ihnen Folter und Vergewaltigung nach. Vogelaar brachte es bis zum Offizier, doch Ende der Achtziger hatte sich der Verein erledigt und wurde aufgelöst.«
    »Woher weißt du das alles?«, staunte Tu.
    »Ich habe nachgesehen. Ich wollte einfach wissen, mit wem wir es zu tun haben. Ganz interessant übrigens. Koevoet stellt eine der Ursachen für das südafrikanische Söldnerproblem dar, immerhin umfasste die Truppe 3000 Mann, die nach dem Ende der Apartheid erst mal arbeitslos waren. Die meisten kamen in privaten Söldnerfirmen unter. Vogelaar auch. Nach der Zerschlagung von Koevoet Ende der Achtziger verlegte er sich auf Waffenhandel, arbeitete als Militärberater in Krisengebieten und ging 1995 zu Executive Outcomes, einem privat geführten Sicherheitsunternehmen und Auffangbecken für die halbe ehemalige Militärelite. Als Vogelaar dazustieß, spielte der Laden schon eine führende Rolle im weltweiten Söldnergewerbe, nachdem man sich anfangs damit begnügt hatte, den ANC zu unterwandern. Mitte der Neunziger war Executive Outcomes perfekt vernetzt. Ein Geflecht aus Militärdienstleistern, Öl- und Bergbaufirmen, das lukrative Auftragskriege führte und sich gerne von der Petroleumindustrie bezahlen ließ. In Somalia beendeten sie im Interesse amerikanischer Ölkonzerne den Bürgerkrieg, in Sierra Leone eroberten sie Diamantminen zurück, die in die Hände von Rebellen gefallen waren. Vogelaar baute dort exzellente Kontakte auf. Vier Jahre später wechselte er zum Outcomes-Ableger Sandline International, aber die machten eher durch fehlgeschlagene Operationen von sich reden und stellten 2004 alle Aktivitäten ein. Schließlich gründete er Mamba, seine eigene Sicherheitsfirma. Die operierte vornehmlich in Nigeria und in Kenia. Und in Kenia verliert sich dann auch seine Spur, irgendwann während der Unruhen nach den Wahlen 2007.« Jericho spreizte entschuldigend die Finger. »Oder sagen wir, ich habe sie verloren. 2017 taucht er jedenfalls wieder auf, an der Seite Mayés, dessen Sicherheitsapparat er fortan leitet.«
    »Ein Loch von zehn Jahren«, konstatierte Tu.
    »Hat Mayé sich nicht selbst an die Macht geputscht?«,

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