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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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fragte Yoyo. »Vogelaar könnte ihm dabei geholfen haben.«
    »Kann sein.« Tu verzog das Gesicht. »Afrika und seine Königsmorde. Messer in allen Rücken. Irgendwann geht der Überblick verloren. Mich wundert, dass sie selbst noch durchblicken.«
    Chen räusperte sich. »Darf ich dazu etwas, ähm – beitragen?«
    »Aber Hongbing! Unsere Ohren sind Trichter. Schütte dich aus.«
    »Nun ja.« Chen sah Jericho an. »Sie sagten, die komplette Clique dieses Mayé sei bei dem Umsturz ums Leben gekommen, richtig?«
    »Richtig.«
    »Ich übersetze Clique im weitesten Sinne mit Regierung.«
    »Auch richtig.«
    »Ein Putsch ohne Tote dürfte die Ausnahme sein.« Plötzlich wirkte Chen aufgeräumt und analytisch. »Oder sagen wir, wo Waffen ins Spiel geraten, sind Kollateralschäden Programm. Wenn aber die komplette Regierungsclique ums Leben kommt – dann kann man kaum noch von einem Kollateralschaden sprechen, oder?«
    »Worauf wollen Sie hinaus?«
    »Dass es bei dem Umsturz weniger darum ging, Mayé und seine Leute aus dem Amt zu jagen, als sie auszulöschen. Jeden Einzelnen von ihnen. Es war von Anfang an geplant, so sieht das für mich aus. Das war nicht einfach nur ein Putsch. Das war initiierter Massenmord.«
    »Oh, Vater«, seufzte Yoyo leise. »Was hättest du für einen Wächter abgegeben.«
    »Hongbing hat recht«, sagte Tu schnell, bevor Chen sich an Yoyos Bemerkung verschlucken konnte. »Und da wir schon so frohgemut im Nebel stochern, ohne rot zu werden, dürfen wir gleich auch das Allerschlimmste annehmen. Der Drache hat gespeist. Unser Land hat diese Gräuel vollbracht oder wenigstens dabei geholfen.« Er legte das Doppelkinn in die Rechte, wo es barock ruhte. »Andererseits, welchen Grund sollte Peking haben, eine komplette westafrikanische Kleptokratie auszulöschen?«
    Yoyo riss ungläubig die Augen auf.
    »Das traust du denen nicht zu? Hey, was ist los mit dir?«
    »Glätte dein Gemüt, mein Kind, ich traue denen alles zu. Ich wüsste nur gerne, warum.«
    »Dieser –« Chens Rechte vollführte vage Greifbewegungen. »Wie hieß er noch, der Söldner?«
    »Vogelaar. Jan Kees Vogelaar.«
    »Also, der müsste es wissen.«
    »Stimmt, er –«
    Alle sahen einander an.
    Und plötzlich dämmerte es Jericho.
    Natürlich! Wenn Chen recht behielt und die Mayé-Regierung Opfer eines Mordanschlags geworden war, konnte das nur zwei Gründe haben. Zum einen, der Volkszorn hatte sich entladen. Nicht zum ersten Mal hatte ein empörter Mob seine ehemaligen Peiniger gelyncht, allerdings geschah so etwas meist spontan, außerdem differierten die Hinrichtungsarten: Zerstückeln per Machete, ein brennender Autoreifen um den Hals, zu Tode knüppeln. Viel hatte Jericho in der kurzen Zeit nicht über die Verhältnisse in dem krisengebeutelten westafrikanischen Staat herausfinden können, allerdings schien Mayés Sturz eher Resultat einer blitzsauber geplanten, simultan durchgeführten Operation gewesen zu sein. Innerhalb weniger Stunden war der Spuk vorbei, waren alle Mitglieder des engeren Kreises um den Diktator tot gewesen. So, als wäre es darum gegangen, den ganzen Apparat zum Schweigen zu bringen. Mayé und sechs seiner Minister waren in der Explosion einer ferngelenkten Rakete verglüht, weitere zehn Minister und Generäle erschossen worden.
    Einer indes war entkommen. Jan Kees Vogelaar.
    Warum? Hatte Vogelaar ein doppeltes Spiel gespielt? Ein Putsch dieses Kalibers war nur möglich mit Verbindungen nach innen. War Mayés Sicherheitschef ein Verräter? Gesetzt den Fall, dies traf zu, dann –
    »– ist Andre Donner ein Zeuge«, murmelte Jericho.
    »Wie bitte?«, fragte Tu.
    Jericho starrte ins Nichts.
    – Donner zu liquidieren –
    »Könntest du uns eventuell an deinen Gedanken teilhaben lassen?«, schlug Yoyo vor.
    »Donner zu liquidieren«, sagte Jericho. Er sah sie der Reihe nach an. »Ich weiß, es ist kühn, aus den paar Textfetzen so etwas herauslesen zu wollen. Aber dieser Teil scheint mir unmissverständlich. Keine Ahnung, wer Donner ist, doch nehmen wir an, er kennt die wahren Hintergründe des Putsches. Er weiß, wer die Drahtzieher sind. Dann –«
    – unverändert ein hohes –
    Ein hohes was? Risiko? Bestand unverändert ein Risiko, dass Donner, nachdem er untergetaucht war, sein Wissen preisgeben könnte?
    – dass er Kenntnis von –
    – würde Aussage Umsturzes chinesische Regierung – »Dann?«, wiederholte Yoyo.
    »Pass auf!«, rief Jericho aufgeregt. »Nehmen wir an, Donner weiß, dass die

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