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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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unverständliche Worte –
    Eine Frau!
    Jericho spannte die Muskeln, ließ mehrmals den Ellbogen nach hinten schnellen. Die Angreiferin heulte auf. Im Herumwirbeln erkannte er sie, Mas Ehefrau oder welche Rolle auch immer sie spielen mochte in diesem Albtraum, packte sie, presste sie gegen eine der Säulen und hielt ihr den Lauf der Glock an die Schläfe. Wie kam sie hierher? Er hatte sie fortgehen, aber nicht wieder auftauchen sehen. Gab es einen weiteren Zugang zum Keller? Sollte Ma ihm am Ende entwischt sein?
    Nein, es war seine Schuld! Er hatte geschlampt auf dem Weg vom Wagen zur Fabrik. Versäumt, seinen Computer im Auge zu behalten. Irgendwann in dieser Zeit musste sie hierher zurückgekehrt sein, um –
    Schmerz!
    Ihr Absatz hatte sich in seinen Fuß gebohrt. Jericho holte aus und schlug ihr mit dem Handrücken ins Gesicht. Die Frau wand sich wie wild in seinem Griff. Er umfasste ihren Hals und drückte sie fester gegen die Säule. Sie trat nach ihm, dann gab sie überraschend jeden Widerstand auf und starrte ihn hasserfüllt an.
    In ihren Augen sah er, was sie sah.
    Alarmiert ließ er sie los, fuhr herum und gewahrte Ma in grotesker Haltung durch die Luft segeln, geradewegs auf sich zu, den Arm ausgestreckt, ein riesiges Messer schwingend. Die Zeit würde nicht reichen, ihn zu erschießen, um wegzulaufen, für nichts würde sie reichen bis auf –
    Jericho duckte sich.
    Das Messer fuhr herab, durchschnitt pfeifend die Luft und Frau Mas Kehle, aus der eine Kaskade von Blut spritzte. Ma taumelte, vom eigenen Schwung aus dem Gleichgewicht gebracht, starrte durch blutgesprenkelte Brillengläser auf seine zusammenbrechende Frau und ruderte mit den Armen. Jericho hämmerte die Glock gegen sein Handgelenk, und das Messer klirrte zu Boden. Er stieß es weg, trat Ma in den Bauch und ein weiteres Mal gegen die Schulter, als der Kinderschänder vornüberkippte. Der Mann ächzte, sackte auf alle viere. Seine Brille rutschte ihm von der Nase. Halb blind tastete er umher, rappelte sich hoch, beide Hände erhoben, die Handflächen nach außen gekehrt.
    »Ich bin unbewaffnet«, gurgelte er. »Ich bin wehrlos.«
    »Ich sehe einige hier, die wehrlos sind«, keuchte Jericho, die Glock auf sein Gegenüber gerichtet. »Und? Hat es ihnen was genützt?«
    »Ich habe Rechte.«
    »Die hatten die Kinder auch.«
    »Das ist was anderes. Das können Sie nicht verstehen.«
    »Das will ich auch nicht verstehen!«
    »Sie dürfen mir nichts tun.« Ma schüttelte den Kopf. »Ich bin krank, ein kranker Mann. Sie dürfen auf keinen Kranken schießen.«
    Einen Moment lang war Jericho zu verblüfft, um zu antworten. Weiterhin hielt er Ma mit der Waffe in Schach und sah, wie sich die Lippen des Mannes kräuselten.
    »Sie werden nicht schießen«, sagte Ma mit einem Anflug von Selbstsicherheit.
    Jericho schwieg.
    »Und wissen Sie, warum nicht?« Die Lippen verzogen sich zu einem Grinsen. » Weil Sie es spüren. Auch spüren. Die Faszination. Die Schönheit. Könnten Sie fühlen, was ich fühle, Sie würden mich nicht mit einer Waffe bedrohen.«
    »Ihr bringt Kinder um«, stieß Jericho heiser hervor.
    »Die Gesellschaft, die Sie repräsentieren, ist so verlogen. Sie sind verlogen. Erbärmlich. Sie armer, kleiner Polizist in Ihrer armseligen, kleinen Welt. Ist Ihnen eigentlich klar, dass Sie Menschen wie mich beneiden? Wir haben einen Grad der Freiheit erreicht, von dem Sie nur träumen können.«
    »Du Schwein.«
    »Wir sind so viel weiter!«
    Jericho hob die Waffe. Ma reagierte sofort. Erschrocken ließ er beide Arme in die Höhe schnellen und schüttelte wieder den Kopf.
    »Nein, das dürfen Sie nicht. Ich bin krank. Sehr krank.«
    »Ja, aber den Fluchtversuch hätten Sie nicht unternehmen dürfen.«
    »Welchen Fluchtversuch?«
    »Den gerade.«
    Ma blinzelte. »Aber ich fliehe nicht.«
    »Doch, Sie fliehen, Ma. Sie versuchen abzuhauen. In dieser Sekunde. Ich sehe mich darum gezwungen –«
    »Nein. Nein! Das dürfen Sie ni –«
    Jericho feuerte auf seine linke Kniescheibe. Ma schrie auf, knickte ein, wälzte sich am Boden und kreischte wie am Spieß. Jericho ließ die Glock sinken und hockte sich erschöpft vor ihn hin. Ihm war elend zumute. Kotzschlecht. Er war hundemüde und hatte zugleich den Eindruck, nie wieder schlafen zu können.
    »Das dürfen Sie nicht!«, heulte Ma.
    »Hättest halt nicht versuchen sollen abzuhauen«, murmelte Jericho. »Arschloch.«
     
    Die Polizei brauchte geschlagene 20 Minuten, um sich in der Fabrik einzufinden,

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