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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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sitzen?«
    »Autopilot, xiongdi«, sagte Tu. »Segensreiche Erfindung. Ich musste dich vorübergehend ersetzen, willst du hören, wie es mit Mayé weiterging?«
    »Ähm –«
    »Könnte als Ja durchgehen«, flüsterte Yoyo, zu Tu gewandt. »Was meinst du, hat er Ja gesagt?«
    »Klingt eher, als ob er Kaffee will. Möchtest du einen Kaffee, Owen?«
    »Hm?«
    »Ob du einen Kaffee willst.«
    »Ich – nein, keinen Kaffee.«
    »Ganz schön weggetreten, unser Üwerangskaddidaaah«, raunte Yoyo konspirativ.
    Tu gluckste. »Üüüwerangskaddidaaah«, wiederholte er, untermalt von Yoyos melodischem Kichern. Beide schienen sich unanständig gut zu amüsieren, mit ihm als Quell aller Heiterkeit. Missmutig schaute Jericho aus dem Fenster in die Nacht und wieder zurück.
    »Wie lange war ich denn weg?«
    »Och, gut eine Stunde.«
    »Tu mir leid, ich wollte nicht –«
    Yoyo starrte ihn an. Sie versuchte, sich ernst zu halten, dann brachen Tu und sie gleichzeitig in ein lautes Gelächter aus. Wie blödsinnig gackerten sie um die Wette, nervös und atemlos.
    »He! Was ist so komisch?«
    »Nichts.« Japsen, Lachen.
    »Offenbar doch.«
    »Nein, nichts, Owen, wirklich nicht. Es ist nur, weil –«
    »Weil was?«
    Höhenkoller, dachte er. Beginnende Hysterie. Man wusste von Menschen, die nach traumatisierenden Erlebnissen aus dem Lachen nicht mehr rauskamen. Erstaunlicherweise, obschon er nicht die geringste Ahnung hatte, worum es ging, verspürte er eine schmerzliche Sehnsucht, mitzulachen, egal worüber. Gar nicht gut, dachte er. Wir drehen noch alle durch.
    »Also?«
    »Na ja.« Yoyo zog die Nase hoch und wischte sich die Augenwinkel. »Zu blöd aber auch, Owen. Du bist mir mitten im Satz verloren gegangen, weißt du. Dein letztes Wort war –«
    »Was?«
    »Schätze, es sollte Übergangskandidat heißen. Du hast gesagt, Obiang hätte einen – einen Üüüüwerangs –«
    Tu gab meckernde Laute von sich.
    »– kaddidaaah –«
    »Ihr habt sie ja nicht mehr alle.«
    »Komm, Owen, das ist lustig«, grunzte Tu. »Das ist wirklich lustig !«
    »Was denn, verdammt noch mal?«
    »Du bist mitten im Satz eingeschlafen«, kicherte Yoyo. »Dein Kopf fiel so komisch nach vorn, dein Unterkiefer ist runtergeklappt, etwa so –«
    Geduldig wartete Jericho, bis die Imitation seiner Entwürdigung ihren geifernden Abschluss gefunden hatte. Tu tupfte sich den Schweiß von der Glatze. In Momenten wie diesen schienen englischer und chinesischer Humor Galaxien auseinanderzuliegen, doch plötzlich stellte er fest, dass er selber lachte. Irgendwie tat es gut. Als ob jemand in seinem Innern die Möbel gerade rückte und ordentlich durchlüftete.
    »Also schön.« Tu schlug ihm auf die Schulter. »Ich geh wieder nach vorne. Yoyo erzählt dir den Rest. Danach können wir Schlüsse ziehen.«
    »Und wo waren wir stehen geblieben«, fragte Jericho.
    »Beim Üwerangskaddi –«, zwitscherte Yoyo.
    »Aus jetzt.«
    »Ehrlich, im Ernst. Bei General Mayé.«
    Natürlich. Obiang hatte seinen obersten Heerführer zum Nachfolger ernannt. Mayé sollte die verbleibende Amtszeit des scheidenden Präsidenten zur Vorbereitung demokratischer Wahlen nutzen, jedoch traut niemand dem Brigadegeneral. Mayé gilt als Hardliner und Marionette Obiangs. Ohne Zweifel wird es Wahlen geben, als deren Ergebnis entweder Mayé selbst oder einer der Präsidentensöhne die Macht an sich reißen wird. Definitiv keine Option, an der irgendjemandem gelegen sein könnte.
    Außer Peking.
    Was dann geschieht, kommt sowohl für Obiang als auch für Mayé dermaßen überraschend, dass sie noch Wochen später glauben, schlecht geträumt zu haben. Am Tag der Amtsübergabe stürmt eine kühn zusammengeschmiedete Allianz aus Bubi und Fang, darunter Angehörige der Streitkräfte, in einer konzertierten Aktion sämtliche Polizeiwachen Malabos sowie den Regierungssitz, nimmt den Diktator und seinen designierten Nachfolger gefangen, fährt beide zur kamerunischen Grenze und wirft sie ohne Umschweife aus dem Land. Amerikas Investment hat sich ausgezahlt, praktisch jede Schlüsselposition in Kreisen der Regierung ist gekauft, und dies sogar noch zu Obiangs Gunsten, weil Washington sich für die logistische und strategische Unterstützung des Putsches jegliche Anfälle von Lynchjustiz verbeten hat.
    Für die Dauer weniger Stunden scheint das Land führerlos.
    Dann entsteigt Severo Motos Nachfolger einer spanischen Verkehrsmaschine, ein studierter Ökonom namens Juan Aristide Ndongo vom Stamm der Bubi, der

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