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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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schwerfälliges Monstrum, nur auf Schnellstraßen überlegen.
    »Bleib an ihr dran«, sagte er. »Gib mir Nachricht, wenn was passiert.«
    Danach rief er Tu an und brachte ihn auf den neuesten Stand.
    »Und wie läuft's bei dir?«
    »Macht Spaß mit Diane«, sagte Tu. »Hübsches Programm. Nicht mehr ganz auf der Höhe, aber wir unterhalten uns prächtig.«
    »Das Programm ist ganz neu«, protestierte Jericho.
    »Ganz neu ist, was noch nicht gebaut wurde«, belehrte ihn Tu.
    »Komm zur Sache.«
    »Also, hinsichtlich Ndongos: Er scheint sich um mehr Ausgewogenheit zu bemühen als während seiner ersten Amtszeit, widersteht dem chinesischen Einfluss, diesmal jedoch, ohne Peking zu brüskieren. Seine Sympathien gehören eindeutig Washington und der EU. Andererseits hat er Anfang des Jahres verlauten lassen, die Interessenlage sämtlicher Länder gleichermaßen berücksichtigen zu wollen, solange diese nicht Züge wirtschaftlicher Annexion erkennen lassen, und der Sinopec ein paar Brocken rübergeschoben. Darüber hinaus ist er nach Kräften bemüht, den Saustall aufzuräumen, den Mayé hinterlassen hat.«
    »Klingt weniger nach Marionette als früher.«
    »Stimmt. Und weißt du auch, warum? Wir wissen es alle! Sie haben Öl da unten und Gas. Beides in rauen Mengen. Antworten auf Fragen, die keiner mehr stellt. Da liegt das Problem, und es scheint auch Mayés Problem geworden zu sein. Verstehst du?«
    »Helium-3?«
    »Was denn sonst?«
    Aber natürlich! Jeder wusste es. Nur dass man allzu schnell aus den Augen verlor, wer von der veränderten Situation betroffen war, die das Mondgeschäft mit sich brachte.
    »Anfang 2020 war klar, dass Helium-3 die fossilen Brennstoffe verdrängen würde«, sagte Tu. »Die Vereinigten Staaten setzten alles auf diese eine Karte. Auf die Entwicklung des Weltraumlifts, den Ausbau der Infrastruktur auf dem Mond, auf die kommerzielle Förderung von Helium-3, auf Julian Orley. Der wiederum arbeitete fieberhaft an seinen Fusionsreaktoren. Damals haben Orley und die USA eine gewaltige Blase erzeugt. Es hätte entsetzlich schiefgehen können, wäre sie geplatzt. Der größte Konzern aller Zeiten wäre wie eine Splitterbombe auseinandergeflogen, die USA mit ihrer einseitigen Ausrichtung auf den Mond hätten schmerzliche Rückschläge im fossilen Poker hinnehmen müssen, Millionen und Abermillionen Menschen hätten ihr Geld verloren. Afrika könnte weiter im Reichtum schwimmen, die leidigen Bürgerkriege aus den Öleinnahmen bestreiten und den reichen Nationen Bedingungen diktieren. Erinnere dich, 2019, der Barrelpreis.«
    »Da war er noch mal oben.«
    »Ein letztes Mal. Denn wir wissen, es hat funktioniert! Orley und die USA haben ihren Lift gebaut, vor allem als Erste gebaut! Ich hab's noch mal minutiös recherchiert, Owen. Am 1. August 2022 wurde die Mondbasis in Betrieb genommen, wenige Tage darauf die amerikanische Förderstation. Zwei Wochen später begann offiziell der Abbau von Helium-3. Anderthalb Monate später, am 5. Oktober, geht der erste Orley-Reaktor ans Netz und erfüllt alle Erwartungen. Das Fusionszeitalter hat begonnen, Helium-3 ist die Energiequelle der Zukunft. Im Dezember liegt der Barrelpreis bei 120 Dollar, im darauffolgenden Februar sinkt er auf 76 Dollar, und im März zieht China nach und schickt seinerseits die ersten Helium-3-Lieferungen zur Erde, wenngleich mit konventioneller Raketentechnologie und in verschwindend geringen Mengen. Dennoch, die zwei rohstoffhungrigsten Nationen sind auf dem Mond. Andere hecheln hinterher, Indien, Japan, die Europäer, wie besessen bemüht, ihren Claim abzustecken. Nicht, dass Öl keine Rolle mehr spielt, aber die Abhängigkeit schwindet. Sommer 2023, 55 Dollar pro Barrel. Herbst, 42 Dollar. Selbst das war mal viel, doch es geht weiter nach unten. Man sollte erwarten, dass fleißig gekauft wird, so billig kriegt man's nie wieder, doch Fehlanzeige. Die wichtigen Verbrauchernationen haben ihre Vorräte beizeiten angelegt. Niemand sieht Bedarf nach weiteren Depots, im Automobilsektor entwickelt sich Strom zur seriösen Option. Die Rohstoffe exportierenden Länder, die ausschließlich auf die Einnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft gesetzt und dabei ihre einheimische Wirtschaft vernachlässigt haben, bekommen den Ressourcenfluch mit ganzer Härte zu spüren, gerade in Afrika. Potentaten wie Obiang oder Mayé sehen das Ende heraufdämmern. Jetzt rächt es sich, dass sie ihre Länder haben zu Tode melken lassen. Sie machen nicht länger die

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