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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Golf geschwärmt, von effektvollen Wasserspielen im Pool, von Flügen und Fahrten mit Shuttles, Grasshoppern und Mondbuggys und natürlich immer wieder vom Anblick der Erde. Abneigungen und Meinungsverschiedenheiten schienen im Regolith beerdigt worden zu sein. Jeder redete mit jedem. Momoka Omura führte Worte wie Schöpfung und Demut im Munde, Chuck Donoghue nannte Evelyn Chambers eine galante Person, Mimi Parker verabredete sich mit Karla Kramp kichernd im Dampfbad. Pestilenzartige Anflüge von guter Laune zersetzten jedes anständige Ressentiment. Alle waren in Kuschellaune, ekelhaft ausgelassen und pflegeleicht, selbst Oleg Rogaschow, der seine Mitreisenden der Reihe nach zum Judo nötigte und mit füchsischer Freude am Naga Waza durchs Geviert schleuderte, meterweit, natürlich ohne dass sich jemand wehtat! Zum Kotzen, doch das Lynn-Chamäleon ging in jeder Schilderung auf, als artikuliere sich darin der Sinn seines Daseins, ließ sich Komplimente zustecken wie Hurenlohn, litt und lächelte, lächelte und litt. Viertel vor acht, Vorfreude aufs Dinner. Vor ihrem geistigen Auge sah sie, wie der erste Gang serviert und heruntergeschlungen wurde, Aileen eine Fischgräte im Hals stecken blieb, Rogaschow Blut spuckte, Heidrun erstickte, sah Gaias Antlitz bersten und den fidelen Haufen bekackter Arschlöcher nach draußen gewirbelt werden, ungeschützt ins Vakuum, platzend, verbrennend, erfrierend.
    Na ja, man platzte nicht gleich.
    Aber keine Mutter hätte ihr Kind danach noch wiedererkannt.
     
    Dana Lawrence schaute auf, als Lynn das Kontrollzentrum betrat. Sie warf einen raschen Blick auf die Uhr. Wenige Minuten noch bis zur Fütterung der Raubtiere, und sie musste wegen eines routinemäßigen Checks in den Untergrund. Normalerweise besetzte Ashwini Anand während ihrer Abwesenheit die Zentrale, doch die Inderin ging gerade dem Versagen des Roboters nach, der in Nairs Suite die Betten bezog.
    »Alles klar?«, fragte Lynn.
    »So weit ja. Technischer Ausfall auf Level 27. Nichts von Bedeutung.«
    Lynns Augen flackerten. Es reichte, um Lawrences Analytikerverstand zu triggern. Sie fragte sich, was los war mit Julians Tochter. Zunehmend machten sich Anzeichen von Unsicherheit und Gereiztheit bei ihr bemerkbar. Warum hatte sie sich vor zwei Tagen so vehement dagegen gesträubt, Julian die Aufzeichnungen sehen zu lassen? Sie ließ ihren prüfenden Blick auf Lynn ruhen, doch die hatte sich längst gefangen.
    »Kriegen Sie's hin, Dana?«
    »Kein Problem. Da Sie gerade hier sind, kann ich Sie um einen Gefallen bitten? Ich müsste für zehn Minuten nach unten. Während der Zeit ist die Zentrale nicht besetzt, und –«
    »Schalten Sie doch um auf Ihr Handy.«
    »Tue ich für gewöhnlich. Ich habe nur gerne alles im Blick, wenn im Restaurant der Rummel losgeht. Könnten Sie kurz die Stellung halten?«
    »Klar.« Lynn lächelte. »Gehen Sie ruhig.«
    Du bist eine Schauspielerin, dachte Lawrence. Was verbirgst du? Was ist dein Problem?
    »Danke«, sagte sie nachdenklich. »Bis gleich.«
     
    Die Zentrale. Der kleine Olymp.
    Auf wie viele Knöpfe man hier drücken könnte, wie viele Systeme umprogrammieren, Grundeinstellungen verändern. Den Sauerstoffgehalt heraufsetzen, bis alles Feuer fing. Ein Übermaß an Kohlendioxid beimischen. Sämtliche Schotts schließen und die Gesellschaft im Restaurant abriegeln, bis einer nach dem anderen durchdrehte. Den Sludge, das Abwasser, ins Trinkwasser leiten, sodass alle krank wurden. Die Fahrstühle stoppen. Den Reaktor abkoppeln. Den Innendruck erhöhen und schlagartig abfallen lassen. Lauter lustige Dinge. Der Kreativität waren keine Grenzen gesetzt.
    Ich bin bedrohlich.
    Lynns Blick erwanderte die Monitorwand mit den überwachten Bereichen.
    Nein. Du bist nicht deine Gedanken!
    »I am what I am«, sang sie leise.
    Eine Melodie mischte sich hinein. Ein Anruf aus London, Orley Hauptquartier, Zentrale Sicherheit. Lynn runzelte die Brauen. Ihre Hand schwebte unschlüssig über dem Touchscreen, dann nahm sie das Gespräch mit flauem Gefühl entgegen. Edda Hoffs Pagenkopf erschien auf dem Schirm. Ihre Wachsfigurenphysiognomie ließ nicht erahnen, ob sie Gutes oder Schlechtes zu vermelden hatte.
    »Hallo, Lynn«, sagte sie tonlos. »Wie geht's?«
    »Könnte nicht besser laufen! Der Trip ist ein voller Erfolg. Und bei Ihnen? Tote? Armageddon?«
    Hoff zögerte die Antwort beunruhigend lange hinaus.
    »Ich weiß es nicht, um ehrlich zu sein.«
    »Sie wissen es nicht?«
    »Vor wenigen Stunden

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