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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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zögerlich vor. Zur Rechten öffnete sich der Fels und gewährte Einblick in ein riesiges, angrenzendes Gewölbe, aus dem das Donnern und Tosen mit einer Lautstärke herüberdrang, dass es die Unterhaltung übertönte. Ein gleißender See füllte die Kammer zur Hälfte, kochend und blubbernd, rotgelbe Fontänen spuckend. Basaltnadeln reckten sich aus der zähen Flut zur Kuppeldecke empor, die im Widerschein gespenstisch flackerte. Mit stiller Freude studierte Lynn Furcht, Faszination, Erstaunen, sah Heidrun Ögi sich mit erhobenen Händen gegen die Hitze abschirmen. Ihr weißes Haar, ihre Haut schienen zu lodern. Als sie unsicher näher herantrat, sah sie einen Moment lang aus, als sei sie geradewegs der Hölle entstiegen.
    »Was um alles in der Welt ist das?«, fragte sie ungläubig.
    »Eine Magmakammer«, erklärte Lynn seelenruhig. »Ein Depot, um den Vulkan mit Schmelze und Gasen zu speisen. Solche Kammern bilden sich, wenn flüssiges Gestein aus großer Tiefe in Schwächezonen der Erdkruste emporsteigt. Sobald der Druck in der Kammer überhandnimmt, bahnt sich die Schmelze ihren Weg nach oben, und es kommt zum Ausbruch.«
    »Aber hatten Sie nicht gesagt, der Vulkan sei erloschen«, wunderte sich Mukesh Nair.
    »Eigentlich erloschen, ja.«
    Plötzlich redeten alle durcheinander. Es war O'Keefe, der als Erster Verdacht schöpfte. Die ganze Zeit über war er nachdenklich und in sich gekehrt am Durchlass entlanggeschlendert, auf Abstand bedacht, jetzt ging er geradewegs darauf zu.
    »He, mon ami !« , rief Tautou. »Versengen Sie sich nicht die Haare.«
    »Pas de problem.« O'Keefe drehte sich um und grinste. »Ich glaube kaum, dass etwas in der Art zu befürchten steht. Nicht wahr, Lynn?«
    Er streckte die Rechte aus. Seine Finger berührten eine Oberfläche. Warm, aber nicht heiß. Vollkommen glatt. Er drückte die Handfläche dagegen und nickte anerkennend.
    »Wann hat es in diesem Berg zuletzt so ausgesehen?«
    Lynn lächelte.
    »Nach Meinung der Geologen vor etwas über einhunderttausend Jahren. Allerdings nicht so weit oben. Magmakammern liegen für gewöhnlich in einer Tiefe von 25 bis 30 Kilometern, außerdem sind sie bei Weitem größer als diese da.«
    »Jedenfalls die beste Holografie, die ich bislang gesehen habe.«
    »Wir geben uns Mühe.«
    »Eine Holografie?«, echote Sushma.
    »Genauer gesagt das Zusammenspiel holografischer Projektionen mit Sound, farbigem Licht und Heizstrahlern.«
    Sie trat neben O'Keefe und tippte mit dem Finger gegen die Oberfläche des Projektionsschirms, als bestünde immer noch die Möglichkeit, dass er sich irrte. »Aber es wirkt vollkommen echt!«
    »Natürlich. Wir wollen Sie schließlich nicht langweilen.«
    Alle betasteten nun den Bildschirm, traten ehrfürchtig zurück, gaben sich wieder der Illusion hin. Chuck Donoghue vergaß zu witzeln, Locatelli herablassend zu schwafeln. Selbst Momoka Omura starrte in den digitalen Lavasee und wirkte beinahe beeindruckt.
    »Wir sind praktisch am Ziel«, sagte Lynn. »In wenigen Sekunden werden Sie die Kammer betreten können, nur wird sie dann völlig anders aussehen. Aus ferner Vergangenheit werden Sie in die Zukunft unseres Planeten reisen, in die Zukunft der Menschheit.«
    Sie tippte gegen einen im Fels verborgenen Schalter. Am Ende des Gangs entstand ein hoher, senkrechter Spalt. Gedämpftes Licht sickerte daraus hervor. Die Musik schwoll an, machtvoll und mystisch, der Einschnitt verbreiterte sich und gab den Blick frei in das dahinter liegende Gewölbe. Tatsächlich entsprach es in Aussehen und Abmessungen ziemlich genau der holografischen Darstellung, nur dass nun keine Lava darin umherschwappte. Stattdessen spannte sich kühn eine Empore über den bodenlosen Schlund. Stählerne Laufgänge führten zu übereinandergestaffelten Reihen komfortabel aussehender Sitze, die frei über dem Abgrund schwebten. Im Zentrum wölbte sich eine transparente Fläche von gut und gerne eintausend Quadratmetern. Ihr unteres Ende verlor sich in der lichtlosen Tiefe, das obere reichte bis knapp unter die Kuppeldecke, ihre Seiten spannten sich weit über die Sitzreihen hinaus.
    Auf der Empore stand ein einzelner Mann.
    Er war mittelgroß, leicht untersetzt und von verblüffend jugendlichem Aussehen, obschon sein Bart und das lange, über den Kragen reichende Haar stark ergraut waren und den aschblonden Ton früher Jahre nur noch erahnen ließen. Er trug T-Shirt und Sakko, Jeans und Cowboystiefel. Ringe steckten an seinen Fingern. Seine Augen

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