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Limit

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Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Manche der Bekleidungen ließen an Raumanzüge denken. Sie erblickten Wesen, die mit komplizierten Maschinen verwachsen schienen. Ein gewaltiges, rechteckiges Relief zeigte ein menschenähnliches Geschöpf in fötaler Stellung Hebel und Schalter bedienen. Der Sound wechselte ins Unheimliche.
    »Gruselig«, seufzte Miranda Winter lustvoll.
    »Das will ich doch hoffen«, grinste Lynn. »Schließlich haben wir die rätselhaftesten Zeugnisse frühen menschlichen Schaffens zusammengetragen. Reproduktionen, versteht sich. Die Figuren in den gestreiften Anzügen etwa wurden in Australien entdeckt und verkörpern laut Überlieferung die beiden Blitzbrüder Yagjagbula und Yabiringl. Einige Forscher halten sie für Astronauten. Daneben der sogenannte Marsgott, im Ursprung eine sechs Meter hohe Felszeichnung aus der Sahara. Die Wesen dort links, die wie zum Gruß ihre Hände heben, fand man in Italien.«
    »Und das hier?« Eva Borelius war vor dem Relief stehen geblieben und betrachtete es interessiert.
    »Unser Prachtstück! Ein Maya-Artefakt. Die Grabplatte des Königs Pakal von Palenque, einer uralten Pyramidenstadt im mexikanischen Chiapas. Sie soll den Abstieg des Herrschers in die Unterwelt darstellen, symbolisiert durch den aufgerissenen Rachen einer Riesenschlange.« Lynn trat neben sie. »Was erkennen Sie denn darin?«
    »Schwer zu sagen. Sieht eher aus, als säße er in einer Rakete.«
    »Genau!«, rief Ögi, herbeieilend. »Und wissen Sie was? Diese Deutung ist einem Schweizer zu verdanken!«
    »Ach.«
    »Sie kennen Erich von Däniken nicht?«
    »War das nicht so ein Fantast?« Borelius lächelte kühl. »Einer, der überall Außerirdische sah?«
    »Er war ein Visionär!«, korrigierte sie Ögi. »Ein ganz Großer!«
    »Entschuldigung.« Karla Kramp hüstelte. »Aber Ihr Visionär ist mit schöner Regelmäßigkeit widerlegt worden.«
    »Na und?«
    »Ich will nur verstehen, warum er dann ein ganz Großer ist.«
    »Was meinen Sie, meine Liebe, wie oft die Bibel widerlegt wurde«, rief Ögi. »Ohne Fantasten wäre die Welt langweiliger, durchschnittlicher, muffiger. Wen schert es, ob er recht hatte! Warum muss einer immer recht haben, um groß zu sein?«
    »Tut mir leid, ich bin Ärztin. Wenn ich unrecht habe, gelangen meine Patienten im Allgemeinen nicht zu der Auffassung, ich sei groß.«
    »Lynn, kannst du mal rüberkommen?«, rief Evelyn Chambers. »Woher stammt das hier? Sieht aus, als ob die fliegen.«
    Unterhaltungen keimten auf, Halbbildung trieb Blüten. Die Motive wurden bestaunt und diskutiert. Lynn lieferte Erklärungen und Hypothesen. Erstmals war eine Besuchergruppe in der Höhle unterwegs. Ihr Plan, die Leute mit prähistorischen Zeichnungen und Skulpturen auf das Mysterium des Kommenden einzustimmen, ging auf. Schließlich trommelte sie die Truppe zusammen und führte sie aus der Galerie in den nächsten Gangabschnitt, es wurde noch abschüssiger, noch dunkler –
    Und wärmer.
    »Was ist das denn für ein Getöse?«, wunderte sich Miranda Winter. »Wumm, wumm! Ist das normal?«
    Tatsächlich mischte sich dumpfes Grollen in den Soundtrack, der Tiefe des Berges entspringend, und schuf eine Atmosphäre der Bedrohung. Rötliche Schwaden waberten über den Fels.
    »Da ist etwas«, flüsterte Aileen Donoghue. »Irgendein Licht.«
    »Mensch, Lynn«, lachte Marc Edwards. »Wo führen Sie uns hin?«
    »Wir müssen doch schon ganz schön tief sein, oder?« Erstmals äußerte sich Rebecca Hsu. Seit ihrer Ankunft hatte sie unablässig telefoniert und war für niemanden ansprechbar gewesen.
    »Knapp 80 Meter«, sagte Lynn. Sie schritt zügig aus, einer weiteren Biegung entgegen, in flackernden Feuerschein getaucht.
    »Spannend«, bemerkte O'Keefe.
    »Ach was, bloßes Theater«, erklärte Warren Locatelli von oben herab. »Wir betreten eine fremde Welt, das soll es suggerieren. Das Erdinnere, das Innere eines fremden Planeten, irgend so ein Schmus.«
    »Abwarten«, sagte Lynn.
    »Was soll schon groß kommen«, mühte sich Momoka Omura um Entzauberung, während dem Klang ihrer Stimme zu entnehmen war, dass wieder Lavaströme in ihrem Kopf zu fließen begannen. »Eine Höhle, noch eine Höhle. Super.«
    Das Grollen und Dröhnen schwoll an.
    »Also, ich finde es –«, begann Evelyn Chambers, stockte mitten im Satz und sagte: »Oh Mann!«
    Sie hatten die Biegung passiert. Ein Monster aus Hitze sprang sie an. Der Gang weitete sich, überzogen von pulsierender Glut. Einige Gäste blieben abrupt stehen, andere wagten sich

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