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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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ehrenwert.«
    Der andere Mann hüstelte, wischte seine Handflächen an den Hosenbeinen ab und nickte in die Runde.
    »Tom Merrick, Nachrichtenwesen.«
    Jericho betrachtete ihn. Er war jung, früh erkahlt und offenbar mit Hemmungen behaftet, seinem Gegenüber länger als zwei Sekunden in die Augen zu schauen.
    »Tom ist unser Spezialist für jede Art Kommunikation und Nachrichtenübermittlung«, sagte Norrington. »Haben Sie das Dossier mitgebracht?«
    Statt einer Antwort hielt Jericho den winzigen Würfel ins Licht.
    »Sehr gut!« Norrington nickte. »Kommen Sie.«
    Der Weg führte ins Innere des Dachs auf einen begrünten Parcours und über eine Brücke, jenseits derer sich eine Front gläserner Aufzüge erstreckte. Der Blick fiel ab ins offene Innere des Big O, durchzogen von weiteren Brücken. Menschen eilten geschäftig darauf hin und her. Gut 150 Meter unter sich sah Jericho fahrstuhlartige Kabinen im Looping der Aussparung entlangfahren, dann betraten sie einen der Hochgeschwindigkeitsaufzüge, stürzten dem Erdboden entgegen und durch ihn hindurch und stoppten auf Sublevel 4. Norrington marschierte ihnen voraus. Ohne sein Tempo zu verlangsamen, hielt er auf eine spiegelnde Wand zu, die sich lautlos öffnete, und die Welt der Hochsicherheit verschluckte sie, beherrscht von Computerarbeitsplätzen und Monitorwänden. Männer und Frauen sprachen in Headsets. Videokonferenzen waren im Gange. Tu schob die Brille auf seinem Nasenrücken zurecht, gab wohlgefällige Laute von sich und reckte den Hals, in Bann geschlagen von so viel Technik.
    »Unser Lageinformations-Zentrum«, erklärte Norrington. »Von hier aus stehen wir mit Orley-Einrichtungen überall auf der Welt in Verbindung. Wir arbeiten subfirmenspezifisch, soll heißen, es gibt keine Kontinentalchefs, nur Sicherheitsbeauftragte der einzelnen Unternehmenstöchter, die an London berichten. Sämtliche Daten zur Lageerfassung laufen bei uns zusammen.«
    »Wie tief sind wir unter der Erde?«, fragte Yoyo.
    »Nicht so tief. 15 Meter. Wir hatten ordentlich mit Grundwasser zu kämpfen, aber jetzt ist der Laden dicht. Die Zentrale Sicherheit mussten wir aus verständlichen Gründen schützen, etwaigen Angriffen aus der Luft entziehen, außerdem dient der Untergrund des Big O bei Bedarf als Atombunker.«
    »Das heißt, wenn England fällt –«
    »– steht Orley immer noch.«
    »Der König ist tot, lang lebe der König.«
    »Keine Angst.« Norrington lächelte. »England wird nicht fallen. Unser Land verändert sich, wir mussten es hinnehmen, dass die roten Telefonzellen und die roten Busse verschwanden, aber die Royal Family ist nicht verhandelbar. Wenn es hart kommt, haben wir hier unten auch noch Platz für den König.«
    Er führte sie in einen Konferenzraum mit rundum laufenden, holografischen Projektionswänden. Zwei Frauen standen in gedämpfter Unterhaltung zusammen. Eine der beiden erkannte Jericho sofort. Der lackschwarze Pagenschnitt über dem bleichen Gesicht gehörte Edda Hoff. Die andere Frau war füllig, mit ansprechenden, wenngleich bärbeißigen Zügen, blaugrauen Augen und kurz geschnittenem, weißen Haar.
    »Jennifer Shaw«, sagte sie.
    Bevollmächtigte der Zentralen Sicherheit, ergänzte Jericho im Kopf. Wachhund Nummer eins im weltumspannenden Orley-Imperium. Wieder wurden Hände geschüttelt.
    »Kaffee?«, fragte Shaw. »Wasser? Tee?«
    »Irgendwas.« Tu hatte ein Lesegerät für Gedächtniskristalle entdeckt und steuerte zielstrebig darauf zu. »Egal, was.«
    »Rotwein«, sagte Yoyo.
    Shaw hob eine Braue. »Mittelschwer? Schwer? Barrique?«
    »Möglichst was in Richtung Narkotikum.«
    »Narkotikum und irgendwas«, nickte Edda Hoff, ging kurz nach draußen und kam wieder zurück, während die anderen ihre Plätze einnahmen. Tu legte den Kristall in den Reader und nickte in die Runde.
    »Mit Ihrem Einverständnis lassen wir zuerst einen alten Halunken zu Wort kommen«, sagte er. »Sie verdanken ihm Einblick ins kranke Hirn Ihrer Feinde, außerdem würde ich gern jeden Zweifel an unserer Glaubwürdigkeit ausräumen.«
    »Wo ist der Mann jetzt?« Shaw lehnte sich zurück.
    »Tot«, sagte Jericho. »Er wurde vor meinen Augen ermordet. Man hat versucht, ihn an der Weitergabe seines Wissens zu hindern.«
    »Offenbar ohne Erfolg«, meinte Shaw. »Wie sind Sie in den Besitz des Kristalls gelangt?«
    »Ich hab sein Auge geklaut«, sagte Yoyo. »Sein linkes.«
    Shaw dachte eine Sekunde darüber nach.
    »Ja, man sollte keinen Weg scheuen. Erteilen Sie

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