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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Bademantel.
    »Von uns.« Nair ließ das Handtuch sinken und schaute zum Himmel hinauf. »Von den Folgen unseres Tuns. Überall ist es wärmer geworden. Ehemals bewohnte Gebiete stehen unter Wasser, andere versteppen. Ganze Völkerstämme setzen sich in Bewegung, hungrig, durstig, arbeitslos, heimatlos, wir verzeichnen die größten Migrationen seit Jahrhunderten, aber man sieht ihr das alles nicht an. Nicht aus dieser Distanz.«
    »Man würde es der alten Dame aus dieser Distanz auch nicht ansehen, wenn wir uns in Grund und Boden bomben«, sagte Kramp. »Das heißt gar nichts.«
    Nair schüttelte den Kopf, in Bann geschlagen.
    »Die Wüsten müssten doch größer geworden sein, oder nicht? Ganze Küstenlinien haben sich verändert. Aber wenn man nur weit genug weg ist – es ändert nichts an ihrer Schönheit.«
    »Wenn man weit genug weg ist«, lächelte Sushma, »bin sogar ich noch schön.«
    »Ach, Sushma!« Der Inder legte den Kopf schief und lachte unter Einsatz bestens restaurierter Zähne. »Du bist und bleibst die Schönste für mich, ob von nah oder fern. Du bist mein allerschönstes Gemüse!«
    »Na, das ist mal 'n Kompliment«, sagte Heidrun zu O'Keefe, Wasser im einen Ohr, Nairs einschmeichelnden Bariton im anderen. »Warum kriege ich so was von dir nicht zu hören?«
    »Weil ich nicht Walo bin.«
    »Lausige Erklärung.«
    »Dich mit Nahrungsmitteln zu vergleichen, fällt in sein Ressort.«
    »Kommt es mir nur so vor, oder gibst du dir in letzter Zeit keine richtige Mühe mehr?«
    »Mir fallen keine Gemüse ein, wenn ich dich sehe. Spargel vielleicht.«
    »Finn, ich muss schon sagen. So wirst du es nie zu was bringen.« Sie schnellte zum Beckenrand, richtete sich auf und spritzte einen Schwall Wasser in Nairs Richtung. »He da! Worüber redet ihr?«
    »Über die Schönheit der Erde«, lächelte Sushma Nair. »Und ein bisschen auch über die der Frauen.«
    »Ein und dasselbe«, sagte Heidrun. »Die Erde ist weiblich.«
    Borelius band ihren Kimono zu. »Ihr seht Schönheit da draußen?«
    »Aber ja«, nickte Nair begeistert. »Schönheit und Schlichtheit.«
    »Soll ich euch sagen, was ich sehe?«, sagte Borelius nach einigem Nachdenken. »Ein Missverhältnis.«
    »Inwiefern?«
    »Völlige Fehlproportionierung der Ansprüche. Die Erde da draußen gleicht in nichts unserer gewohnten Wahrnehmung.«
    »Stimmt«, sagte Heidrun. »Die Schweiz zum Beispiel erscheint dem Schweizer gemeinhin so groß wie Afrika. Afrika hingegen schnurrt in der gefühlten Wirklichkeit eines Schweizers zu einer feuchtschwülen Insel voller Habenichtse, Stechmücken, Schlangen und Krankheiten zusammen.«
    »Genau davon rede ich«, nickte Borelius. »Ich sehe einen wunderschönen Planeten, aber keinen, den wir uns teilen. Eine Welt, die gemessen an dem, was die einen haben und die anderen nicht, vollkommen anders aussehen müsste.«
    »Bravo.« O'Keefe dümpelte näher und klatschte.
    »Aus, Finn«, zischte Heidrun. »Weißt du überhaupt, wovon wir hier reden?«
    »Sicher«, gähnte er. »Davon, dass Eva Borelius erst auf den Mond fliegen musste, um das Offensichtliche zu erkennen.«
    »Nein.« Borelius lachte trocken und begann, ihre Badesachen zusammenzupacken. »Ich wusste schon immer, wie der Planet aussieht, stell dir vor, Finn, aber es ist trotzdem was anderes, ihn so zu sehen. Es erinnert mich daran, für wen wir eigentlich forschen.«
    »Ihr forscht für den, der euch bezahlt. Ist dir das neu?«
    »Dass die freie Forschung den Bach runtergeht? Nein.«
    »Nicht, dass du persönlich Grund hättest, dich zu beklagen«, fiel Kramp maliziös mit ein.
    »Ach, sieh an.« Borelius, von zwei Seiten in die Zange genommen, hob die Brauen. »Tue ich das?«
    Kramp schaute unschuldig zurück. »Ich wollt's nur erwähnt haben.«
    »Klar, Stammzellenforschung bringt Geld, also bekommt sie auch welches. Es hat einiges gekostet, die Isolierung und Untersuchung adulter Zellen bis zur Züchtung künstlichen Gewebes voranzutreiben. Jetzt haben wir die Proteinbaupläne unserer Körperzellen entschlüsselt, arbeiten erfolgreich mit Molecular Prothetics, verfügen über Ersatz für zerstörte Nerven und verbrannte Haut, drucken bei Bedarf neue Herzmuskelzellen, rücken dem Krebs zu Leibe, weil auch die reichsten Menschen dieser Welt nicht von Herzinfarkt, Krebs und Verbrennungen verschont werden.« Sie machte eine Pause. »Aber von der Malaria werden sie verschont. Von der Cholera. Die sind für die Armen. Wenn wir das rein quantitative Aufkommen

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