Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
winzigen Bruchteil der Energie aufwenden, die es benötigen würde, um sich per Feuerstoß in die Höhe zu katapultieren. Mit zunehmender Höhe nimmt der Einfluss der Schwerkraft zugunsten der Fliehkraft ab, wodurch es immer weniger Energie aufzuwenden braucht, bis es im geostationären Orbit praktisch gar keine mehr benötigt. Stellt man sich nun eine Verlängerung des Seils bis in eine Höhe von 143.800 Kilometer vor, könnte das Gefährt über den geostationären Orbit hinaus sausen, würde kontinuierlich beschleunigt werden und sogar noch Energie gewinnen. Ein perfektes Sprungbrett für interstellare Reisen, etwa zum Mars oder sonst wohin!«
    Die Kabinen transportierten nun Bauteile in den Orbit, die sich zu einer Raumstation zusammenfügten. Rocky Rocket belud die Kabinen und geriet zusehends ins Schwitzen.
    »So oder so lagen die Vorteile eines Weltraumaufzugs klar auf der Hand. Um ein Kilo Nutzlast in eine Höhe von fast 36,000 Kilometer Höhe zu bringen, musste man nun nicht mehr 50.000 Dollar, sondern nur noch 200 Dollar auf den Tisch legen, außerdem konnte man den Aufzug an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr nutzen. Plötzlich schien es unproblematisch, gigantische Raumstationen und hinreichend gepanzerte Raumschiffe zu bauen. Die Besiedelung des Weltraums rückte in greifbare Nähe und veranlasste den britischen Science-Fiction-Autor Arthur C. Clarke zu seinem Roman The Fountains of Paradise, indem er den Bau solcher Weltraumfahrstühle schildert.«
    »Aber warum muss man das Ding unbedingt am Äquator bauen?«, keuchte Rocky Rocket und wischte sich den Schweiß von der Raketenspitze. »Warum nicht am Nordpol oder Südpol, wo es hübsch kühl ist? Und warum mitten im blöden Meer und nicht zum Beispiel in –«, seine Augen funkelten, er vollführte ein paar Tanzschritte und schnippte mit den Fingern, »– Las Vegas?«
    »Ich bin nicht sicher, ob du ernsthaft von den Pinguinen zu den Sternen starten willst«, erwiderte Julian skeptisch. »Aber es ginge auch nicht. Nur am Äquator kannst du dir die Erdrotation zunutze machen, um ein Maximum an Fliehkraft zu erzielen. Nur dort sind geostationäre Objekte möglich.« Er überlegte. Dann sagte er: »Pass auf, ich will's dir erklären. Stell dir vor, du bist ein Hammerwerfer.«
    Der kleinen Rakete schien das zu gefallen. Sie warf sich in die Brust und spannte die Muskeln.
    »Wo ist der Hammer?«, krähte sie. »Her damit!«
    »Man nimmt schon lange keinen Hammer mehr, Dummkopf, man nennt es nur noch so. Der Hammer ist heute eine Metallkugel an einem Stahlseil.« Julian zauberte das Gerät aus dem Nichts und drückte Rocky den Griff fest in beide Hände. »Nun musst du dich mit gestreckten Armen um deine Achse drehen.«
    »Wozu?«
    »Um den Hammer zu beschleunigen. Lass ihn kreisen.«
    »Schweres Biest«, ächzte Rocky und zerrte an dem Stahlseil. Er begann sich um sich selbst zu drehen, schneller und schneller. Das Seil straffte sich, die Kugel löste sich vom Boden und wanderte in die Horizontale.
    »Kann ich ihn jetzt werfen?«, keuchte Rocky.
    »Gleich. Du musst dir nun vorstellen, du wärst nicht Rocky, sondern der Planet Erde. Dein Kopf, das ist der Nordpol, deine Füße sind der Südpol. Dazwischen verläuft die Achse, um die du rotierst. Was ist demzufolge deine Leibesmitte?«
    »Puh! Wie, was? Der Äquator natürlich.«
    »Bravo.«
    »Kann ich jetzt werfen?«
    »Warte. Von deiner Leibesmitte, also vom Äquator, schwingt der Hammer nach außen, durch die Fliehkraft straff gespannt, so wie auch das Seil des Weltraumaufzugs straff gespannt sein muss.«
    »Verstehe. Kann ich?«
    »Moment noch! Deine Hände sind gewissermaßen unsere Pazifikinsel, die Metallkugel ist der Satellit beziehungsweise die Raumstation im geostationären Orbit. Klar?«
    »Klar.«
    »So. Jetzt heb mal die Arme.«
    »Hä?«
    »Nur zu. Heb die Arme. Dreh dich weiter, aber heb sie dabei hoch über deinen Kopf.«
    Rocky folgte der Anweisung. Das Stahlseil verlor schlagartig an Spannung, und die Kugel krachte auf die kleine Rakete herab. Sie verdrehte die Augen, taumelte und ging zu Boden.
    »Meinst du, du hast das Prinzip verstanden?«, fragte Julian mitfühlend.
    Rocky wedelte stumm mit einer weißen Fahne.
    »Dann wäre das geklärt. Praktisch jeder Punkt auf der Äquatorlinie ist für den Weltraumaufzug geeignet, allerdings muss man einiges berücksichtigen. Die Ankerstation, sozusagen das Erdgeschoss, sollte in einem Gebiet liegen, das frei von Stürmen, starken Winden und

Weitere Kostenlose Bücher