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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Hedegaard war die bei Weitem bessere Pilotin. Jeder Einwand wäre sinnlos gewesen.
    »Sie haben einiges wiedergutzumachen«, sagte sie streng. »Das ist Ihnen ja wohl klar.«
    »Tut mir leid, wirklich!« Hedegaard zog den Kopf zwischen die Schultern. »Ich hole die da oben raus.«
    »Ich komme mit. Sie werden Hilfe brauchen.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, durchquerte Lawrence die Zentrale, betrat den dahinterliegenden Raum mit Thiels Leiche und prallte zurück. Symptome der Wut und des Entsetzens heuchelnd, fuhr sie zu Lynn herum.
    »Verdammt! Warum haben Sie mir davon nichts gesagt?«
    »Weil es nicht wichtig ist«, erwiderte Lynn gleichmütig.
    »Nicht wichtig? Mal wieder nicht wichtig? Sagen Sie mal, sind Sie eigentlich komplett wahns –«
    Mit Riesenschritten stürmte Lynn herbei, packte Lawrence am Hals und warf sie gegen den Türrahmen, sodass ihr Kopf zurückschlug und schmerzhaft dagegenprallte.
    »Wagen Sie es«, zischte sie.
    »Sie sind wahnsinnig.«
    »Wagen Sie es noch ein einziges Mal, mir Wahnsinn zu unterstellen, und Sie werden einen spürbaren Eindruck davon erhalten, was Wahnsinn ist. – Mukesh, Anzug anlegen, die Kiste mit dem XL-Emblem! Karla, Kiste S!«
    Lawrence starrte sie mit unverhohlenem Hass an. Ihr ganzer Körper bebte. Mit ein paar unspektakulären Handbewegungen hätte sie Julians Tochter töten können, jetzt in dieser Sekunde. Ohne den Blick abzuwenden, legte sie einen Finger nach dem anderen um Lynns Handgelenk und riss es mit einem Ruck von ihrer Kehle.
    »Aber, Lynn«, flüsterte sie. »Doch nicht vor den Gästen. Wie sieht das denn aus?«
     
    Nach Gaias letztem Nicken ragte die Schleuse so schräg aus der Aussichtsterrasse heraus, dass sie nun wie eine Kanone auf die ferne Erde zeigte. Sie hielten sich am Geländer und aneinander fest, während die Schotts der Kabine zur Seite glitten.
    »Na, herzlichen Glückwunsch«, sagte Winter.
    Der Blick über die Terrasse hätte nicht beängstigender sein können. Die Welt war um 45 Grad gekippt, Millionen Tonnen Gestein schienen ihnen von der gegenüberliegenden Schluchtseite entgegenkippen zu wollen. Wo die Terrasse endete, hockten Tim und Ögi ins Geländer gekauert, um, wer immer von ihnen den Halt verlieren sollte, vor dem Sturz in die Tiefe zu bewahren. Winter tastete nach dem Rahmen der offen stehenden Schleuse, umklammerte ihn und zog sich nach draußen. Die Stiefel ihres Biosuits waren mit kräftigen Profilen versehen, sodass sie nicht ausglitt. Ihre Finger fanden Halt in einer Vertiefung. Mit gespreizten Beinen, die entrollte Stoffbahn, mehrere zusammengeknotete Tischdecken aus dem Selene, um ihre Hüften geschlungen, arbeitete sie sich auf der Schräge nach oben. Glänzender Einfall O'Keefes, das provisorische Tau, dessen anderes Ende an Rogaschowas Brustpanzer befestigt war.
    »Okay. Lass sie kommen.«
    Heidrun bugsierte die Russin aus der Schleuse, wartete, bis sie den Rahmen fest umklammert hielt, und ließ sie los. Sofort knickte Rogaschowa ein und rutschte die Schräge hinab, doch statt zu fallen hing sie an Winters Nabelschnur, die weiter entlang des Kabinenschachts hochkletterte, bis sie dahinterkriechen konnte. Die Füße gegen die Schachtwand gestemmt hievte sie Rogaschowa nach oben, entknotete das Tuch und ließ es herab. Heidrun eilte geschwind daran empor, gefolgt von O'Keefe, der den Eispickel in die Schleusentür rammte, sodass sie sich nicht mehr schließen und der Schacht nicht mehr einfahren konnte.
    »Alles klar bei euch?«, rief Ögi.
    »Saubequem!«, sagte Heidrun.
    »Gut. Wir kommen zu euch hoch.«
    Über das Geländer war es vergleichsweise einfach, nach oben zu gelangen, von dort allerdings ein ziemliches Stück bis zur Schleuse. Winter warf ihnen das Seil zu. Nach zweimaligem Versuch bekam Tim es zu fassen, knotete es um die Gitterstreben, und sie hangelten sich herüber. Zu sechst wurde es fürchterlich eng hinter der Kabine, aber wenigstens hatte sie eine stabile Wand im Rücken, die sie vor dem Abrutschen schützte. Sie klebten nebeneinander und wagten sich kaum zu rühren aus Angst, zu viel Bewegung könne Gaias Kopf den Rest geben.
    »Lynn, alle sind draußen«, sagte Tim.
    Die Glaswand erzitterte. Heidrun fingerte nach Ögis Hand.
    »Lynn?«
    Keine Antwort.
    »Seltsam«, seufzte Winter. »Ich hätte nicht gedacht, dass ich es mal bedauern würde.«
    »Was denn bedauern?«, fragte Rogaschowa belegt.
    »Damals den Badeunfall.«
    »Vor Miami?« Sie räusperte sich. »Weswegen sie dich vor Gericht

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