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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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der Schleuse? Da. Mit fliegenden Fingern gab er Befehle ein, quälend langsam wurde die Luft abgesaugt. Das Zittern verstärkte sich, ging in ein Beben über, dann endete der Spuk so unvermittelt, wie er begonnen hatte.
    »Der Fahrstuhl kommt hoch«, stieß Ögi atemlos hervor.
    Im Boden fuhren die Schleusentore auseinander. Eine gläserne Kabine schob sich heraus, geräumig genug für ein Dutzend Menschen, öffnete ihre Front. Hastig stapelten sie die Boxen hinein.
    »Ich fahre mit nach unten«, sagte Heidrun.
    »Was?« Ögi wirkte bestürzt. »Warum denn?«
    »Um ihnen zu helfen. Mit den Anzügen, damit's schneller geht.« Ehe er protestieren konnte, war sie in der Kabine verschwunden und drückte den Abwärts-Schalter. Der Fahrstuhl schloss sich.
    »Mein Schatz«, flüsterte Ögi.
    »Mach dir keine Sorgen, Gebieter. In fünf Minuten sind wir wieder da.«
     
    O'Keefe sah den Fahrstuhl kommen, mit jemandem darin, dessen überschlanke Beine ihm selbst durch zentimeterdicke, stahlfaserverstärkte Kunstfaser wohlvertraut waren. Ungeduldig wartete er, bis der Innendruck wiederhergestellt war und das Frontschott zur Seite glitt.
    »Hopplahopp!«, sagte Heidrun und warf ihm die oberste Box entgegen.
    Rogaschowa, wachsweiß, reichte die zweite Box an Winter weiter und begann, ihre eigene auszuleeren.
    »Danke«, sagte sie ernst. »Das werde ich euch nie vergessen.«
    In höchster Eile schlüpften sie in ihre Monturen, halfen einander, schlossen Scharniere, zurrten Halterungen fest, wuchteten sich die Tornister auf den Rücken und setzten die Helme auf.
    »Wär's zu viel verlangt, wenn wir gleich danach aus dem Hotel abhauen?«, regte Winter an. »Es ist nur, weil, wisst ihr, ich will nicht in die Luft fliegen, und die Minibar hab ich auch leer gemacht, also –«
    »Verlass dich drauf«, sagte Lynns Stimme.
    »Also versteh mich nicht falsch!«, beeilte sich Winter zu versichern. »Nichts gegen dein Hotel.«
    »Doch«, sagte Lynn kalt. »Dreckshotel.«
    Winter kicherte.
    Im selben Moment kippte der Boden weg.
     
    Einen bizarren Moment lang glaubte Tim, die komplette gegenüberliegende Seite der Schlucht werde von Urgewalten angehoben. Dann sah er die Grasshoppers über die Terrasse hüpfen, Ögi mit rudernden Armen ins Geländer segeln, verlor die Balance, landete auf dem Bauch und schlitterte den Flugmaschinen hinterher.
    Gaia neigte ihr Haupt vor dem Unvermeidbaren.
    In seinem Helm tobte das Chaos. Wer eine Stimme hatte, schrie mit den anderen um die Wette. Er rollte sich auf den Rücken, kam auf die Beine und streckte sich, was ein Fehler war, denn nun verlor er schon wieder das Gleichgewicht. Schwungvoll wurde er auf das Geländer zugetragen, kippte darüber hinweg und schlug auf die glatte, abschüssige Glasfläche.
    Glitt davon.
    Nein, dachte er. Oh nein!
    In panischer Angst versuchte er sich auf dem spiegelnden Untergrund festzuhalten, doch da war nichts zum Festhalten. Er rutschte weiter, weg von der schützenden Umfriedung der Terrasse. Einer der Hopper segelte ihm hinterdrein und knallte aufs Glas. Tim griff danach, bekam die Lenkstange zu fassen, packte zu und sah ein weiteres Fluggerät in die Tiefe verschwinden. Plötzlich schien er zu schweben, verspürte gar keinen Halt mehr, hing mit strampelnden Beinen über dem Abgrund, die Hand um die Stange der Maschine gekrallt, schrie »Stopp!« – und als habe man sein Flehen, seinen kümmerlichen Wunsch, weiterzuleben, zur Kenntnis genommen, irgendwo dort draußen zwischen den kalt starrenden Sternmyriaden, kam die Bewegung des riesigen Schädels abrupt zur Ruhe.
    »Tim! Tim!«
    »Alles klar, Lynn«, keuchte er. »Alles –«
    Klar? Nichts war klar. Mit beiden Armen – schwer war er ja gottlob nicht – hangelte er sich an dem Fluggerät hoch, erkannte zu seiner Erleichterung, dass es sich mit einem der Teleskopbeine im Geländer verkeilt hatte, und gleich darauf zu seinem Entsetzen, wie dieses langsam daraus hervorglitt.
    Ein Ruck ging durch den Hopper.
    Fassungslos baumelte Tim im Leeren, unfähig zu entscheiden, ob er den Aufstieg fortsetzen und den Hopper damit endgültig aus seiner Verankerung reißen oder sich nicht rühren sollte, was seinen Tod um einige Sekunden herauszögern würde. Im nächsten Moment tauchte eine Gestalt hinter dem Terrassengeländer auf, kletterte darüber hinweg und ließ sich vorsichtig abwärtsgleiten, beide Hände um das Gitter gebogen.
    »Steig an mir hoch«, keuchte Ögi. »Los!«
    Seine Füße waren jetzt auf Helmhöhe,

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