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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Ohne Julians Geistesgegenwart, schätzte Chambers, hätte sie seinen Rover einfach über den Haufen gerannt.
    »Was um alles in der Welt war das denn für ein Mistvieh?«, schrie Omura.
    Inzwischen kommunizierte sie wieder, allerdings in einer Weise, die wehmütige Erinnerungen an ihre Schweigsamkeit aufkommen ließ. Jeder Anflug von Trauer schien umgehend in Wut katalysiert zu werden. Chambers kam der Gedanke, dass Omuras unerfreuliches Charakterbild weniger von Hochmut als von einer in vielen Jahren konservierten Aggression geprägt war, und es gefiel ihr immer weniger, sie den Rover steuern zu sehen. Mit klopfendem Herzen blickte sie dem davoneilenden Roboter hinterher. Vor ihnen fuhr Julian langsam wieder an.
    »Eine Spinne«, sagte er, als hätten daran noch Zweifel bestanden. »Be- und Entladeroboter. Sie entnehmen die vollen Tanks der Käfer, tauschen sie gegen leere, bringen die Ausbeute zur Station und verladen sie für den Weitertransport.«
    »Man fühlt sich hier nicht gerade willkommen«, bemerkte Rogaschow.
    »Die tun nichts«, murmelte Amber. »Die wollen nur spielen.«
    »Ist das Gebiet überwacht?«
    »Ja und nein.«
    »Soll heißen?«
    »Die Überwachung schaltet sich nur zu bei Fehlermeldungen. Ich sagte ja, die Förderung ist automatisiert. Verteilte Intelligenz in Echtzeitvernetzung. Die Roboter reagieren nur aufeinander, in ihrem Innenbild sind wir nicht vorhanden.«
    »Scheißdinger!«, fauchte Omura. »Dein verdammter Mond geht mir allmählich auf den Sack.«
    »Vielleicht wäre es die Mühe wert, ihr Innenbild um ein paar Daten zu bereichern«, schlug Chambers vor. »Ich meine, wenn im Wirklichkeitskosmos einer Spinne Platz für so was Raumgreifendes wie Käfer ist, kann es doch nicht so schwer sein, auch noch Homo sapiens mit reinzufummeln.«
    »Menschen haben im Fördergebiet nichts verloren«, sagte Julian, leicht genervt. »Das Gebiet ist eine in sich geschlossene Technosphäre.«
    »Und wie groß ist diese Technosphäre?«, fragte Amber.
    »Zurzeit einhundert Quadratkilometer. Auf amerikanischer Seite. Die Chinesen besetzen ein kleineres Feld.«
    »Und du bist sicher, dass das amerikanische Maschinen sind?«
    »Die Chinesen benutzen Raupenketten.«
    »Na dann«, meinte Chambers. »Wenigstens wird man nicht vom Feind zertrampelt.«
     
    Von da an passten sie noch besser auf, was in der Ungewissheit lauerte, und da man im Vakuum nichts hörte, strapazierten sie ihre Augen, bis sie schmerzten. So bemerkte Amber den Buggy schon von Weitem.
    »Was ist los?«, wollte Omura wissen, als Julian stoppte.
    »Carl könnte da vorne sein.«
    »Oh, das ist gut.« Sie lachte trocken auf. »Sehr gut! Für mich, nicht für ihn.« Sie wollte an Julian vorbeiziehen. Rogaschow legte ihr die Hand auf den Unterarm.
    »Warte.«
    »Wozu denn, verdammt noch mal?«
    »Ich sagte, warte.«
    Der ungewohnt autoritäre Tonfall bewog Omura dazu, anzuhalten. Rogaschow stemmte sich hoch. Weit und breit ließen sich weder Spinnen noch Käfer blicken. Nur verbackener Regolith kündete davon, dass die Fördermaschinen dieses Teil der Sinus Iridum schon prozessiert hatten. Inmitten der Trostlosigkeit wirkte Hannas Buggy wie das Überbleibsel einer vor Langem verlorenen Schlacht.
    »Ich sehe ihn nirgendwo«, sagte Amber nach einer Weile.
    »Nein.« Rogaschow drehte den Oberkörper hin und her. »Er scheint tatsächlich nicht da zu sein.«
    »Woher willst du das wissen in dem Scheißstaub?«, knurrte Omura. »Er könnte überall sein.«
    »Ich weiß es nicht, Momoka. Ich weiß nur, dass bis jetzt noch nicht auf uns geschossen wurde.«
    Einige Sekunden herrschte abwartendes Schweigen.
    »Gut«, entschied Julian. »Fahren wir hin.«
    Wenige Minuten später war klar, dass Hanna nirgendwo auf sie lauerte. Der Buggy war einem Achsbruch erlegen. Stiefelspuren führten in gerader Linie davon weg.
    »Zu Fuß weitergegangen«, konstatierte Amber.
    »Kann er das schaffen?«, fragte Chambers.
    »Kein Problem, solange seine Atemluft reicht.« Julian beugte sich über die Ladefläche. »Hinterlassen hat er jedenfalls nichts, und ich weiß definitiv, dass er die Sauerstoffreserven der Ganymed mitgenommen hatte.«
    »Müssten wir nicht bald da sein?« Chambers starrte hinaus. »Ich meine, wir sind seit über einer Stunde unterwegs.«
    »Laut Rover sind es noch 15 Kilometer bis zur Station.«
    »Eigentlich ein Klacks.«
    »Für uns. Weniger für ihn.« Julian richtete sich auf. »Ein bis zwei Stunden wird er ab hier brauchen. Das heißt, er

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