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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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und hatte erneut ausgeholt. Diesmal traf das nadelspitze Ende Hannas Visier und schlug ein winziges Loch ins Sicherheitsglas. Er fuhr zurück und trat sie in den Bauch. Der Hammer wurde ihr aus der Hand gerissen, blieb in der Sichtscheibe stecken. Sie flog davon, schlug einige Meter weiter auf, versuchte hochzukommen. Ein Stück ihres Brustpanzers splitterte, und sie wusste, dass er auf sie geschossen hatte. Über das Flugfeld näherten sich in großen Sprüngen die Besatzungsmitglieder der Io .
    Sie musste ein Ende machen. Um nichts in der Welt durfte Hanna den Astronauten lebend in die Hände fallen. Mit einem gewaltigen Sprung katapultierte sie sich gegen ihn, brachte ihn zu Fall und packte den schräg aus der Sichtscheibe ragenden Griff des Hammers.
    Einen gespenstischen Augenblick lang, trotz der Verspiegelung, meinte sie seine Augen sehen zu können.
    »Dana«, flüsterte er.
    Sie bog den Hammer und riss ihn heraus. Stücke brachen aus dem Visier. Hanna ließ die Waffe fallen, hob beide Hände, doch die Luft entwich schneller, als er sie zum Helm führen konnte. Mit ausgestreckten Armen, als umarme er eine unsichtbare Partnerin, blieb er liegen. Lawrence fingerte nach der Waffe, ließ sie in die Tasche an ihrem Oberschenkel gleiten – niemand konnte etwas gesehen haben –, kippte demonstrativ auf die Seite und rief wieder um Hilfe.
    Menschen eilten herbei. Halfen ihr hoch. Redeten auf sie ein.
    »Hanna«, stieß sie hervor. »Es ist Hanna. Er – ich glaube, er wollte mit der Charon abhauen.«
    »Hat er was erzählt?«, drängte Palmer. »Hat er irgendwas über die Bombe erzählt?«
    »Er –« Bloß nicht zu gefasst wirken, Dana! Es empfahl sich, die Situation zu dramatisieren, also knickte sie bühnenreif ein und ließ sich von den anderen stützen. »Ich war draußen. Hab ihn gesehen, er lief von der Basis zum Raumhafen. Erst dachte ich, es ist Wachowski, aber seine Körpergröße, das – das konnte nur Hanna sein –« Sie schüttelte die helfenden Hände ab, atmete mehrmals tief durch. »Da bin ich ihm hinterher, hab ihn angefunkt. Er rannte aufs Flugfeld –«
    »Hat er was gesagt?«
    »Ja, als – als ich ihn eingeholt hatte. Ich hab versucht, ihn zurückzuhalten, und er schrie, hier würde gleich alles hochgehen, und – dann hat er mich angegriffen. Ist auf mich los, er wollte mich töten, was hätte ich denn machen sollen?«
    »Scheiße!«, fluchte Palmer.
    »Ich musste mich doch verteidigen«, rief Lawrence und legte ein wenig Hysterie in ihre Stimme. Kyra Gore umfasste ihre Schultern.
    »Das war gut, Miss Lawrence, das war unglaublich mutig.«
    »Ja, war es«, sagte Palmer, ging ein paar Schritte hin und her, blieb stehen und ballte die Fäuste. »Mist, verdammter! Das Schwein ist tot. Was machen wir jetzt? Was machen wir jetzt?«
     

IGLU 1
     
    DeLucas betastete vorsichtig ihr Gesicht. Glänzendes Karmesin überzog ihre Fingerspitzen. Blut. Ihr Blut.
    Diese Irre!
    Wie ein Schnappmesser war Lynn Orley auseinandergefahren und auf sie losgegangen, hatte ihre Fingernägel einmal quer durch deLucas' Gesicht gezogen und ihr die Wange aufgeschlitzt, bevor sie versucht hatte, aus der Zentrale zu entwischen. Sie hatte der Fliehenden nachgesetzt, sie gepackt und gegen den Fahrstuhlschacht gedrückt.
    »Miss Orley, aufhören! Ich bin's. Minnie!«
    Dann plötzlich Hilfeschreie in den Lautsprechern, Wortfetzen, Dana Lawrence, Palmers Stimme.
    Lynn riss sich los, schwang ihre Arme und traf deLucas so heftig auf die Nase, dass sie vorübergehend in einen roten Strudel blickte. Als sie wieder klar sehen konnte, war Lynn eben im Begriff, die Zentrale zu verlassen. Mit dröhnendem Schädel hechtete deLucas ihr hinterher, bekam sie zu fassen und hielt sie fest, bemüht, dem Trommelfeuer ihrer Schläge auszuweichen. Lynn stolperte gegen Wachowskis vereinsamten Sessel, schaute zum Fahrstuhlschacht und wich mit aufgerissenen Augen zurück.
    »Alles ist gut«, keuchte deLucas. »Alles ist gut.«
    Lynns Lippen öffneten sich. Ihr Blick flackerte zwischen ihr und dem Schacht hin und her.
    »Verstehen Sie mich? Miss Orley? Wir müssen hier weg.«
    Behutsam streckte sie die Rechte aus.
    Lynn wich zurück.
    »Sie müssen mit mir kommen«, sagte deLucas eindringlich, während sie ein warmes Rinnsal dick an der Oberlippe herablaufen spürte. Ihre Zunge schob sich mechanisch heraus und leckte es ab. »Nach nebenan. Ihren Raumanzug anlegen.«
    Unvermittelt spiegelten Lynns Augen Klarheit und Erkennen. Sie bewegte weiterhin

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