Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
den Fahrstuhlschacht. Keiner der übrigen Arbeitsplätze war besetzt. Hinter einer milchigen Abtrennung glomm schwaches Licht, ein Stück Wandregal geriet in Sicht, vollgestopft mit Kaffeepaketen, Filtern und Bechern.
    Er blieb stehen, trat näher heran.
    Von dort, wo er den Mann niedergeschossen hatte, drang ein leises Schleifen an sein Ohr. Augenblicklich machte er kehrt, richtete die Waffe auf den reglosen Körper und ließ sie im selben Moment wieder sinken, als er erkannte, dass der Tote nicht toter hätte sein können. Lediglich der erschlaffte Arm des Mannes war verspätet zur Seite gerutscht. Er steckte die Waffe weg und beugte sich über die Konsole, studierte ihre Bedienelemente. Seine Finger huschten über den Touchscreen, stellten die Verbindung zum Gaia her, hätten sie herstellen müssen, doch die Antwort blieb aus.
    Erneut versuchte er es. Die Leitung war tot.
    Was war da los?
    »Dana, verdammt noch mal«, zischte er. »Geh ran.«
    Allmählich, nach nochmaligem Versuch, dämmerte ihm, dass es nicht an Lawrence liegen konnte. Der Computer ließ ihn wissen, keine Verbindung zum angewählten Teilnehmer aufbauen zu können, was im Klartext hieß, dass keine Verbindung mehr zum Hotel bestand, auch nicht über den Laserkanal.
    Das Gaia antwortete nicht.
     
    Lynn drückte sich gegen die Spüle, zusammengeballt wie eine Faust, machte sich klein und kleiner, das Gesicht zwischen die Knie gedrückt. In letzter Sekunde hatte sie ihre Paralyse überwunden und blitzartig den Kopf zurückgezogen – zu was man doch fähig ist, frohlockte das Mädchen im Wald, das den leuchtenden Brotkrumen folgte, das Wunder der Reflexe bestaunend, während der Körper der erwachsenen Frau in höchster Anspannung verharrte und der angehaltene Atem in ihren Lungen zu schmerzen begann.
    Eine neuerliche Kluft spaltete ihr Denken. Da war Carl Hanna, der vielleicht etwas eigenbrötlerische, nichtsdestoweniger aber nette und allseits beliebte Ich-wollte-mal-Popstar-werden-Typ, mit dem sie einen späten Abend im Gaia verquatscht und sich die Andeutung der Vorstellung gestattet hatte, zu was sein muskulöser Körper fähig wäre, welch wohltuendes Werk seine sehnigen Hände an ihr verrichten würden, wenn sie sich nur überwinden könnte, ihn in ihre Suite abzuschleppen. Die ungeliebte Suite, ach je, deren Spiegel leider von einer notorisch missgestimmten, grüne Tabletten fressenden Hysterikerin bewohnt wurde, weshalb sie sich dort nicht gerne aufhielt. Hanna hatte die Contenance gewahrt und sie ihre Truppen zurückgehalten, und danach fehlten einige Kapitel in der Chronologie, geriet Verschiedenes durcheinander. Jemand hatte behauptet, Hanna sei böse und darauf aus, ihr Hotel in die Luft zu sprengen. Mit wenigen Worten war ihre Welt ummöbliert worden, und jetzt hatte derselbe nette Kerl, mit dem sie im Mama Killa Club geflirtet hatte, den armen Tommy Wachowski erschossen, und sie hatte plötzlich einen Heidenbammel vor dem muskulösen Körper und den sehnigen Händen. Die Angst tauchte ihr Hirn in Eiswasser, sodass sie vorübergehend wieder klar denken konnte, zumindest die Notwendigkeit erkannte, sich nicht zu mucksen und nicht der Versuchung nachzugeben, haltlos zu wimmern und Kleine-Mädchen-im-Wald-Lieder zu pfeifen, weil der Mann, der sich Carl Hanna nannte, dann auch sie töten würde.
    Sie hielt den Atem an und lauschte, hörte ihn fluchen, hörte jedes seiner verräterischen Worte.
     

HANNA
     
    Umdisponieren. Lawrence war aus dem Rennen. Was immer ihr zugestoßen sein mochte, er konnte keine Rücksicht mehr auf sie nehmen.
    So waren die Spielregeln.
    Den Toten wie einen Sack Weihnachtsgeschenke über die Schulter geschwungen, fuhr Hanna zurück in den Saal, schleppte ihn in die Schleuse und sah zu, wie sich sein Antlitz im Horror Vacui deformierte. Danach zog er Wachowski in den dahinterliegenden Trakt, widmete ihm keine Beachtung mehr, lief zum Spalt, zwängte sich hinein, ließ sich auf Knie und Ellbogen nieder und glitt schlangengleich weiter, bis sich die Passage weitete und der vertraute Haufen Geröll im Scheinwerferlicht erschien. Mit beiden Händen schaufelte er die Steine beiseite, legte die Armaturen der Mini-Nuke frei, schob die Blende zur Seite –
    Und erstarrte.
    Der Zeitzünder war programmiert.
    Einen Moment lang herrschte auch in seinem Schädel ein Vakuum. Er weigerte sich zu glauben, was er sah, doch kein Zweifel, jemand hatte die Bombe aktiviert. Und dieser Jemand konnte nur –
    Dana Lawrence sein.
    Sie

Weitere Kostenlose Bücher