Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
Fahrstuhls nahm sie die wenigen Stufen ins Obergeschoss, schaute in die Lounge, hüpfte wieder nach unten, inspizierte das Fitnessstudio. Hatte Lawrence nicht gesagt, sie wolle aufs Laufband? Und wo hing Tommy rum? Wo steckte Lynn Orley? Im Handumdrehen war aus der öden Nachtwache ein Flöhe-Hüten geworden. Erneut flitzte deLucas ins Obergeschoss, durcheilte die Passage zu Iglu 1, betrat die Zentrale. Sie lag im Dämmer der Computerbeleuchtung, augenscheinlich verwaist.
    »Tommy?«, rief sie.
    Niemand war hier. Nur die Geschwätzigkeit der Maschinen erfüllte den Raum, leises Summen von Transistoren, Ventilationsrauschen, Schnarren, Klicken und Piepsen. Rasch drehte sie eine Runde, schaute auf jeden Bildschirm in der Hoffnung, Wachowski darauf zu erblicken, doch er blieb verschwunden. Im Hinausgehen erfasste ihr Gehör ein neues Geräusch, das sie nicht einordnen konnte, ein leises, hohes Quietschen. Sie verharrte auf der Schwelle, zögernd und voller Unbehagen, drehte sich um.
    Was war das?
    Jetzt hörte sie es nicht mehr.
    Als sie sich erneut abwenden wollte, klang es wieder auf. Kein Quietschen, eher ein Wimmern. Es kam vom rückwärtigen Teil des Raumes und war ihr unheimlich. Mit pochendem Herzen ging sie zurück in die Zentrale, umrundete zur Hälfte den Fahrstuhlschacht. Jetzt war es nah, sehr nah, drang dünn und unglücklich aus dem kleinen, abgeteilten Bereich der Kaffeeküche.
    DeLucas tankte Atem und schaute hinein.
    Vor der Spüle hockte, die Arme um sich geschlungen, Lynn Orley und stieß Laute der Verlorenheit aus.
    DeLucas ging in die Hocke.
    »Miss Orley.«
    Keine Reaktion. Die Frau schaute durch sie hindurch, als sei sie gar nicht vorhanden. DeLucas zögerte, streckte eine Hand aus und berührte sie sacht an der Schulter.
    Ebenso gut hätte sie den Ring von einer Handgranate ziehen können.
     

FLUGFELD
     
    Lawrence fluchte. Warum musste das Landemodul ausgerechnet am hinteren Ende des Raumhafens stehen? Mit jeder Sekunde, die verstrich, schwand ihre Chance, sich noch absetzen zu können.
    Sie musste über Alternativen nachdenken.
    Was, wenn sie –
    »Warte.«
    Jemand packte sie am Oberarm.
    Lawrence sprang zur Seite, drehte sich. Ihr Blick erfasste die hochgewachsene Gestalt des Astronauten, kaum zu erkennen hinter dem verspiegelten Visier, doch Statur und Stimme ließen keinen Zweifel. Unverzüglich schaltete sie um auf einen abhörsicheren Kanal.
    »Wo bist du gewesen?«, zischte sie.
    »Du hast den Zünder eingestellt«, stellte Hanna fest, ohne die Frage zu beantworten. »Wolltest du etwa ohne mich los?«
    »Du warst nicht da.«
    »Jetzt bin ich da. Komm.«
    Er setzte sich in Bewegung. Lawrence folgte ihm, als jenseits der Umfriedung der bullige Leib der Io sichtbar wurde. Im nächsten Moment hing der Shuttle über dem Flugfeld, sank mit pumpenden Triebwerken herab, schnitt ihnen den Weg ab.
    Hanna blieb stehen, langte zum Oberschenkel, zog seine Waffe.
    »Vergiss es«, flüsterte Lawrence.
    Die Io setzte federnd auf, der Kanal der Schleuse entwuchs ihrem Bauch. Sie standen zu zweit gegen Leland Palmers Truppe, fünf Astronauten mit geschulten Reflexen und in bester körperlicher Verfassung, unbewaffnet, dafür schnell und im Nahkampf ausgebildet. Vielleicht mochte es gelingen, sie auszuschalten, im Verlauf einer kleinen Schlacht, auf jeden Fall würde Lawrences Tarnung auffliegen, und das war etwas, das sie auf keinen Fall zulassen durfte.
    Das gab den Ausschlag.
    Sie schaltete zurück auf Allgemeinempfang und klinkte den kleinen Spitzhammer aus der Halterung, den jeder von ihnen am Anzug trug, gedacht für Notfälle oder um Gestein in souvenirgerechte Bröckelchen zu zerschlagen. Hanna hatte sich breitbeinig aufgestellt, zielte. Der Schleusenschacht fuhr die Rampe aus. Öffnete sich. Astronauten liefen ins Freie. Sie sah den Lauf der Pistole höher wandern, hob den Hammer über ihren Helm –
    Und ließ ihn niedersausen.
    Die Spitze bohrte sich durch das zähe Anzugmaterial in Hannas Handrücken, drang tief zwischen Knochen und Sehnen ein. Der Kanadier stöhnte auf. Er wirbelte herum und versetzte Lawrence einen Stoß, der sie von den Beinen hebelte.
    »Hilfe!«, schrie sie. »Hilfe!«
    Stimmen klangen auf. Aus unerfindlichen Gründen hielt Hanna die Waffe noch immer umklammert, presste die Finger der Linken auf das Leck in seinem Handschuh, legte auf Lawrence an. Sie rollte herum, trat gegen seine Knie und brachte ihn zum Einknicken. Im nächsten Moment war sie auf die Beine gesprungen

Weitere Kostenlose Bücher