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Limit

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Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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erhalten und damit vier hochkarätige Mitbewerber aus dem Rennen geschlagen hatte. Keinen der vier hatte Norrington rundheraus abgelehnt, im Gegenteil, nur dass Lawrences beruflicher Werdegang alles andere in den Schatten stellte. Lynn Orley, der die ultimative Entscheidung oblag, hätte verrückt gewesen sein müssen, Lawrence den Job angesichts solch erstklassiger Referenzen zu verweigern. Erst bei näherem Hinsehen erwies sich, dass Lawrences offizielle Vitae im Netz auf eigenartige Weise differierten. Verschiedene Positionen, die sie angeblich innegehabt hatten und die sie in besonderer Weise für das Gaia qualifizierten, fehlten oder ließen sich anders interpretieren. Durchweg ergab sich das Bild einer zielstrebig verfolgten Karriere, doch wer Böses annehmen wollte, konnte den Eindruck gewinnen, Norrington habe Lynns Entscheidung mit dichterischer Freiheit auf die Sprünge geholfen, und Yoyo war fest entschlossen, Böses anzunehmen.
    Gespannt, wie die anderen ihre Beobachtungen einschätzen würden, gab sie Shaws Namen ein und wollte den Computer eben ihre Nummer wählen lassen, als sie ein Geräusch hörte.
    Ein Fahrstuhl hielt draußen auf der Empore. Türen glitten kaum hörbar auseinander.
    Yoyo erstarrte. Niemand hatte um diese Zeit im Big O zu sein, bis auf den zyklisch patrouillierenden Wachdienst und die nimmermüde Belegschaft des Lageinformationszentrums. Sie lauschte, während sie erstmals ihr Umfeld bewusst wahrnahm. Irgendjemandes Arbeitsplatz war das, an dem sie saß, austauschbar in seiner Konformität, da die Angestellten persönliche Dinge in mobilen Einheiten verstaut hielten, mit denen sie sich bei Bedarf überall im Gebäude einloggen konnten. Zu ihrer Linken, unterhalb des holografischen Displays, ruhte Dianes schimmernder, kleiner Leib, rechter Hand parkte ein Rollcontainer mit Schubladen, die wahrscheinlich der Unterbringung dessen dienten, was auch 2025 kein Computer erledigen konnte.
    Sie zog die obere auf, schaute hinein, öffnete die darunterliegende.
    Ihr Blick fiel auf die rundum laufende Fensterfront. Nur zögerlich wich die Dunkelheit über London dem Pastell des frühen Morgens, verteidigte hartnäckig den Westen. Schemenhaft spiegelten die Scheiben das Innere des Büros, die Arbeitsinseln, den Durchgang in der rückwärtigen Wand, der hinaus auf die Empore führte.
    Eine Silhouette wurde im Durchgang sichtbar.
    Yoyo duckte sich. Die Person verharrte. Ein Mann, von der Statur her. Stand einfach da und starrte herüber.
     
    Er musste sie überraschen. Noch konnte es sein, dass Shaw nichts von dem Einbruch wusste. Yoyo überwältigen und den Computer in seinen Besitz bringen war eines. Blieb Jericho, doch vielleicht gab es einen Weg, ihn nach oben zu locken. Angenommen, die zwei hatten Tu Tian nicht in ihr Handeln einbezogen, mochte es reichen, sich ihrer zu entledigen und den Computer verschwinden zu lassen, und alles wäre überhaupt nicht geschehen, niemand würde je auf die Idee kommen –
    Blödsinn! Wunschdenken, starrend von Wenn und Aber. Wie sollte er den Tod der beiden erklären? Die Überwachungssysteme würden alles ans Licht bringen. Wozu Jerichos Computer entwenden, da er nichts enthielt, was sich nicht im System des Big O wiederfand? Shaw konnte sich jederzeit Zugang zu seinen Daten verschaffen, und das würde sie, wenn er hier oben einen Doppelmord beging – ganz davon abgesehen, dass er es nicht über sich bringen würde, da er im Gegensatz zu Leuten wie Xin, Hanna, Lawrence und Gudmundsson kein Killer war. Hydra hatte das Spiel nicht verloren, er schon. Allein, dass er floh, kam einem Schuldeingeständnis gleich, nur, wenn er blieb, konnte er sich ebenso gut selber verhaften und abführen. Obsolet, noch Spuren zu verwischen. Er musste weg, untertauchen!
    Sein Geld würde reichen für eine neue, komfortable Existenz.
    Das Großraumbüro lag im Zwielicht.
    Wie viel mochten sie erfahren haben? War es mit der Hilfe von Jerichos Computer möglich, seine gelöschten E-Mails sichtbar zu machen und zu rekonstruieren?
    Wo war das Mädchen?
    Zwischen die Gäule von Neugier und Fluchttrieb gespannt, schaute er hinüber, dann setzten sich seine Beine wie von selber in Bewegung. Er betrat den Raum. Augenscheinlich leer. Die Deckenbeleuchtung heruntergedimmt. Zwei Arbeitsinseln weiter glimmten Monitore, erblickte er den kleinen, unauffälligen Kasten namens Diane, von Yoyo allein gelassen. Er sollte das Büro durchsuchen. Im Bereich der Inseln gab es etliche Möglichkeiten,

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