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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Treffend, doch die Wahrheit sieht noch etwas anders aus. Tatsächlich traut man dem Kerl, glaubt ihm jedes einzelne Wort, weil sein bloßes Selbstvertrauen ausreicht, Zweifel, Bedenken, Wenns und Abers, Neins und Vielleichts mit der Rückstandslosigkeit von Schwefelsäure zu zersetzen.
    Gut 20 Meter über dem Erdboden kleben die beiden Fahrstühle mottengleich an ihren Bändern. Aus der Nähe betrachtet erinnern sie kaum noch an Space Shuttles, schon weil ihnen Leitwerk und Schwingen fehlen. Dafür dominieren die ausgreifenden, mit Solarzellen bestückten Unterseiten. Entgegen der Landung vor zwei Tagen hat sich ihr Aussehen unmerklich verändert, nachdem die Tanks mit verflüssigtem Helium-3 gegen bauchige, fensterlose Passagiermodule ausgetauscht worden sind. Stählerne Laufgänge führen von einer hochgelegenen Balustrade zu offen stehenden Einstiegsluken im Bauch der Kabinen.
    »Ihre Technologie?«, fragt Ögi, der neben Locatelli geht, mit Blick auf die Sonnenkollektoren der Fahrstühle.
    Locatelli reckt sich, wird ein Zentimeterchen größer. Chambers kann nicht anders, als bei seinem Anblick an den verstorbenen Muammar al-Gaddafi zu denken. Die Ähnlichkeit ist verblüffend, ebenso die Herrscherpose.
    »Was denn sonst?«, sagt er herablassend. »Mit dem herkömmlichen Schrott kämen die Kisten doch keine zehn Meter hoch.«
    »Ach nein?«
    »Nein. Ohne LIGHTYEARS liefe hier gar nichts.«
    »Wollen Sie ernsthaft behaupten, der Lift würde ohne Sie nicht funktionieren?«, lächelt Heidrun.
    Locatelli taxiert sie wie eine seltene Käferart. »Was verstehen Sie denn davon?«
    »Nix. Kommt mir nur so vor, als stünden Sie da mit einer elektrischen Gitarre um den Hals und würden behaupten, auf einer akustischen ließe sich nur Scheiß produzieren. Wer sind Sie noch mal?«
    »Aber, mein Schatz.« Ögis buschiger Schnurrbart zuckt vor Belustigung. »Warren Locatelli ist der Captain America der alternativen Energien. Er hat die Ausbeute von Solarzellen um das Dreifache heraufgesetzt.«
    »Schon gut«, murmelt die neben ihnen einherschreitende Momoka Omura. »Erwarten Sie nicht zu viel von ihr.«
    Ögi zieht die Brauen hoch. »Sie werden es vielleicht nicht glauben, meine Lotusblüte, aber meine Erwartungen an Heidrun werden jeden Tag aufs Neue übertroffen.«
    »Worin wohl?« Omura verzieht spöttisch die Lippen.
    »Dafür reicht Ihre Fantasie nicht aus. Aber nett, dass Sie fragen.«
    »Jedenfalls, mit herkömmlicher Energieausbeute würden die Dinger am Seil allenfalls nach oben kriechen«, sagt Locatelli, als finde das Gezänk um ihn herum nicht statt. »Wir bräuchten Tage, um anzukommen. Ich kann's Ihnen gerne erklären, wenn es Sie interessiert.«
    »Würden wir das denn überhaupt verstehen?«, fragt Heidrun laut und sorgenvoll, zu Ögi gewandt.
    »Ich bin mir nicht sicher, mein Schatz. Schau, wir sind Schweizer und in allem sehr langsam. Darum haben wir ja auch vor Jahren diesen Teilchenbeschleuniger gebaut.«
    »Um schnellere Schweizer zu produzieren?«
    »Genau.«
    »Geht der nicht ständig kaputt?«
    »Ja, eben.«
    Chambers hält sich dicht hinter ihnen und saugt wie die Biene am Nektar. So was gefällt ihr. So ist es immer: Viele Paradiesvögel in einem Stall, und es fliegen die Federn.
    Die Einkleidung gibt einen Vorgeschmack auf das Kommende. Alle werden in orangesilberne Overalls gehüllt, die Farben von Orley Enterprises, dann fährt die komplette Gruppe hoch zur Empore, von der die Laufgänge zu den Fahrstühlen abgehen. Als Nächstes machen sie die Bekanntschaft eines kräftig gebauten Schwarzen, den Julian als Peter Black vorstellt.
    »Leicht zu merken also«, sagt Black fröhlich und gibt jedem die Hand. »Aber nennen Sie mich einfach Peter.«
    »Peter ist einer unserer beiden Piloten und Expeditionsleiter«, erklärt Julian. »Er und Nina – ah, da kommt sie ja!«
    Eine blonde Frau mit Kurzhaarschnitt und einer Stupsnase voller Sommersprossen entsteigt der Luke des Fahrstuhls und gesellt sich zu ihnen. Julian legt einen Arm um ihre muskulösen Schultern. Chambers kneift die Augenlider zusammen und verwettet ihren Hintern darauf, dass Nina gelegentlich in Julians Schlafzimmer vorstellig wird.
    »Darf ich vorstellen: Nina Hedegaard aus Dänemark.«
    »Hey!« Nina winkt in die Runde.
    »Gleiche Funktion wie Peter, Pilotin, Expeditionsleiterin. Die beiden werden euch während der nächsten zwei Wochen zur Seite stehen, wann immer es euch in unendliche Weiten zieht. Sie werden euch die schönsten

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