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Limit

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Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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weiß. Es tut mir leid, glaub mir! Aber jemand muss den vieren das Gefühl geben, sie seien uns ebenso willkommen wie alle anderen, die von einem Orbitaltrip mehr erwarten als Schwitzen, Peeling und Pickel ausdrücken lassen. Ich würd's ja auf mich nehmen, aber ich kann nicht!«
    »Ach, Lynn. Muss das denn sein? Tim und ich –«
    »Dich akzeptieren sie als Repräsentantin, als Gastgeberin.«
    »Ich bin doch gar nicht die Gastgeberin.«
    »Doch, in deren Augen schon. Du bist eine Orley. Bitte, Amber!«
    Dieses Flehen!
    »Also gut, meinetwegen. Dafür bin ich heute Nachmittag beim zweiten Weltraumspaziergang dabei!«
    »Oh, Amber, lass dich küssen! Du kannst zum Jupiter spazieren, ich schmier' dir eigenhändig die Brote! Danke! Danke!«
    Nun also das Damenprogramm.
    Der Wellness-Bereich umfasste zwei Module, elliptisch abgeflacht wie die Wohnröhren. Im oberen Teil gab es eine waschechte Sauna, unter Verzicht auf Holzbänke zwar, dafür mit Halteschlaufen für Hände und Füße und großzügig dimensionierten Fenstern, sowie eine Dampfsauna, deren gerundete Wände die Sterne in Form Hunderter elektrischer Lämpchen auf sich vereinten. In der Kristall-Kaverne konnte man sich durch Tröpfchen eiskalten Wassers treiben lassen, das in den Raum gesprüht und wieder abgesaugt wurde, im Ruhebereich sphärische Musik hören, lesen oder wegdösen. Ein Stockwerk darunter warteten diverse Fitnessgeräte, Massageräume und kräftige Hände auf die stressgeplagten Teilzeitastronauten.
    »– unerlässlich im Weltraum!«, sagte Lurkin gerade. »Schwerelosigkeit ist eine feine Sache, aber sie birgt eine Reihe nicht zu unterschätzender Gefahren, wenn man ihr über längere Zeit ausgesetzt ist. Gewisse Veränderungen an euch werdet ihr schon bemerkt haben. Erwärmung von Kopf und Brust zum Beispiel. Unmittelbar nach Eintritt des freien Falls steigt mehr als ein halber Liter Blut aus den unteren Körperregionen in Thorax und Kopf. Ihr bekommt Apfelbäckchen und das, was Astronauten ein puffy face nennen, ein leicht angeschwollenes Gesicht. Netter Effekt übrigens, weil er Falten kompensiert und euch jünger aussehen lässt. Hält nur leider nicht auf Dauer. Nach eurer Rückkehr zur Erde wird die Schwerkraft am Gewebe zerren wie eh und je, also genießt den Augenblick.«
    »Meine Beine frieren«, sagte Rebecca Hsu misstrauisch, in ihrem Bademantel zur Frotteekugel gebläht. »Ist das normal?«
    »Ganz normal. Entsprechend der Umverteilung eurer Körpersäfte fühlen sich die Beine etwas kalt an. Daran gewöhnt man sich, ebenso wie an Schweißausbrüche und den vorübergehenden Verlust der Orientierung. Ich hörte, eine von euch hat's schlimm erwischt?«
    »Madame Tautou«, nickte Miranda Winter. »Uii! Die Arme muss sich fortwährend –« Sie senkte die Stimme. »Also, es kommt auch unten raus, eigentlich überall.«
    »Raumkrankheit.« Lurkin nickte. »Kein Grund, sich zu schämen, selbst erfahrene Astronauten leiden darunter. Wer hat sonst noch Symptome?«
    Olympiada Rogaschowa hob zögerlich die Hand. Nach einigen Sekunden spreizte auch Momoka Omura einen Zeigefinger und winkelte ihn gleich wieder an.
    »Unwesentlich«, sagte sie.
    »Also, bei mir geht's so«, meinte Hsu. »Mein Gleichgewichtssinn ist etwas durcheinander. Eigentlich bin ich an Seegang gewöhnt.«
    »Ich bin froh, wenn alles drinbleibt«, seufzte Rogaschowa.
    Lurkin lächelte. Natürlich war sie darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass die Frau des Oligarchen ein zerrüttungsbedingtes Alkoholproblem hatte. Streng genommen hätte Olympiada Rogaschowa gar nicht hier sein dürfen, allerdings hatte sie während des vierzehntägigen Trainingsprogramms ausschließlich Tee getrunken und alle Skeptiker Lügen gestraft. Offenbar ging es auch ohne Wodka und Champagner.
    »Halb so wild, ladies. Spätestens übermorgen seid ihr gegen die Raumkrankheit immun. Was indes jeden betrifft, sind die physiologischen Langzeitveränderungen. In Schwerelosigkeit baut ihr Muskelmasse ab. Eure Waden schrumpfen zu Chicken Legs, Hühnerbeinen, Herz und Kreislauf werden über Gebühr belastet. Schon darum ist täglicher Sport oberste Pflicht eines jeden Astronauten, sprich, Ergometer, Gymnastik, Gewichtheben, alles hübsch angeschnallt natürlich. Auf Langzeitmissionen hat man zudem einen erheblichen Rückgang der Knochensubstanz festgestellt, vorwiegend im Wirbel- und Beinbereich. Bis zu zehn Prozent Kalzium verliert der Körper während eines halben Jahrs im All, Immunstörungen treten

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