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Limit

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Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Sechs Monate in so einer Kiste, der blanke Horror! Menschen sind nun mal keine Maschinen, sie brauchen soziale Kontakte, Privatsphäre, Platz, Musik, gutes Essen, schönes Design, Futter für die Sinne. Darum ist das Raumschiff, das hier entsteht, mit keinem herkömmlichen Schiff vergleichbar. Im Stadium der Fertigstellung wird es von außergewöhnlicher Größe sein, hier sehen Sie das knapp 200 Meter lange Rumpfelement. Genauer gesagt sind es miteinander verkoppelte Einzelelemente, teils ausgebrannte Tanks alter Space Shuttles, teils neue, größere Module. Zusammen bilden sie den Arbeits- und Kommandobereich. Es wird Labors und Besprechungsräume geben, Treibhäuser und Aufbereitungsanlagen. Die Schlaf- und Trainingsmodule rotieren an Zentrifugalauslegern um den Rumpf, sodass dort eine schwache, künstliche Schwerkraft herrschen wird, vergleichbar der auf dem Mars. Im nächsten Schritt wird die Konstruktion durch Masten von mehreren Hundert Metern Länge nach vorne und hinten ausgebaut.«
    »Mehrere Hundert Meter?«, echote Heidrun. »Mein lieber Mann! Wie lang soll das Ding denn werden?«
    »Die Rede ist von einem Kilometer. Sonnenflügel und Generatoren nicht eingerechnet. Rund zwei Drittel entfallen auf den Frontmast, an dessen Spitze ein Nuklearreaktor für den Antrieb sorgen wird. Darum die eigenwillige Konstruktion. Die Habitate müssen mindestens 700 Meter von der Strahlungsquelle entfernt sein.«
    »Und wann soll der Flug stattfinden?«, wollte Edwards wissen.
    »Realisten peilen 2030 an. Washington hätte es gerne früher. Es findet ja nicht nur ein Wettlauf zum Mond statt. Die USA werden alles daransetzen, auch den roten Planeten –«
    »– in Besitz zu nehmen«, ergänzte Rogaschow. »Schon klar. Hat Orley die komplette Werft an die Amerikaner vermietet?«
    »Einen Teil«, sagte Hedegaard. »Andere Bereiche der Station sind an Amerikaner, Deutsche, Franzosen, Inder und Japaner vermietet. Auch Russen. Alle unterhalten Forschungsstationen hier oben.«
    »Nur die Chinesen nicht?«
    »Nein. Die nicht.«
    Rogaschow ließ es dabei bewenden. Ihr Flug führte über die Werft dem Außenring mit seinen Werkstätten und Manipulatoren entgegen. Hedegaard machte sie auf die fernen Enden von Masten aufmerksam, an denen sphärische Gebilde sprossen: »Das Lage- und Bahnregelungssystem. Kugeltanks speisen die Schubdüsen, mit denen sich die Station bei Bedarf absenken, anheben oder versetzen lässt.«
    »Wozu denn das?«, fragte O'Keefe. »Ich dachte, sie muss exakt in dieser Höhe verbleiben?«
    »An sich ja. Andererseits, falls ein Meteorit oder besonders dicker Brocken Schrott herangesaust kommt, müssen wir ihre Bahn korrigieren können. Im Allgemeinen wissen wir so was schon Wochen im Voraus. Meist reicht eine Verlagerung in der Vertikalen, manchmal ist es sinnvoller, zur Seite hin auszuweichen.«
    »Darum ist die Ankerstation auch eine schwimmende Insel!«, rief Mimi Parker. »Um sie synchron zur OSS verschieben zu können!«
    »Ganz genau«, sagte Hedegaard.
    »Irre! Und passiert das oft? So ein Bombardement?«
    »Eher selten.«
    »Und die Bahnen aller Objekte sind bekannt?«, hakte O'Keefe nach.
    »Na ja.« Black zögerte. »Die der großen. Kleinzeug zieht hier natürlich millionenfach durch, ohne dass wir Kenntnis davon erlangen, Nanopartikel, Mikrometeoriten.«
    »Und was ist, wenn so ein Ding meinen Anzug trifft?« Edwards klang plötzlich, als wünsche er sich zurück ins Innere der Station.
    »Dann hast du ein Loch mehr«, sagte Heidrun, »an einer hoffentlich schönen Stelle.«
    »Nein, der Anzug steckt das weg. Die Panzerungen fangen Nanopartikel auf, und falls wirklich mal ein nadelstichgroßes Loch im Overall entsteht, geht man deswegen nicht gleich drauf. Das Gewebe ist mit einer Kunststoffschicht unterfüttert, deren Molekülketten sich schließen, sobald das Material seinen Schmelzpunkt erreicht. Und das geschieht beim Aufprall eines Mikrometeoriten schon durch die Reibungshitze. Vielleicht tragen Sie eine kleine Verwundung davon, aber das tun Sie auch, wenn Sie in einen Seeigel treten oder ihre Katze Ihnen eins überbrät. Die Chance, einem Mikrometeoriten in die Quere zu kommen, ist bei Weitem geringer, als von einem Hai gefressen zu werden.«
    »Wie beruhigend«, sagte Locatelli gepresst.
    Die Gruppe hatte den äußeren Rand des Rings überquert und folgte dem Verlauf eines anderen Gittermasts. O'Keefe hätte sich gerne herumgedreht. Von hier aus musste man einen fantastischen Blick über das

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