Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
acht Personen. Ein leiser werdendes, schließlich ersterbendes Zischen zeigte an, dass die Luft abgesaugt wurde, dann glitten lautlos die Außenschotts auseinander.
    O'Keefe schluckte.
    Im Banne frühmenschlicher Einsichten über Abgründe und Fehltritte, Ameisen im Bauch, starrte er hinaus. Vor seinen Augen erstreckte sich ein Teil des Dachs. Er wusste nicht, was er erwartet hatte, einen Austritt, einen Balkon, einen Laufsteg, ungeachtet dessen, dass nichts davon hier oben Sinn ergab. Doch die kreisrunde Ebene erwies sich als bodenlos – eine 400 Meter durchmessende, offene Struktur, umgeben von einem stählernen Ring, massiv genug, dass Eisenbahnen hätten hindurchfahren können, und bestückt mit Nutzlasten und Manipulatoren. Ein Speichenwerk tragender Konstruktionen führte vom Torus zu den äußeren Bereichen. Jenseits dessen funkelten Solarparks in der Sonne, zirkulierten Radiatoren und hingen Kugeltanks an kranartigen Auslegern. Flutlichtbatterien beschienen gewaltige Hangars, die Geburtsstätten künftiger Raumschiffe. Winzig schwebten Astronauten unter dem Bauch eines stählernen Riesen und überwachten den Einbau von Sitzreihen durch Roboterarme. Bizarre Maschinenwesen, halb Mensch, halb Insekt, durchmaßen den Raum, trugen Bauteile in Heuschreckenarmen heran, krallten sich mit segmentierten Greifzangen ins Rahmen- und Gitterwerk, führten Schweißarbeiten aus und vernieteten vorgefertigte Komponenten. Unzweifelhaft waren ihre Androidengesichter von der Figur Boba Fetts inspiriert, dem stets behelmten Auftragskiller aus Star Wars, was zwingend den Schluss nahelegte, dass Julian Orley an ihrer Entwicklung Anteil genommen hatte – Orley mit seiner Begeisterung für Science-Fiction-Filme, dem es wie keinem anderen gelang, Zitate zu Innovationen zu fügen.
    Jenseits der Schleuse gähnte ein Abgrund.
    Fast dreihundert Meter erstreckte sich die vertikale Struktur der OSS unter O'Keefe, darunter lag die Erde in unvorstellbarer Ferne. Er zögerte, fühlte sein Herz dröhnen. Obschon er um die Irrelevanz seines Gewichts wusste, erschien es ihm als ausgemachter Wahnsinn, die Kante zu passieren, praktisch gleichbedeutend damit, sich von einem Hochhaus zu stürzen.
    Physik, dachte er. Hab Vertrauen in Gottes Gesetzbuch.
    Aber er glaubte nicht an Gott.
    Neben ihm segelten Nina Hedegaard und Peter Black gemächlich nach draußen, wendeten und präsentierten die verspiegelten Fronten ihrer Helme. »Beim ersten Mal ist es immer eine Überwindung«, hörte er die Dänin sagen. »Aber ihr könnt nicht fallen. Versucht einfach das Nachdenken einzustellen.«
    Ertappt, dachte O'Keefe.
    Im nächsten Moment erhielt er einen Stoß, glitt über die Kante hinaus, auf die beiden Führer zu und an ihnen vorbei. Verblüfft schnappte er nach Luft, stemmte sich gegen die Flugbewegung, doch nichts bremste ihn ab. Auf eine Reise ohne Wiederkehr geschickt, zog er davon. Heiß durchfuhr ihn die Vorstellung, im Weltall verloren zu gehen, hinausgeschleudert zu werden ins Nichts, und er begann wild herumzufuchteln, als bewirke dies mehr, als seinen Untergang ins Lächerliche zu ziehen.
     
    »Sieh an«, lächelte Laura Lurkin. »Das Damenprogramm.«
    Amber glaubte die zersetzende Wirkung des Spotts körperlich zu spüren. Von Lynn wusste sie, dass die Fitnesstrainerin, ein bedrohlich skulpturierter Brocken Menschheit mit Ringerkreuz, Trollarmen und einlullender Stimme, Weltraumtouristen nicht sonderlich schätzte. Ihre Einstellung gründete auf der Überzeugung, Privatpersonen hätten oberhalb der gängigen Verkehrsflugrouten nichts verloren. Lurkin war eine ehemalige Navy Seal, gehärtet im Feuer geopolitischer Konflikte. Als sich Rogaschowa, Winter, Hsu, Omura und Amber wie eine Delegation bespaßungshungriger Präsidentengattinnen im Wellness-Bereich einfanden, war Lurkins erste Reaktion folgerichtig, sie zu verspotten, allerdings auf eine Weise, dass man es für Freundlichkeit, wenn nicht gar für Kumpanei halten konnte. Schließlich war sie damit betraut, Orbitalreisende fit zu halten, nicht, sie zu deprimieren.
    »Du musst da hingehen, Amber! Bitte! Wir haben die EVA, die Führung durch den wissenschaftlichen Bereich, die Multimedia-Performance, ich wäre glücklich, wir hätten die blöden Weiber auf eine der drei Gruppen verteilen können, aber die wollen ihr Beauty-Programm durchziehen. Ich bin ja schon froh, dass uns Paulette erspart bleibt, aber –«
    »Eigentlich würde ich lieber zu deiner Präsentation kommen, Lynn.«
    »Ich

Weitere Kostenlose Bücher