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Limonow (German Edition)

Limonow (German Edition)

Titel: Limonow (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emmanuel Carrère
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hast du vielleicht was zum Rauchen?«
    » Fuck off «, knurrt der andere. Eduard stößt sich nicht daran und hockt sich neben ihn. Ohne Vorwarnung stürzt sich der Schwarze auf ihn und schlägt zu. Ihre verknäulten Körper rollen im Sandkasten. Sie ringen. Eduard gelingt es, eine Hand zu befreien, zieht sein Messer aus dem Stiefel, und vielleicht hätte er zugestochen, wenn sein Gegner nicht genauso unvermittelt aufgegeben hätte, wie er angegriffen hatte. Sie bleiben verschlungen im feuchten Sand liegen und ringen nach Atem.
    »Ich habe Lust auf dich«, sagt Eduard. »Willst du mit mir schlafen?«
    Sie beginnen sich zu küssen und zu streicheln. Der junge Schwarze hat eine weiche Haut und unter seinen übelriechenden Klamotten einen muskulösen, festen Körper, der dem seinen recht ähnlich ist. Auch er wirft den Kopf mit halbgeschlossenen Augen hin und her und murmelt: » Baby, baby … « Eduard beugt sich über ihn und löst seinen Gürtel in brennender Neugier, ob es wahr ist, was man von Negerschwänzen erzählt. Es ist wahr: Er ist größer als seiner. Er nimmt ihn in den Mund, und während sie sich im Sand ausstrecken und er selbst sehr steif wird, saugt er ihn lange und mit viel Zeit, als hätten sie eine Ewigkeit vor sich. Nichts Flüchtiges ist daran, es ist friedlich, intim und würdevoll. Ich bin glücklich, denkt Eduard: Ich habe eine Beziehung. Der andere lässt voller Vertrauen und Hingabe alles mit sich geschehen. Er streicht Eduard übers Haar, ächzt leise und kommt dann. Eduard kennt bereits den Geschmack seines eigenen Spermas, er liebt den des jungen Schwarzen und schluckt alles hinunter. Dann, den Kopf an dessen entleerten Schwanz gelehnt, beginnt er zu weinen.
    Er weint lange; es ist, als ob alles Leid, das er seit Elenas Abschied angesammelt hat, herausquellen würde, und der junge Schwarze nimmt ihn in die Arme, um ihn zu trösten. » Baby, my baby, you are my baby … « wiederholt er immer wieder wie eine Beschwörungsformel. » I am Eddy «, schluchzt Eduard, » I have nobody in my life, will you love me? «» Yes, baby, yes «, summt der Andere. » What is your name? «» Chris. « Eduard beruhigt sich. Er stellt sich ihr gemeinsames Leben in den Elendsvierteln vor. Sie werden Dealer sein, besetzte Häuser bewohnen und sich nie mehr verlassen. Später schiebt er seine Hose und seinen Slip herunter, bietet seinen Hintern dar, wie es Elena tat, und sagt zu Chris: » Fuck me. « Chris spuckt auf seinen Schwanz und bohrt ihn hinein. Eduards Training mit der Kerze kommt ihm zugute: Auch wenn der hier dicker ist, tut es ihm nicht wirklich weh. Als Chris kommt, sacken sie beide im Sand zusammen und schlafen so ein. Eduard wacht kurz vor Morgengrauen auf, löst sich aus der Umarmung des jungen Schwarzen, der leise grunzt, tappt herum, um seine Brille wiederzufinden, dann geht er. Er läuft überglücklich und voller Stolz durch die Stadt, die gerade erwacht. Ich habe keine Angst gehabt, denkt er, ich habe mich in den Arsch ficken lassen. » Molodez! «, wie sein Vater sagen würde: Kleiner Prachtkerl!
    4
    Es ist Sommer; er sonnt sich auf seinem winzigen Balkon in der sechzehnten Etage des Hotels Winslow und isst dabei Kohlsuppe direkt aus dem Topf. Kohlsuppe ist eine prima Sache: Ein Topf kostet zwei Dollar und reicht für drei Tage, die Suppe schmeckt kalt genauso gut wie warm, und selbst ohne Kühlschrank wird sie nicht schlecht. Ihm gegenüber stehen Bürogebäude mit getönten Scheiben, hinter denen Führungskräfte in Anzügen und Sekretärinnen aus Vororten sich wohl fragen, wer dieser braungebrannte, muskulöse Typ ist, der sich auf dem Balkon in einem kleinen roten Slip oder manchmal auch im Adamskostüm sonnt. Es ist Editschka, der russische Dichter, der euch 278 Dollar im Monat kostet, liebe amerikanische Steuerzahler, und der euch von Herzen verachtet.
    Alle zwei Wochen geht er zum Welfare -Büro und wartet mit anderen, die wie er zum Abschaum der Gesellschaft zählen, geduldig auf seinen Scheck. Aller zwei Monate gibt es ein Gespräch mit einem Angestellten des Welfare , der sich nach seinen Plänen erkundigt. » I look for job, I look very much for job «, sagt er und übertreibt dabei die Dürftigkeit seiner Englischkenntnisse, um deutlich zu machen, warum seine Bemühungen erfolglos bleiben. In Wirklichkeit lookt er ganz und gar nicht for job ; um etwas zur Miete dazuzuverdienen, reicht es ihm, ab und an schwarz Lionja Kossogor zur Hand zu gehen, der als Möbelpacker im

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