Linda, H: Winterherzen: Für morgen, für immer
dass Max so viel Luxus als selbstverständlich voraussetzte, im Gegensatz zu ihr. Dabei stammte sie keineswegs aus bescheidenen Verhältnissen. Sie war in der oberen Mittelklasse aufgewachsen und beinahe sechs Jahre lang mit einem sehr wohlhabenden Mann verheiratet gewesen. Dennoch hatte sie sich problemlos in ihrer kleinen Dreizimmerwohnung eingelebt, die bestenfalls als gemütlich bezeichnet werden konnte. Um finanziell nicht von Jeff abhängig zu sein, hatte sie Unterhaltszahlungen von ihm abgelehnt, sich eine Stellung gesucht und gelernt, mit ihrem Gehalt auszukommen. Und bisher hatte sie nie das Geld vermisst, das ihr zuvor gestattet hatte, sich jeden Wunsch zu erfüllen.
Als Max zurückkehrte, fand er Claire im Schlafzimmer. Sie stand mitten im Raum, ohne Schuhe, die bestrumpften Füße im flauschigen taubengrauen Teppichboden versunken. Ihre Augen waren offen, und ein verträumter Ausdruck lag in ihnen. Er erkannte, dass sie seine Anwesenheit nicht spürte. Sie stand bewegungslos da, und ein winziges Lächeln spielte um ihre Lippen.
Er blieb stehen, musterte sie und fragte sich, welchen angenehmen Träumen sie sich gerade hingeben mochte und ob sie wohl genauso zufrieden aussah nach einem Liebesakt, wenn es dunkel und still im Raum und die Leidenschaft verklungen war. Hatte sie diesen Ausdruck früher für ihren Exmann oder einen anderen Mann aufgesetzt? Die Vorstellung löste einen schmerzlichen Stich der Eifersucht in ihm aus.
Er durchquerte den Raum und legte eine Hand auf ihren Arm, um sie aus ihren Träumen zu reißen und zurück zu ihm zu bringen. „Der Papierkram ist erledigt. Können wir gehen?“
Sie blinzelte, und der verträumte Blick schwand aus ihren Augen. „Ja. Ich habe nur den Raum genossen.“
Er blickte hinab auf ihre unbeschuhten Füße. „Und besonders den Tep pich.“
Sie lächelte. „Die Farben auch. Es passt alles so gut zusammen.“
Es war ein behaglicher Raum, groß und gut beleuchtet, mit dem beruhigenden grauen Teppich und den pfirsichfarbenen Wänden. Auf dem Bett lag eine melonenfarbene Decke, und in einer Ecke stand ein großer Keramiktopf, ebenfalls melonenfarbig, mit einem riesigen Philodendron. Das Bett war sehr breit, mit einem Berg Kissen, wie geschaffen für einen großen Mann und breit genug für zwei Personen. Max musterte das Bett, beobachtete dann Claire, als sie sich hinabbeugte und ihre Schuhe anzog. Und er schwor sich, früher oder später mit ihr in diesem Bett zu schlafen.
Sie gab ihm den Zettel, auf dem sie die Gegenstände notiert hatte, die in der Wohnung fehlten.
Er überflog ihn, faltete ihn zusammen und steckte ihn in die Brusttasche. „Das ging alles sehr schnell. Wir haben noch fast den ganzen Nachmittag vor uns. Möchtest du lieber ein spätes Mittagessen oder ein frühes Abendessen?“
Claire zögerte. Sie spielte mit dem Gedanken, ihn zum Dinner zu sich nach Hause einzuladen. Ihre Wohnung war ihr privates Reich, in dem sie bisher noch nie männlichen Besuch empfangen hatte. Andererseits störte sie sich seltsamerweise nicht an der Vorstellung von Max in ihrem Heim.
„Warum fahren wir nicht zu mir?“, schlug sie ein wenig nervös vor. „Ich koche uns etwas zum Abendessen. Magst du Hähnchen in Orangensauce?“
„Ich mag alles“, verkündete er und wunderte sich insgeheim über ihr offensichtliches Unbehagen. Bedeutete es für sie eine solche Tortur, etwas für ihn zu kochen? Es war eine völlig zwanglose Situation, und eine Frau mit ihrer gesellschaftlichen Erfahrunghätte sie ganz gelassen meistern sollen. Doch an Claire war nichts so, wie es hätte sein sollen. Und er fragte sich ernsthaft, ob er jemals verstehen würde, was in ihr vorging.
Das Telefon klingelte, als Claire ihre Wohnungstür aufschloss. Sie entschuldigte sich bei Max und eilte an den Apparat.
„Claire, rate mal, was anliegt!“, rief ihre Mutter aufgeregt in den Hö rer.
Claire versuchte gar nicht erst zu raten. Sie wusste aus Erfahrung, dass ihre Mutter nicht lange genug innehalten würde, um sie zu Wort kommen zu lassen, und sie behielt recht.
Eifrig plauderte Alma Westbrook weiter: „Michael und Celia werden nach Arizona versetzt, und sie sind auf der Durchreise bei uns vorbeigekommen. Sie bleiben nur heute Nacht, und deshalb veranstalten wir ein Familienessen. Wann kannst du hier sein?“
Michael war Claires Cousin aus Michigan, und Celia seine Frau. Sie mochte die beiden, doch sie konnte Max nicht einfach hinaus.werfen, auch wenn ihre Mutter
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