Linda, H: Winterherzen: Für morgen, für immer
zum Wagen gingen. Doch Claire achtete kaum auf seine Berührung. Im Geiste malte sie sich bereits schmerzliche Szenen aus, in denen Max sich auf den ersten Blick in Martine verliebte und sie den ganzen Nachmittag lang bewundernd anstarrte. Auch für ihn wäre es eine schmerzliche Erfahrung, denn Martine würde seine Gefühle niemals erwidern. Sie liebte ihren Mann zutiefst und schien sich ihrer verheerenden Wirkung auf das männliche Geschlecht nicht einmal bewusst zu sein. So verhielt sie sich jedenfalls.
Allzu bald bog Max in die Auffahrt zum Haus ihrer Eltern ein, in der bereits der BMW ihres Vaters, der kleine Buick ihrer Mutter, Steves Jeep und ein voll beladener Ford Kombi mit einem Kennzeichen aus Michigan standen.
Claire starrte auf das geräumige Gebäude im Tudorstil, in dem sie aufgewachsen war, und malte sich aus, wie es dort zugehen mochte. Sie sah die Erwachsenen gemütlich im riesigen Garten unter den hohen Kastanien sitzen, sah ihren Vater die Steaks und Würstchen auf dem Grill bewachen, sah die Kinder auf dem Rasen herumtollen, da der Swimmingpool zu dieser frühen Jahreszeit noch zugedeckt war. Eine Szene wie aus einem Vorstadt-Paradies, aber ihr graute vor dem, was ihr bevorstand. Sie wusste, dass alle Anwesenden den gut aussehenden Mann an ihrer Seite anstarren und sich fragen würden, warum er ausgerechnet mit einem so gewöhnlichen Mädchen wie ihr zusammen war, obgleich er doch offensichtlich jede Frau haben konnte, die er begehrte.
Max stellte seinen Wagen ab und öffnete Claire die Tür. Das Gejohle und Gelächter von spielenden Kindern schallte aus dem Garten herüber, und er grinste sie an. „Das klingt wie zu Hause. Meine Nichten und Neffen sind richtige Bengel, allesamt, aber es gibt Tage, an denen mich mein Verstand verlässt und ich ihr Chaos vermisse. Wollen wir?“
Claire stieg aus, und seine Hand legte sich auf ihren Rücken. Nun wurde sie sich seiner Berührung bewusst, denn seine Finger ruhten auf der bloßen Haut zwischen ihren Schultern, die das fröhliche Sonnenkleid enthüllte. Sie gingen durch das Tor und kamen in Sichtweite ihrer Familie, die genau so unter den Bäumen saß, wie sie es sich ausgemalt hatte. In diesem Augenblick streichelte sein Daumen sanft über ihr Rückgrat und durchbrach die eisige Furcht, die sie ergriffen hatte.
Claire fühlte sich völlig hilflos gegen die Woge der Wärme, die ihren Körper durchströmte, die ihre Brüste prickeln und die Knospen hart werden ließ. Seine kleine Liebkosung brachte sie völlig aus der Fassung, denn all ihre Abwehr hatte dem Grauen vor der bevorstehenden Situation gegolten.
Und dann wurden sie von ihrer Familie umringt, und Claire hörte die Anwesenden automatisch sich miteinander bekannt machen.
Alma strahlte Max an, einen begeisterten Ausdruck auf dem schönen Gesicht, und ihr Vater, Harmon, begrüßte den neuen Gastherzlich und würdevoll. Michael und Celia begrüßten Claire mit entzückten Ausrufen und Umarmungen, und dann stürmten Martines wilde Bengel, gefolgt von Michaels beiden Kindern, herbei und warfen sich Claire, die ihre Lieblingstante war, in die Arme.
Martine, die unglaublich attraktiv aussah in einem weißen Top und weißen Shorts, die ihre schlanke Gestalt betonten und ihre wohlgeformten langen Beine freiließen, versuchte gutmütig, die Kinder zur Ordnung zu rufen. Celia tat ihr Übriges, aber dennoch dauerte es eine Weile, bis wieder Ruhe einkehrte.
Die ganze Zeit über war Claire sich deutlich bewusst, dass Max sehr dicht bei ihr stand, ungezwungen plauderte und lächelte – mit einem unglaublichen Charme, der auf niemanden die Wirkung verfehlte.
„Kennen Sie Claire schon lange?“, erkundigte Alma sich.
Claire erstarrte. Sie hätte ahnen müssen, dass Max über sein Leben von der Geburt bis zur Gegenwart ausgequetscht wurde. Es war ihre eigene Schuld. Seit ihrer Scheidung hatte sie sich strikt gegen die Bemühungen ihrer Familie gewehrt, wieder ein geselliges Leben zu führen, und daher war es völlig ungewöhnlich, dass sie mit einem Mann auftauchte. Virginias Party war die Einzige, die sie seit Jahren besucht hatte, abgesehen von kleinen Familienzusammenkünften. Und Claire zweifelte nicht daran, dass Martine und Alma sich lang und breit über Martines erfolgreiches Drängen ausgelassen hatten.
Max senkte ein wenig die Lider. „Nein, nicht sehr lange“, antwortete er sanft, mit leicht belustigtem Unterton.
Claire fragte sich, ob sie wohl die Einzige war, die seine Belustigung
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