Linda Lael Miller
und
Wäschetrockner standen. Als sie wieder herauskam, goß Jonathan gerade heißes
Wasser in eine braune Teekanne. »Ich würde gern das Abendessen machen«, sagte
sie, um nützlich zu sein, und vor allem, um in diese Küche zu gehören, wenn
auch nur für eine Stunde.
»Gut.« Er
seufzte. »Trista kocht nicht, und Ellen, unsere Haushälterin, ist
unzuverlässig. Sie war heute hier, aber sie ist weggegangen und kommt
möglicherweise erst morgen wieder.«
Elisabeth
kauerte sich vor den Eiskasten. Zwei große Bachforellen lagen auf einem Teller.
Sie trug sie zu der Arbeitsfläche.
»Haben Sie die Fische gefangen?«
»Sie sind
mir geschenkt worden, als Bezahlung für ein Nerventonikum.« Dann rief er nach
Trista.
Elisabeth
fand in der Speisekammer eine Pfanne sowie eingekochtes Gemüse und Früchte.
Sie wählte Möhren und Birnen und trug sie in die Küche. Trista saß am Tisch,
Jonathan war nirgendwo zu sehen.
»Er ist im
Stall und füttert die Tiere«, erklärte Trista. Elisabeth lächelte. »Hat dir der
Klavierunterricht gefallen?«
»Nein.
Wieso sind deine Haare naß und strähnig?« Elisabeth legte die geputzten
Forellen in die Pfanne. »Ich bin in den Fluß gefallen. Gibt es hier Brot?«
Trista nahm
einen in ein kariertes Trockentuch gewickelten Laib aus einem Holzkasten und
brachte Butter aus dem Eiskasten. »Ich bin auch einmal in den Fluß gefallen«,
vertraute sie ihr an. »Ich glaube, ich wäre ertrunken, wenn meine Mama mich
nicht herausgezogen hätte. Ich war erst zwei.«
»Wie gut,
daß sie da war«, sagte Elisabeth sanft und erinnerte sich an den kleinen
Grabstein mit Tristas Namen. Sie mußte wegblicken, um ihre Tränen zu verbergen.
»Vielleicht
kannst du nach dem Abendessen für uns Klavier spielen«, sagte Trista.
Verstohlen
wischte Elisabeth die Tränen mit dem weichen Ärmel des Hausmantels weg. Wie das
verdorbene Kleid, duftete auch er schwach nach Lavendel. »Ich habe seit Wochen
kein Klavier mehr angefaßt. Wahrscheinlich bin ich aus der Übung.«
Trista
lachte. »Schlimmer als ich kannst du nicht klingen, ganz gleich, wie lange du
nicht geübt hast.«
Elisabeth
lachte auch und drückte das kleine Mädchen an sich. Durch das Fenster sah sie
Jonathan zum Haus kommen. In diesem Moment war es ihr so warm, als hätte die
Mittagssonne ungehindert auf ihre Haut gestrahlt.
Sie trug
den Fisch und die Möhren auf, während Jonathan sich am Spültisch wusch. Dann
setzten sie sich alle an den Tisch.
Elisabeth
war gerührt, als Trista ein kurzes Tischgebet sprach
und Gott bat, besonders darauf zu achten, daß ihre Mama im Himmel glücklich
war. Elisabeth öffnete ihre Augen und warf Jonathan verstohlen einen
vorwurfsvollen Blick zu. Er starrte abweisend zurück, die Lippen fest
zusammengepreßt.
Nach dem
Gebet schnitt Jonathan drei Scheiben Brot ab und legte eine zu seinem Teller.
»Haben Sie
keine Kühe?« fragte Elisabeth. Er hatte keinen Eimer mit frischer Milch ins
Haus getragen, wie das Farmer in Büchern und Filmen taten.
Er
schüttelte den Kopf. »Brauchen wir nicht. Ich bekomme so viel Butter und
Sahne, wie wir benötigen, von meinen Patienten.«
»Gibt Ihnen
denn irgend jemand Geld?«
Er zuckte
mit den Schultern. »Wir kommen über die Runden.«
Danach
bestritt Trista die Unterhaltung. Hinterher spülten sie und Elisabeth das
Geschirr, während Jonathan wieder sein Jackett anzog, das er am Herd getrocknet
hatte, und nach der Arzttasche griff.
»Ich bleibe
nicht lange.« Seine Worte waren an Trista gerichtet. »Ich möchte sehen, wie
weit es schon mit Mrs. Tabers Baby ist.«
Trista
nickte, Elisabeth folgte ihm nach draußen.
»Sie lassen
Ihre Tochter ganz allein hier mit einer Fremden?«
Jonathan
nahm eine Laterne von der Wand der hinteren Veranda, riß ein Streichholz an
und entzündete die Lampe. »Sie sind keine Fremde. Wir beide sind alte Freunde,
obwohl ich mich nicht genau erinnere, wo wir uns getroffen haben.« Er gab ihr
einen flüchtigen Kuß auf die Wange. »Falls ich Sie vor morgen früh nicht mehr
sehe, gute Nacht, Lizzie.«
Kapitel 6
Lizzie...
Daß sie so
genannt wurde, ließ Elisabeth schwanken. Sie packte das Geländer neben den
Verandastufen, um sich abzustützen.
Jonathan
bemerkte ihre Reaktion nicht, was wahrscheinlich ganz gut war, da Elisabeth
nicht in der Lage gewesen wäre, irgendwelche Erklärungen abzugeben. Sie sah
betroffen zu, wie er zum Stall ging, die Laterne in der einen, die Arzttasche
in der anderen Hand.
Sobald er
nicht mehr zu sehen war,
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