Linda Lael Miller
eine Weile, ehe sie
wieder ging. Am nächsten Morgen wurde ein großer Blumenstrauß von Elisabeths
Vater zusammen mit einer Nachricht gebracht, in der stand, er und Traci würden
hoffen, daß es ihr besserging.
Elisabeth
fühlte sich stärker, wenn auch nicht besser, und sie wünschte sich immer
verzweifelter, zu Jonathan und Trista zurückkehren zu können. Aber da war sie
nun und konnte noch nicht einmal allein ins Bad gehen.
»Ich nehme
dich mit zu mir nach Hause«, verkündete Janet drei Abende später. Als wahre
Freundin war sie jeden Tag, nachdem ihr Unterricht geendet hatte, nach Pine
River gefahren. »Das Schuljahr ist fast vorüber, so daß ich eine Menge Zeit
haben werde, um Krankenschwester zu spielen.«
Elisabeth
lächelte schwach und schüttelte den Kopf. »Ich möchte nach Hause.« Zu Jonathan
und Trista!
Janet
räusperte sich. »Wer war der Mann, Bethie, der sich bei dir am Telefon gemeldet
hat?«
Elisabeth
stellte sich vor, wie Jonathan das Gerät finster betrachtet hatte, als es
geklingelt hatte, und sie lächelte wieder. »Das war Jonathan, der Mann, den
ich liebe.«
»Und wo ist
er?« fragte Janet ungeduldig. »Wenn ihr so wild aufeinander seid, warum habe
ich bisher noch nichts von dem Knaben gesehen?« Sie deutete auf die Blumen im
Raum. Sogar Ian und seine neue Frau hatten Nelken geschickt. »Wo ist der Strauß
mit seinem Namen auf der Karte?«
Elisabeth
seufzte. Janet würde ihr nicht glauben. Wahrscheinlich würde sie sofort zum
nächsten Arzt laufen, und
Elisabeth würde sich in der psychiatrischen Abteilung wiederfinden. »Er ist
außer Landes«, log sie. »Und er hat täglich angerufen.«
Als
Elisabeth wieder wagte, Janet anzusehen, entdeckte sie blanken Unglauben im
Gesicht ihrer Freundin. »Hier ist etwas sehr sonderbar«, sagte Janet.
Du hast ja
gar keine Ahnung, dachte Elisabeth und war erleichtert, als Janet ein paar
Minuten später ging.
Dafür kamen
die Buzbee-Schwestern mit bunten Zinnien aus ihrem Garten und einem Stapel
Bücher.
»An einem
Tag habe ich den Geist durch das Dielenfenster gesehen«, flüsterte Cecily, als
ihre Schwester gegangen war, uni eine Freundin zu begrüßen, die sich von einer
Gallenblasenoperation erholte.
Elisabeth
wurde blaß. »Den Geist?«
Cecily
nickte. »Es war Dr. Fortner. Ich würde ihn überall erkennen.« Sie nahm eines
der Bücher von dem Stapel, den sie mitgebracht hatte, blätterte es durch und
hielt es Elisabeth hin. »Sehen Sie? Er steht da als zweiter von links, neben
dem kleinen Mädchen.«
Elisabeths
Kehle schnürte sich zu, als sie auf das alte Bild starrte, das bei der Brücke
über den Pine River am Gründergedenktag 1892 gemacht worden war. Jonathan
blickte ihr entgegen, ebenso Trista. Aber das war es nicht, was sie
erschütterte, da dies eine Kopie desselben Buches war, das sie sich aus der
Bibliothek ausgeliehen hatte, und sie hatte dieses Foto schon einmal gesehen.
Nein, es war die Tatsache, daß ihr eigenes Abbild hinzugefügt worden war. Sie
stand gleich rechts von Jonathan. Cecily hatte das wahrscheinlich nicht bemerkt,
weil Elisabeth in der Kleidung der Epoche und mit der altmodischen Frisur sehr
verändert aussah.
Cecily
reichte ihr Wasser. »Was haben Sie sich eigentlich eingefangen, meine Liebe?«
Elisabeths
Krankheit war schlicht als ein »Virus« diagnostiziert worden, und sie wußte,
daß die Mediziner davon verwirrt waren. »Ich ... ich denke, es ist eine
Lungenentzündung.« Sie legte eine Hand an ihre Kehle und sah Cecily flehend an.
»Man hat mir meine Halskette weggenommen.«
»Ich hole
sie ihnen sofort wieder«, entgegnete Cecily entschlossen, ging auf den Korridor
hinaus und rief nach einer Schwester.
Eine halbe
Stunde später hatte Elisabeth ihre Halskette zurückerhalten. Allein durch das
Tragen fühlte sie sich Jonathan und Trista näher.
Bei der
abendlichen Visite wollte der Arzt noch nichts davon wissen, sie nach Hause zu
entlassen.
Elisabeth
wartete bis zur Dunkelheit, bevor sie aus dem Bett stieg, zur Tür wankte und
über den erleuchteten Korridor zum Schwesternzimmer blickte. Eine Frau saß
dort und hielt den Kopf über Notizen gebeugt, aber ansonsten war die Luft rein.
Mit
gewaltiger Anstrengung zog Elisabeth die Jeans und die Bluse an, die Janet ihr
aus dem Haus gebracht hatte, kämmte sich und schob sich auf den Korridor
hinaus. Das Krankenhaus war klein und litt unter Personalmangel. Elisabeth
schaffte es bis in den Aufzug, ohne angehalten zu werden.
Sie hatte
keine Handtasche –
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