Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein suendiger Engel
Vom Netzwerk:
Fittiche nahm, würde sie bald nichts
mehr von Bonnie McKutchen wissen wollen.
    Widerstrebend
nannte sie ihren Namen und erwähnte auch, daß sie Northridges einzigen
Kolonialwarenladen führte.
    »Bewundernswert
– eine Frau, die ihr eigenes Geschäft führt!« entgegnete Lizbeth entzückt. »Ich
bin Lehrerin, was bedeutet, daß ich mich – in finanzieller Hinsicht zumindest –
kaum über Wasser halten kann. Aber mein Beruf befriedigt mich doch sehr, weil
ich immerhin das Gefühl habe, etwas weitergeben zu können.«
    Bonnie
hatte nicht gewußt, daß eine neue Lehrerin für die winzige Schule in Northridge
eingestellt worden war, und war daher sehr überrascht, vor allem, weil die
Ferien vor der Tür standen. »Darf ich fragen, wer Sie eingestellt hat?«
    Lizbeth
lächelte warm. »Natürlich. Eine Miss Genoa McKutchen – sie müßte eigentlich
sogar eine Verwandte von Ihnen sein!«
    »Das ist
sie auch. Sie ist meine Schwägerin.«
    Für einen
Moment runzelte Lizbeth verwirrt die Stirn, aber dann lächelte sie wieder. »Ich
soll im Sommer Unterricht für Erwachsene geben. Mrs. McKutchen schrieb, es gäbe
noch sehr viele Analphabeten in Northridge. Im Herbst will sie eine eigene
Schule für die Kinder der Hüttenwerksarbeiter eröffnen. Sie scheint zu glauben,
daß sie im gegenwärtigen Schulsystem zu kurz kommen.«
    Bonnie war
über alle Maßen begeistert, obwohl es sie ein wenig verärgerte, daß Genoa ihr
nichts von ihren ehrgeizigen Plänen verraten hatte. »Das ist eine gute Idee«,
erwiderte sie aufrichtig. »Die Kinder aus Patch Town sind immer wie zweitklassige
Bürger von den ... reicheren Bewohnern der Stadt behandelt worden.«
    »Von jenen,
die nicht in den Hüttenwerken arbeiten, meinen Sie?«
    Bonnie
schüttelte den Kopf. »Praktisch jeder ist in der einen oder anderen Weise von
den Werken abhängig, aber trotzdem besteht natürlich eine gewisse Hierarchie.
Einige der Büroangestellten und Werksleiter besitzen eigene Häuser.« Eine alte
Verbitterung ließ Bonnies Lippen schmal werden und verriet sich im zornigen
Funkeln ihrer Augen. »Sie schauen auf jene, die in Patch Town leben, herab.«
    »Patch
Town? Miss McKutchen hat in ihren Briefen nichts von einem solchen Ort erwähnt
...«
    »Es ist
kein Ort, auf den man stolz sein könnte, und erst recht nicht als Mitglied des
McKutchen-Clans«, entgegnete Bonnie seufzend. Sie war plötzlich sehr entmutigt
und kam sich wie eine komplette Außenseiterin vor. Northridge und seine
Bewohner waren auf einmal wieder sehr real, während Spokane nur noch ein Traum
zu sein schien, ein schöner Traum. »Der Gerechtigkeit halber«, fügte sie hinzu,
»muß allerdings gesagt werden, daß die McKutchens sich große Mühe geben,
vergangene Fehler zu berichtigen.«
    Der Mann
auf dem Platz vor ihnen – auch er trug einen runden schwarzen Hut und einen
schäbigen braunen Anzug – drehte sich um und starrte Bonnie angriffslustig an.
    Obwohl sie
den Blick des häßlichen, pockennarbigen Mannes herausfordernd erwiderte,
fühlte Bonnie sich bedroht. Als er sich wieder abwandte, sagte sie mit bewußt
lauter Stimme zu Lizbeth: »Northridges Probleme werden sich auf gerechte Weise
lösen, vorausgesetzt natürlich, daß die Einmischungen von außen aufhören.«
    Der
Gewerksschaftsmann versteifte sich, drehte sich jedoch nicht wieder zu Bonnie
um. Dennoch war ihr das unheilvolle Schweigen, das sich plötzlich im Abteil
ausbreitete, deutlich bewußt. »Ich sage ständig Dinge, die mich in
Schwierigkeiten bringen«, vertraute sie Lizbeth flüsternd an.
    Lizbeth
lachte. »Oh, dafür sind Sie aber wenigstens ehrlich, und das gefällt mir. Ist
es nicht ein Glück, daß wir uns begegnet sind? Ich glaube, wenn ich Sie nicht
im Abteil gesehen hätte, wäre ich wohl ausgestiegen. Sie wirkten auf mich wie
ein ruhiger Hafen in einer sturmgepeitschten See.« Sie rümpfte ihre hübsche
kleine Nase und sagte: »Dieser Geruch! Mein Gott, das ist aber wirklich
unerträglich, finden Sie nicht?«
    »Ja,
irgendwie stinkt es hier«, antwortete Bonnie laut und stellte befriedigt fest,
daß die Ohren und der Nacken des Mannes vor ihr sich heftig röteten.
    Für den
Rest der Reise plauderten Bonnie und ihre neugewonnene Freundin über Mode, die
Vor- und Nachteile des Lebens in einer Kleinstadt wie Northridge und Miss
Genoas bewundernswerte Initiative, den Arbeiterkindern eine solide Ausbildung
zu ermöglichen.
    Es war eine
traurige Erleichterung für Bonnie, in Northridge einzutreffen und sich

Weitere Kostenlose Bücher