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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Preis des Verlangens
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langsam und anmutig die
Treppe hinabzuschreiten; ihr Herz klopfte so schnell, daß sie fast nicht atmen
konnte. Obwohl Gabriel schon vierzig war, war er noch viel attraktiver, als er
früher schon gewesen war. Die Jahre hatten seinen Zügen ein wenig mehr Härte
verliehen, er war schlanker geworden, und seine Muskeln waren ausgeprägter.
    »Charlie
war so freundlich, mir ein Zimmer zu geben, wo ich mich waschen konnte«, sagte
sie, um eine logische Erklärung dafür abzugeben, daß sie in dem Zimmer gewesen
war, das sie und Gabriel vor so langer Zeit bewohnt hatten.
    »Charlie«,
erwiderte Gabe gedehnt und schaute sie aus schmalen Augen an, »ist die Güte in
Person.«
    Die
gehässige Bemerkung erinnerte Annabel daran, daß Gabriel ein Gegner war, und
zwar ein nicht zu unterschätzender. Innerlich wappnete sie sich für eine
Schlacht – und einen verheerenden Erfolg.
    »Ich sehe
keinen Grund, die Angelegenheit noch länger
aufzuschieben«, verkündete sie, während sie Gabriels Blick suchte. »Möchtest
du, daß wir in deinem Arbeitszimmer reden?«
    Gabriel
machte eine spöttische Verbeugung. »Wie Ihr wünscht, Mylady«, antwortete er.
    Von
gerechtem Zorn erfaßt, straffte sie die schmalen Schultern und schwebte hocherhobenen
Kopfes an ihm vorbei. Der Saum ihres schweren Rocks verursachte ein
schleifendes Geräusch auf dem polierten Holzboden.
    Im
Arbeitszimmer blieb sie vor Gabriels Schreibtisch stehen und sah zu, wie er
die Doppeltüren schloß und sich dann zu ihr umwandte.
    Er
verschränkte seine Arme. »Also gut, Annabel. Sag, was du zu sagen hast. Ich
habe nicht viel Zeit.«
    Sie kämpfte
mit dem dringenden Bedürfnis, ihm irgend etwas Schweres an den Kopf zu werfen,
und befahl sich, ruhig und überlegt zu sprechen. Ein paar Worte nur, mehr
nicht, und dann würde sie erledigt sein, die Aufgabe, auf die sie sich in all
diesen Monaten vorbereitet und die sie so gefürchtet hatte.
    »Wie du
vielleicht weißt, lebe ich seit einigen Jahren in England.«
    Gabriel
sagte nichts, wartete nur schweigend ab, ohne seine Gefühle zu verraten – falls
er überhaupt so etwas hatte.
    »Ich würde
gern männlichen Besuch empfangen«, fuhr Annabel rasch fort. »Als verheiratete
Frau hielt ich das bisher für unpassend, aber ich bin nun immerhin schon
siebenunddreißig Jahre alt, und ... nun ja, die Zeit vergeht.«
    Gabriel zog
eine blonde Braue hoch. »Und?« Annabels Wangen röteten sich, als ob er sie geschlagen
hätte. Wieder straffte sie die Schultern und schob das Kinn vor. »Und ich bin
gekommen, um dich um die Scheidung zu bitten.«
    Er blieb
still und reglos wie ein Stein, und Annabel ertrug die Spannung fast nicht
mehr, als sie auf seine Antwort wartete. Ihr war, als wäre plötzlich alle Luft
aus diesem großen Raum gewichen.
    »Kommt
nicht in Frage«, erwiderte er, als Annabel schon ein wenig schwindlig wurde vor
lauter Atemnot.
    Sie war
verblüfft und zugleich erleichtert, obwohl sie letzteres natürlich niemals
zugegeben hätte. Gabriel verweigerte ihr die Scheidung aus reinem Eigensinn und
nicht etwa, weil er noch zärtliche Gefühle für sie hegte.
    Erschüttert
drückte Annabel eine Hand an ihre Brust und sank in einen großen Ledersessel
neben Gabriels Schreibtisch.
    »Was?«
wisperte sie. »Gabriel ... warum? Warum solltest du nicht damit
einverstanden sein, nach all diesen Jahren unserer Trennung?«
    Er kam
durch das Zimmer auf sie zu und stützte die Hände auf die Lehnen ihres Sessels,
bis sein Gesicht ihrem so nahe war, daß sie seinen warmen Atem spüren konnte.
»Warum? Weil wir uns ein Versprechen gegeben haben, du und ich. Wir haben ein
Gelübde abgelegt.«
    Annabels
Herz pochte so heftig, daß es schmerzte. Sie wandte den Blick von Gabriels
hartem, undurchdringlichem Gesicht ab, um ihn dann wieder anzuschauen, wütend
und gekränkt.
    »Ein
Eheversprechen, das du in all diesen Jahren ganz gewiß nicht eingehalten hast!«
zischte sie, zu wütend jetzt, um Haltung zu bewahren.
    »O doch,
das habe ich«, entgegnete Gabriel ruhig. »Und wie ist es bei dir?«
    Annabel
errötete. Die Welt war anders für Frauen als für Männer; sie konnte nicht mit
der gleichen Ungestraftheit einen Ehebruch begehen, wie ihr Mann es konnte, und
hatte es bisher auch nicht gewollt. Sie war Gabriel treu geblieben. »Ja!« versetzte
sie ärgerlich, noch immer gefangen im Sessel zwischen seinen Armen. »Ja,
Gabriel, ob du es glaubst oder nicht, ich habe unsere Ehegelübde eingehalten.
Aber ich bin dieses halben Lebens

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