Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Preis des Verlangens
Vom Netzwerk:
sehr er litt.
Aber Gabe unterhielt sich mit Marshal Swingler, und jetzt wandten sich die
beiden auch noch ab und gingen in den Garten.
    Nicholas
fühlte sich im Stich gelassen und zupfte an seinem engen Kragen. Wie lange mag
so etwas dauern? fragte er sich nervös.
    Er
unterdrückte einen Seufzer. Drei Tage höchstwahrscheinlich, wie die
Veranstaltungen der Prediger, die gelegentlich nach Parable kamen, um reumütige
Sünder zu bekehren.
    Er war so
vertieft in seine düsteren Betrachtungen, daß er zusammenfuhr und beinahe
seinen Saft verschüttete, als Jessie plötzlich neben ihm erschien.
    »Olivia«,
sagte sie, »das ist mein Neffe, Nicholas McKeige. Nicholas, das ist Olivia
Drummond, die neue Lehrerin.«
    Miss
Drummonds Augen waren von einem dunklen Schiefergrau, wie Gewitterwolken, die
sich am Horizont zusammenballten, und ihr Haar war schwarz und glänzend. Ein
eigenartiges Gefühl beschlich ihn, als er auf ihr apartes Gesicht
hinabschaute; ihm war, als stürzte er in einen tiefen Abgrund.
    In Gedanken
nahm er sich zusammen und versuchte, seinen Sturz zu bremsen, aber es war
bereits zu spät. Bevor die neue Lehrerin etwas sagen konnte, ja, selbst bevor
sie auch nur lächelte, war Nicholas schon bis über beide Ohren in sie verliebt.
    Diese
unfaßbare Erkenntnis kam ihm so jäh, so überraschend, daß sie ihm für einen
Moment den Atem raubte und ihn keinen vernünftigen Gedanken fassen ließ.
    »Nicholas?«
fragte Jessie und nahm ihm vorsichtig das Glas ab, um es wegzustellen, wofür er
ihr wahrscheinlich ewig dankbar sein würde.
    »Hallo«,
sagte er und stieß das Wort hervor, als hätte ihn jemand mit einem spitzen
Stock von hinten angestoßen.
    Olivia
Drummond lächelte, und wieder begann sich alles um Nicholas zu drehen. Er hatte
natürlich schon von der neuen Lehrerin gehört – die Leute munkelten, sie sei
noch unverheiratet, obwohl sie bereits Ende Zwanzig oder sogar schon Anfang
Dreißig war. Aber diese Frau, die vor ihm stand, wirkte wie ewig jung, weshalb
es ein ausgesprochen glücklicher Zufall schien, daß sie noch ledig war.
    »Hallo, Mr.
McKeige«, erwiderte sie und reichte ihm ihre Hand. Ihre Finger fühlten sich
sehr zart und kühl an, aber ihr Händedruck war fest und kräftig.
    Jessie
runzelte die Stirn. »Fühlst du dich nicht wohl, Nicholas?« Zu seiner Beschämung
legte seine Tante die Hand auf seine Stirn, um zu prüfen, ob er Fieber hatte.
»Du glühst auf einmal so.«
    Olivias
Augen funkelten, als sie Nicholas über den Rand ihres Glases beobachtete,
während sie daran nippte.
    »Es ist ein
bißchen warm hier drinnen«, meinte Nicholas und zupfte wieder unsicher an
seinem Kragen, worauf er sich prompt wie ein kompletter Idiot vorkam.
    Miss
Drummond senkte ihre zauberhaften Augen, aber nicht aus Schüchternheit, wie
Nicholas erkannte, sondern aus Barmherzigkeit, weil sie zu ahnen schien, wie
peinlich ihm dies alles war. »Es ist heute wirklich ziemlich heiß«, stimmte sie
zu. »Sogar für diese warme Sommerzeit.«
    Nicholas
nahm Olivias Arm so behutsam, als wäre er so zerbrechlich wie der Flügel eines
Schmetterlings, und führte sie zur Eingangstür. Sie erhob keinen Einspruch,
als er die Veranda mit ihr überquerte und an seinem Vater und Marshal Swingler
vorbeiging, ohne ihnen auch nur einen Blick zu gönnen, ganz zu schweigen von
einer Erklärung oder einem Gruß.
    In Jessies schattigem
Garten, neben der mit einem Moskitonetz versehenen Veranda, auf der Nicholas in
Sommernächten oft geschlafen hatte, stand ein knorriger Ahornbaum, den sein
verstorbener Onkel einst gepflanzt hatte. Eine Schaukel baumelte von einem
starken Ast, und Nicholas legte seinen Rock ab und breitete ihn auf dem groben
Holzsitz aus.
    Olivia
setzte sich, das Glas in ihrer Hand, und wirkte so anmutig und zart wie eine
Blume.
    Nicholas,
der hinter ihr stand, ergriff die staubigen Seile und versetzte der Schaukel
einen sanften Stoß. Eine angenehme Brise erhob sich und kühlte seine Haut.
    »Ihre
Mutter ist eine schöne Frau«, sagte Olivia, ohne sich zu ihm umzudrehen. Ihr
Kleid war schlicht und vielleicht sogar ein bißchen schäbig im Vergleich zu
jenen, die seine Mutter und seine Tante trugen, und doch war sie so schön, daß
er nur staunen konnte.
    »Danke«,
antwortete Nicholas und kam sich sofort wieder töricht vor. Als ob er etwas für
Annabels Erscheinung könnte.
    Olivia
schaute sich über die Schulter nach ihm um. Ihre Wimpern waren ungewöhnlich
dicht und lang, und plötzlich kam Nicholas der

Weitere Kostenlose Bücher