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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Preis des Verlangens
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dein Vater Julia Sermon aufgab und nach
Boston kam, um mich zurückzuholen.«
    Nicholas
rückte wieder seinen Hut zurecht. Die Silbermine war jetzt schon in einiger
Entfernung zu erkennen;
sie sah wie eine Narbe auf dem ansonsten unberührten Land aus. Ihre Zeit war
begrenzt, und sie hatten so wenig erreicht bisher.
    »Pa wird
Julia nie aufgeben«, erklärte Nicholas ganz
unverblümt. »Wenn irgendeiner diese Freundschaft aufgibt, dann wird es Miss Sermon
sein.«
    Wenn er
Annabel damit verletzen wollte, dann war es ihm ganz gewiß gelungen.
    Er starrte
sie an, aber nicht mehr wütend, wie ihr schien, sondern mit irgendeinem
anderen, sehr eindringlichen Gefühl, das er möglicherweise selbst nicht
benennen konnte. »Du glaubst, ich sagte das nur, um dir weh zu tun«, sagte er.
    Annabel
nickte nur, weil sie im Augenblick nicht in der Lage war, darauf zu antworten.
    »Vielleicht
stimmt das auch, zumindest teilweise. Aber es gibt da etwas, was du wissen
solltest, Annabel: Julia ist nicht wie ihre Mädchen. Sie ist eine Dame.«
    Annabel
versteifte sich. »Wenn du es sagst, Nicholas«, erwiderte sie kühl.
    »Frag Pa.«
    Sie
schüttelte den Kopf »Das kann ich nicht. Nicht, wenn ich auch nur den Anschein
des Friedens zwischen uns
bewahren will – und Gott weiß, daß ich das will.« Selbst wenn ich meinen
berüchtigten Stolz dafür opfern muß.
    »Na schön«,
erwiderte Nicholas. »Dann würde ich dir raten, Miss Sermon aufzusuchen. Sie
wird dir eine aufrichtige Antwort geben.«
    Entrüstet
schüttelte Annabel den Kopf. »Ich bin beeindruckt, Nicholas. Wir sprachen eben
noch über dich, und
nun ist die hiesige Madame – und ich kann dir versichern, daß das Wort > Madame < , in diesem Zusammenhang gebraucht, keinesfalls das gleiche
heißt wie > Dame < – plötzlich das Thema unserer Unterhaltung. Glaubst du
allen Ernstes, ich würde in den Samhill Saloon gehen und nach Julia Sermon
fragen?«
    »Das wirst
du tun müssen, wenn du die Wahrheit wissen willst«, antwortete Nicholas. Und
damit war die Diskussion beendet, denn sie hatten nun die Mine mit ihrer
geräuschvollen Maschinerie erreicht.
    Gabriel kam
ihnen entgegen, und als Annabel ihn ansah, erwachte ein jähes Besitzdenken in
ihr, etwas Ursprüngliches und Primitives.
    Sie
versuchte, dieses überwältigende Gefühl abzuschütteln, aber es gelang ihr
nicht.
    Ein kurzer
Wortwechsel zwischen Vater und Sohn, dann tippte Nicholas an seinen Hut und
ritt zur Mine weiter.
    Gabriel
blieb, betrachtete Annabel und sah mehr, als sie ihm zeigen wollte. »Was hat er
dir gesagt?« fragte er. »Du siehst aus, als ob du jeden Augenblick aus der Haut
fahren wolltest.«
    Annabels
Kehle schmerzte, als hätte sie sich eine Grippe eingefangen. »Er ist wütend«,
gab sie zu. »Aber das ist verständlich.«
    Gabriels
Antwort überraschte sie. »Es tut mir leid, Annabel«, sagte er leise. »Möchtest
du, daß jemand dich zur Ranch zurückbegleitet?«
    Den Tränen
nahe, lächelte sie und schüttelte den Kopf. »Nein – ich finde auch allein
zurück.«
    Er kam
näher und legte eine Hand auf ihren Schenkel. »Gräm dich nicht so, Annabel.
Nicholas ist ein Kind. Mag
sein, daß er ein bißchen aufgebracht ist – Gott weiß, daß er das Recht hat, auf
uns beide wütend zu sein –, aber du bist seine Mutter, und er liebt dich. Laß
ihm Zeit.«
    Annabel
nickte wortlos, wendete die kleine Stute und ritt davon.
    Nicholas
hätte sicher nicht
an Tante Jessies Teegesellschaft teilgenommen, ganz zu schweigen davon, in
Rock und Kragen zu erscheinen, wenn zwei Dinge nicht gewesen wären: Erstens
wollte er zeigen, daß er hinter seiner Mutter stand, ganz gleich, welche persönlichen
Differenzen sie auch haben mochten, und zweitens hatte Jessie einen ihrer
berühmten Befehle ausgegeben, denen man sich nicht widersetzte.
    Und deshalb
war er da, hielt ein albernes kleines Bowleglas mit irgendeinem Fruchtsaft in
der Hand und wünschte, er wäre sonstwo, nur nicht hier an Jessies Piano, mit
einer ausgefransten Palme im Rücken, die ihn im Nacken kitzelte.
    Die
Zusammenkunft schien jedoch ein Erfolg zu sein, und das war immerhin ein Trost.
Annabel war der Mittelpunkt des allgemeinen Interesses; sie trug ein
wunderschönes grünes Kleid und lächelte und strahlte, als sie mit den
ehrenwerten Damen plauderte, die in Scharen zu Jessies Einladung erschienen
waren.
    Nicholas
nippte an dem Fruchtsaft und schaute sich im Zimmer um, in der Hoffnung, den
Blick seines Vaters zu erwischen und ihn wissen zu lassen, wie

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