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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Preis des Verlangens
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seiner Tat bedenken konnte.
    Aber das
hätte auch nicht viel geändert, selbst wenn er es getan hätte.
    Blut
tropfte aus Horncastles aufgeplatzter Unterlippe, und wilder Zorn sprühte aus
seinen Augen, aber er versuchte nicht, den Schlag zurückzugeben. Und das ist
klug von ihm, dachte Nicholas, obwohl er eine leise Enttäuschung dabei
verspürte. Er hätte sich Horncastle am liebsten auf der Stelle vorgeknöpft und
ihn Stück für Stück entzweigerissen. Er wartete schon seit Monaten auf die
Gelegenheit – ach was, seit Jahren schon!
    »Was zum
Teufel ...« stieß Horncastle hervor, wütend und auch ein bißchen blaß, als er
sich den Mund am Ärmel abwischte.
    »Wenn du
irgend etwas über Miss Drummond zu sagen hast«, entgegnete Nicholas kalt, »dann
behalte es für dich. Dann brauche ich dir nicht die Zähne einzuschlagen.«
    Horncastle
stieß einen leisen, schrillen Pfiff aus. »Ich will verdammt sein«, meinte er.
»Nun ist es endlich doch passiert!«
    »Sieh zu,
daß du an deine Arbeit kommst«, fuhr Nicholas ihn an. »Du wirst bezahlt, um
diese Wagen zu bewachen, und nicht, damit du hier herum schwatzt wie ein altes
Weib.«
    Horncastle
grinste nur und wendete ohne ein weiteres Wort sein Pferd, um seine Position
neben den Wagen einzunehmen.
    Wieder
fluchte Nicholas verhalten, nahm seinen Hut ab und wischte mit dem Arm den
Schweiß von seinen Augenbrauen. Als er den Hut wieder aufsetzte, lenkte
Charlie seinen sandfarbenen Maulesel neben ihn. Da niemand auf der Ranch war,
den er versorgen müßte, hatte der Indianer sich selbst zum Koch des
Erztransports ernannt, seinen Maulesel gesattelt und sich den Männern
angeschlossen.
    Aus
Gründen, die nichts mit Charlies ungenießbarem Kaffee und miserablem Essen zu
tun hatten, wäre es Nicholas lieber gewesen, wenn sein alter Freund mit seinem
Vater und Annabel nach Fort Duffield geritten wäre. Charlie kannte und
durchschaute ihn zu gut, was unter den gegebenen Umständen tödlich sein könnte.
    Wenn die
Hölle losbrach – und das würde sie wollte Nicholas Charlie nicht dabeihaben,
weil sonst Gefahr bestand, daß er ins Kreuzfeuer geriet.
    »Diese
Reise ist auch so schon schlimm genug, ohne daß du sie durch dein Essen noch
verschlimmerst«, sagte er, weil er nicht wagte, seinen Gedanken Ausdruck zu
verleihen.
    Charlie,
der eine schwarze Melone trug, die Annabel ihm vor Jahren aus England
geschickt hatte, gestattete sich nur ein schwaches Lächeln.
    »Jemand muß
sich schließlich um dich kümmern«, entgegnete er ruhig.
    »Niemand
hat dich zu meinem Schutzengel ernannt«,
antwortete Nicholas, ein wenig bitter und ohne Charlie anzusehen. Ließ man
Charlie in einem verwundbaren Moment einen Blick in seine Augen tun, war es
vorbei mit den Geheimnissen. Der alte Mann konnte einem direkt in die Seele
schauen, wenn er wollte, und sah alles, was sich dort verbarg.
    »Du steckst
in echten Schwierigkeiten, Nicholas«, meinte Charlie ruhig. »Ich möchte dir nur
helfen, Junge.«
    »Das kannst
du nicht«, erwiderte Nicholas flach. »Niemand kann es.«
    Charlie
seufzte. »Das hast du damals auch gesagt, als du wegen diesem Schulfest
fortgelaufen bist, um dich in den Bergen zu verstecken. Alle sollten ihre
Mutter mitbringen, weißt du noch? Du warst damals etwa neun, wenn ich mich recht
entsinne. Gabe und ich fanden dich zwei Tage später, und er fragte dich, was du
dir dabei gedacht hattest, einfach in die Berge abzuhauen, ohne irgend jemandem
ein Wort davon zu sagen. Du hast geantwortet, das könne er nicht verstehen,
niemand könne es, weshalb es sinnlos wäre, irgend etwas zu erklären. Gabe hätte
dir am liebsten den Hintern versohlt, und zwar auf der Stelle, weil du ihm so
einen furchtbaren Schrecken eingejagt hattest. Aber das ließ ich nicht zu – ich
setzte dich vor mir in den Sattel und brachte dich auf dem Weg zurück zur Ranch
dazu, mir zu erzählen, was dich quälte. Und ich machte dir den Vorschlag, deine
Tante Jessie zu dem Schulfest einzuladen.«
    »Dies hier
ist etwas anderes«, erwiderte Nicholas geduldig.
    »Vielleicht«,
stimmte Charlie versonnen zu. »Vielleicht aber auch nicht.«
    Nicholas
hätte sich seinem Freund gern anver traut – es war eine schwere Bürde, die er
auf seinen Schultern trug –, aber das hätte möglicherweise alles ruiniert. Er
hatte Jessie nichts von seinen Plänen gesagt, obwohl er tausendmal daran
gedacht hatte, und auch sein Vater wußte nichts davon; es wäre einfach zu
riskant gewesen.
    »Sei
vernünftig, Charlie«, sagte er

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