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Lindenallee

Lindenallee

Titel: Lindenallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Rohde
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überlegen, mit welcher Geschwindigkeit sich Licht fortbewegt. Denkt mal an einen Blitz, wie schnell der ist. Das Licht der Sterne ist aber noch viel schneller. Wenn wir das Licht eines Sterns sehen, hat es ganz lange zu uns gebraucht. Vielleicht existiert der Stern gar nicht mehr, während wir hier liegen und uns an seinem Funkeln erfreuen."
    Betrübt blickte ich in den Himmel. „Das ist aber traurig. Das Licht ist noch da, der Stern ist weg."
    Friedrich lag zwischen mir und Heinz in der Mitte. Er drehte den Kopf zu mir und nahm meine Hand. „Du musst nicht traurig sein, Magarete. Vielleicht ist ein neuer größerer Stern entstanden, der noch viel schöner und heller erstrahlt.“
    Ich drehte meinen Kopf zu Friedrich und meinte seinen Atmen auf meinem Gesicht zu spüren. Vielleicht war es aber auch nur der Nachtwind. Es war zu dunkel, um seine Augen zu sehen, aber ich wusste, dass er mich ansah.
    Seine Nähe und meine Hand in seiner, war ein tröstliches Gefühl. Die Nacht umfing uns und beschützte uns. Wir lagen noch eine Weile da, schwiegen, blickten in den Himmel und hingen unseren Gedanken nach. Ich werde diese Nacht nie vergessen. Dieses wunderbare Gefühl, das ich damals empfand und Friedrichs Hand, die in meiner lag.
    Abends im Bett meinte ich immer noch die Hand von Friedrich zu spüren. Ich glitt in dieser Nacht in aufregende, für mich neuartige Träume. Im Mittelpunkt stand die Lindenallee. Es war taghell. Ich blickte die Lindenallee hinab, die Bäume gaben mir wie immer Zuversicht und das Gefühl behütet zu sein. Aber etwas war anders. Die Bäume schienen mir etwas ins Ohr wispern zu wollen, ganz leise und zart. Ich war verwirrt und sah mich um, was auf einmal anders war. Ich konnte nichts entdecken, außer den hoch im Getreide stehenden Feldern rings herum und der Schar Spatzen, die aufgeregt durch die wogenden Felder tobte.
    Aber da, am Ende der Lindenallee, erspähte ich Friedrich. Ich hatte ihn zunächst nicht bemerkt, dabei hob er sich in seinem dunklen Anzug deutlich von den grünen Farben der Natur ab. Er wartete auf mich. Sobald ich ihn erkannte, schritt ich lächelnd auf ihn zu. Die lange Allee schien an diesem Tag unendlich zu sein.
    Überrascht stellte ich an mir ein weißes, langes Kleid fest, in der linken Hand trug ich einen Strauß Blumen und mit der rechten Hand, hatte ich den Rock gerafft. Ein weißer Schleier wehte im Wind, zerrte ungeduldig an meinem Kopf, bis ich endlich vor Friedrich stehen blieb. Er strahlte mich an, ich versank in seinen grünen Augen. Auf einmal wurde es schlagartig windstill, mein Schleier sank hinab, um uns herum verstummten die Vögel und warteten gespannt, auf das was folgen würde.
    Und ich erst! Solch einen Traum hatte ich noch nie erlebt. Ich glaube, ich hielt sogar während des Schlafens den Atem an.
    Friedrichs Gesicht war mir ganz nah. In seinen grünen Augen konnte ich gräuliche Punkte entdecken, sein Lachen steckte mich an und seine weißen Zähne blitzten in der Sonne.
    Er nahm mich an der Hand und wurde ernst. Die Welt hielt vor Anspannung den Atem an.
    Und dann kam es!
    Der Hahn auf dem Misthaufen begrüßte mit lautem Geschrei den neuen Tag und riss mich aus diesem wunderbaren Traum. Verärgert über die Störung, drehte ich mich schnell um, presste die Augen fest zu und befahl mir weiterzuschlafen. Ich wollte wissen, wie mein Traum weiterging. Es blieb bei einem Versuch, denn Heinz warf bereits mit seinem Kopfkissen nach mir.
    „Aufstehen, du Schlafmütze."
    Seufzend gab ich es auf und öffnete die Augen. Was für ein Traum, mir war er so real vorgekommen. Ich wusste, dass er eine tiefe Bedeutung für mich hatte. Ich erzählte niemandem, was ich geträumt hatte, nicht einmal Heinz, dem ich sonst immer alles erzählte. Es blieb mein Geheimnis.
    Ich war verliebt und der Traum konnte doch nur bedeuten, dass ich ihn heiraten würde. Verrückt, nicht wahr? Welche wunderbare Kraft die Liebe hat. Und ich erahnte mit meinen knapp dreizehn Jahren das erste Mal, warum Erwachsene der Liebe eine solch große Bedeutung zumaßen.
     
    Magarete warf Paula einen prüfenden Blick zu. Paulas Gesicht hatte einen traurigen Zug angenommen. Ihre grauen Augen waren dunkler als sonst, sie schimmerten verdächtig feucht.
    „Aber Paula, das ist doch nichts Trauriges. Und es ist schon sehr lange her."
    Paula war nicht in der Lage etwas zu sagen, ein dicker Kloß saß in ihrem Hals. Magarete fühlte, dass ihr etwas schwer zu schaffen machte.
    „Meine liebe Paula,

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