Lindenallee
Hallo war groß, es wurde viel durcheinander geredet.
Für einen Moment trat Paula beiseite und ließ die Szene auf sich wirken. Sie sah ihre Eltern, die sich angeregt mit Magarete und sogar Frau Lindner unterhielten. Wie hatte sie es vermisst, ihre Eltern in der Nähe zu haben. Ein Telefonat aus München ersetzte niemals ein persönliches Gespräch. Und Markus hatte so selten Lust gehabt, nach Braunschweig zu fahren und ihre Eltern zu besuchen. Warum hatte sie sich damals nicht einfach in den Zug gesetzt und war zu ihnen gefahren?
Sie beobachtete Magarete und Akay, die sie noch keine Woche kannte. Die beiden zählte sie zu ihren neuen Freunden, die sie nicht missen mochte. Mit Magarete fand sie sich auf eine ursprüngliche Form verbunden, die sie nicht beschreiben konnte.
„Paula? Paula, träumst du?" Magarete sprach sie mehrfach an, bis sie es bemerkte.
„Oh entschuldige, ich war einen Moment abwesend."
„Das haben wir gemerkt." Akay lachte. „Aber sag mal, hast du dich schon gut eingelebt? Sind wir auch alle nett zu dir?"
„Ich habe mich sehr gut eingelebt und meine Nachbarn sind toll." Paula strahlte über das ganze Gesicht.
„Das wollten wir hören." Akay grinste. „Wo ist eigentlich Steffen?"
Aufmerksam wurde Paula von allen Seiten begutachtet.
„Tja, ich weiß nicht, vielleicht hat er es sich anders überlegt", flüsterte das böse Teufelchen in ihrem Kopf und ließ es durch ihren Mund aussprechen.
„Da kennst du ihn aber schlecht. Wenn er etwas zusagt, dann hält er es auch", belehrte sie Akay.
Paula ließ die Rüge über sich ergehen und erinnerte sich, dass es sich hier um Mr. Perfect handelte, der natürlich seine Versprechen hielt.
Es klingelte an der Tür. Perfektes Timing hat er auch, dachte Paula mit einem Hang innerlich ganz tief zu seufzen.
„Wenn man vom Teufel spricht", frohlockte Akay aus dem Hintergrund.
„Dann gehe ich mal aufmachen." Paula warf vor dem Öffnen erneut einen prüfenden Blick in den Spiegel. Ja, du siehst immer noch gut aus, alles in Ordnung. Warum flattert mein Magen? Vielleicht sollte ich erst mal ein Stück Kuchen essen, fand sie eine einfache Erklärung für ihr Bauchgrummeln.
Sie öffnete die Tür und sah sich keiner erwachsenen Person gegenüber, sondern Kira, der Tochter von Steffen. Da sich Paula und Kira diese Woche im Treppenhaus kennengelernt hatten, war es Kira nicht fremd, Paula freudig zu begrüßen und ihr um den Hals zu fallen.
„Hallo Paula. Ich bin die Vorhut, soll ich von Papa sagen. Und er hofft, dass du nichts dagegen hast, wenn ich auch mitkomme. Ich bin nämlich dieses Wochenende bei ihm." Kira sah Paula mit ihren schönen blauen Augen erwartungsvoll an.
„Du bist herzlich willkommen Kira. Komm rein. Wo ist denn dein Papa?"
„Papa holt Frank ab und dann wollte er noch beim Blumenladen vorbei. Hoffentlich holt er nicht so einen großen Blumenstrauß. Das ist voll peinlich, die bringt er Frauen mit, mit denen er ausgeht. Grässlich. Manchmal ist er am Meckern, wenn er so viel Geld ausgibt und dann nur einmal mit denen ausgeht. Geldverschwendung, sagt er dann. Wenn er auf mich hören würde, hätte ich ihm schon eine neue Frau gesucht. So eine wie dich zum Beispiel, nicht so ein Püppchen.“ Kira schüttelte ihren Kopf, die blonden Zöpfe flogen hin und her.
„Dann will ich hoffen, dass er mir keinen Blumenstrauß mitbringt und er denkt ich wäre ein Püppchen." Lachend kamen die beiden ins Wohnzimmer. Kira stürmte auf Magarete zu und fiel ihr um den Hals.
„Hallo Magarete. Heute ist kein Arztbesuch. Ich darf bei dir sitzen."
„Ja mein Engelchen, wo ist denn der Papa?"
„Blumen kaufen", schoss es zeitgleich aus den Mündern von Kira und Paula. Daraufhin fingen beide an zu gackern.
Akay seufzte. „Hoffentlich kauft er nicht so einen Schlag-die-Frau-tot-Strauß. Riesengroße Ungetüme von Grünzeug. Bei dir wird er sich besonders Mühe geben, denn er hat schon gemerkt, dass du anderes bist als..."
„... die Püppchen, die er sonst so kennt", ergänzte Kira. Kira und Akay lachten, die anderen saßen erstaunt da und Paula lief rot an.
„Paula, alles in Ordnung bei dir?", fragte ihre Mutter irritiert.
„Ja, alles klar." Paula versuchte die Röte in ihrem Gesicht durch tiefes Atmen zu vertreiben. Das gelang ihr bis zu dem Zeitpunkt, als es klingelte.
Kira sprang auf. Während sie zur Tür lief, rief sie: „Das ist Papa. Ich mache auf."
Das Gespräch im Wohnzimmer wurde nicht wieder aufgenommen, es herrschte
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