Lindenallee
seinem Auto hechten und wie ein Rennfahrer davonbrausen sehen.“ Die Frau amüsierte sich königlich.
Paula stand da, wie eine ausgestopfte Vogelscheuche und wünschte sich, sie könnte im Boden versinken. Das war ihr so peinlich. Und die gute Frau ihr gegenüber, konnte sich das Dauergrinsen nicht aus dem Gesicht wischen.
„Es ist schön den Grund persönlich kennenzulernen, den unseren Chef zu solch sportlichen Höchstleistungen veranlasst hat.“
Paula wurde rot. Ich muss mein Leben in den Griff kriegen, dann gibt es weniger dieser peinlichen Momente, dachte sie.
„Hmmm, ja. Kann ich ihn nun ganz kurz sprechen? Es ist wichtig.“
„Na klar, aber ich warte lieber, bis er mit dem Patienten fertig ist. Wir wollen doch nicht einem weiteren Patienten mitten in der Behandlung einen davonsprintenden Doktor zumuten, nicht wahr?“ Die Frau lachte über ihren eigenen Witz. Paula tat ihr den Gefallen und stimmte halbherzig in das Lachen mit ein.
Dann stand sie auf, klopfte an die Tür des Sprechzimmers und verschwand dahinter. Paula blieb am Tresen stehen und wartete. Sie hoffte inständig, dass Steffen nicht sofort herauskam, im Schlepptau mit einem Patienten, dem noch eine Spritze im Arm hing. Oje, hier müssen Drogen in der Luft sein, vermutete sie. Sonst denkt man doch nicht einen solchen Quatsch.
Es dauerte ein paar Minuten, bevor Steffen aus dem Behandlungszimmer trat.
„Paula!“ Sein Gesichtsausdruck zeigte Besorgnis. „Was ist passiert?“ Er kam auf sie zu und streckte die Hand aus. Paula wich ihm aus, sie fühlte sich unbehaglich und hätte einen engen Kontakt zu ihm an diesem Ort nicht ertragen.
„Alles in Ordnung. Ich will auch nicht lange stören. Aber ich dachte, bevor ich anrufe, frage ich dich persönlich.“
Abgeschreckt von ihrer distanzierten Körperhaltung blieb er weit genug vor ihr stehen.
„Schieß los.“
„Ich habe vorhin mit Frank telefoniert und er sagte mir, ich soll das Auto auf keinen Fall mehr bewegen. Erst muss der Anwaltskram erledigt sein. Also“, sie räusperte sich, „ich wollte dich um etwas bitten.“
„Du willst mein Auto haben.“
„Ja und nein. Ich will morgen nach Lucklum fahren. Ich würde mich freuen, wenn du mich begleitest.“ Paula kam der letzte Satz schwer über die Lippen.
„Morgen?“ Steffen hob überlegend eine Augenbraue.
„Wenn du keine Zeit hast, ist das in Ordnung.“ In ihrer Stimme schwang ein Hauch Enttäuschung mit.
„Nicht so schnell. Ich habe Zeit. Vormittags wollte ich allerdings zum Turnen.“
Jetzt zog Paula eine Augenbraue skeptisch hoch. „Turnen? Du?“
„Kira hat morgen einen Wettkampf. Nachmittags habe ich Zeit.“ Steffen grinste sie an.
„Gut, dann hol mich doch gegen drei ab.“
„Gerne. Was willst du denn in Lucklum?“
„Das erzähle ich dir unterwegs. Dann sehen wir uns morgen.“ Paula winkte zum Abschied und verschwand im Treppenhaus.
Grübelnd blieb Steffen auf demselben Fleck stehen. Nur langsam bemerkte er, dass sich neben der Sprechstundenhilfe, die zwei Arzthelferinnen zufällig am Tresen getroffen und die Situation beobachtet hatten. Auffällig unauffällig wuselten sie hinterm Tresen herum und hoben zwischendurch den Kopf.
„Na, meine Damen, dann wollen wir mal weitermachen. Schluss mit dem Kaffeekränzchen.“ Die drei Frauen kicherten leise. Steffen verschwand im Behandlungszimmer und schloss die Tür hinter sich.
Er freute sich auf die Einladung von Paula und war neugierig, aus welchem Grund sie nach Lucklum fahren wollte. Seitdem sie sich gestern nach dem Überfall von Markus bei ihm ausgeweint hatte, hatte sie eine unsichtbare Mauer zwischen ihnen hochgezogen. Das hatte er soeben zu spüren bekommen. Er seufzte schweren Herzens. Er mochte Paula gerne, mehr als er sich einzugestehen vermochte. Es würde nicht einfach werden, zu ihr durchzukommen. Die errichtete Mauer schien für ihn zurzeit unüberwindbar.
Am frühen Abend klingelte es an der Tür. Paula blickte durch den Spion und entdeckte Akay.
„Na los Paula, mach auf. Ich weiß, du stehst hinter der Tür.“ Akay lachte. „Na also“, sagte sie, nachdem Paula ihr Einlass gewährte. In ihrer Hand hielt sie eine Weinflasche und schwenkte sie durch die Luft. „Lass uns einen gemütlichen Frauenabend machen und über Männer herziehen.“
„Musst du heute nicht arbeiten?“
„Nein. Du willst mich doch nicht loswerden, oder?“ Akay drohte ihr mit der Weinflasche.
„Das würde ich mich nicht trauen. Ich hole den Öffner aus
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